ADB:Paradies, Marie Therese
Maria Theresia auf Lebenszeit ein Gnadengehalt von 200 Gld. zugesichert wurde. Im J. 1784 begab sie sich auf Kunstreisen durch ganz Europa und setzte alle Welt durch ihren Gesang und ihr treffliches seelenvolles Clavierspiel in Bewunderung. Ganz besonders staunte man über ihr Gedächtniß und Zeitgenossen versichern, daß man eine Composition verlangen konnte, die man wollte und sie setzte sich hin und spielte sie in unübertrefflicher Weise. Selbst von Mozart weiß man, daß er sich lebhaft für sie interessirte und sie besonders zu größerem Selbstvertrauen ermunterte. Auch als Componistin war sie außerordentlich thätig, doch ebenso ängstlich, etwas davon ans Licht zu geben. Ein Zeitgenosse erzählt in der Allgemeinen Leipziger Musikzeitung, Bd. 12, Sp. 471 ff., daß er sie einst frug, warum sie keines ihrer Werke herausgäbe? „Würden es mir die männlichen Kunstgenossen verzeihen – antwortete sie ihm – wenn ich als Frauenzimmer es wagte, mich mit ihnen zu messen?“ Ueber die bei Breitkopf (& Härtel) erschienenen 12 deutschen Lieder und Bürger’s Lenore äußerte sie sich, es seien unreife Früchte der Jugend. Die Lieder habe sie auf ihrer Reise in Leipzig Breitkopf zum Andenken überlassen „und die Lenore war zum Zeichen der Erkenntlichkeit für die Freundschaft, welche Bürger mir schenkte, bestimmt“. – 1786 kehrte sie nach Wien zurück und betrieb eifrige Studien unter Kozeluch, Righini, Salieri und dem Kirchencapellmeister Friebert. Obgleich sie nur selten öffentlich auftrat, wurde sie desto mehr in geschlossenen Kreisen begehrt und dort entwickelte sie ihr talentvolles Künstlerthum, gepaart mit der größten Bescheidenheit und einer von Allen gepriesenen Liebenswürdigkeit. Nach dem Tode ihres Vaters errichtete sie ein Musikinstitut für junge Mädchen, was bald so in Blüthe kam, daß es ihr eine sorgenfreie Existenz gewährte. Die damaligen Zeitschriften ergehen sich mit großem Lobe über die Art ihres Unterrichtes und über die vortrefflichen Leistungen ihrer Schülerinnen. Von ihren Compositionen werden besonders mehrere Opern erwähnt, die in Wien und Prag 1791, 1792, 1794 und 1797 zur Aufführung gelangten. Urtheile über dieselben sind jedoch nirgends niedergelegt, soweit ich mich in der damaligen noch gering entwickelten Zeitungslitteratur auch umgesehen [167] habe. Daß dieselben nur geringen Erfolg erzielten, läßt sich schon daraus entnehmen, daß sie bald wieder von der Bühne verschwanden. Als Titel werden genannt: „Ariadne auf Naxos“, Oper in zwei Acten, ferner „Ariadne und Bachus“, „der Schulcandidat“, „Rinaldo und Armida“. Außerdem werden noch eine „Trauercantate auf den Kaiser Leopold II.“ und „Teutsches Monument auf Ludwig den Unglücklichen“ erwähnt. Gedruckt wurden noch einige ihrer ersten Compositionen, die jedenfalls während ihrer Concerttour erschienen und zwar als Opus 1 und 2 je „Six Sonates pour le clavecin. Paris, chez Imbault.“ Ferner „Douze Canzonettes italiennes avec accompagnement de Pianoforte. London, chez Bland.“ In wie großer Verehrung sie bis in ihre letzten Lebenstage beim Publicum stand, beweist die Anzeige ihres Dahinscheidens. Ein Wiener schreibt an die Redaction der Allgem. Leipziger musik. Zeitung: „Heute (am 1. Februar 1824) starb im 64. Lebensjahre die berühmte blinde Virtuosin, Fräulein Therese Paradies; sie hinterläßt viele, um ihren Verlust innig trauernde Schülerinnen, in deren dankbaren Herzen ihr theures Andenken noch lange fortleben wird.“
Paradies: Fräulein Marie Therese P., geb. in Wien am 15. Mai 1759, erblindete in ihrem 4. Lebensjahre. Der Vater, k. k. Regierungsrath, erkannte sehr bald die bedeutenden musikalischen Anlagen seines Kindes und ließ sie von den besten Lehrern der Musik in allen Disciplinen unterrichten. Schon in früher Jugend trat sie als Sängerin in Kirchenconcerten auf, spielte auch fertig die Orgel und errang sich die Gunst selbst der höchsten Gesellschaftskreise, sodaß ihr von der Kaiserin