ADB:Osiander, Heinrich Friedrich
[488] des List’schen Protectionssystems zur Aufgabe gesetzt; die „Betrachtungen über den preußischen Zolltarif und die deutschen Handelsinteressen“ 1837 und insbesondere die Schrift „Enttäuschung des Publikums über die Interessen des Handels und der Industrie und der Landwirthschaft, oder Beleuchtung der Manufacturkraft-Philosophie des Dr. List nebst einem Gebet aus Utopien“, Tübingen 1842 (Verlag von C. F. Osiander) zeugen von einer geradezu leidenschaftlichen Gegnerschaft und diese wurde nur noch verschärft dadurch, daß ihn List nie einer besonderen Beachtung und Erwiderung würdigte. Im J. 1840 veröffentlichte O. seine größte Schrift „über den Handelsverkehr der Völker“ (Stuttgart, 2 Bde., 2. Ausg. 1842), welche er der Akademie in Paris als Preisschrift eingereicht hatte. (An derselben Preisfrage hatten sich auch List und Kosegarten versucht, ohne damit glücklicher zu sein.) Dafür, daß sie nur belobt, aber nicht gekrönt wurde, rächte sich O. mit beißendem Spotte an dem Referenten der Akademie, Ch. Dupin, „dem Tabellenfabrikanten, nach dessen Meinung Hamburg am schwarzen Meere liege“. Im J. 1844 schrieb er noch über den Entwurf zu einem neuen Handelsgesetzbuch für das Königreich Würtemberg vom praktischen Gesichtspunkte aus beleuchtet.
Osiander: Heinrich Friedrich O., Nationalökonom, geb. in Stuttgart 1782, † ebenda am 8. October 1846. Zum Kaufmannsstande vorgebildet, trat er in den Dienst holländischer Handelshäuser und lebte bis gegen Ende der zwanziger Jahre als Kaufmann in Holland, nicht ohne schon da dem öffentlichen Leben seine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Seine erste Schrift: „Beleuchtung des Kampfs über Handelsfreiheit und Verbotsystem in den Niederlanden, gegründet auf eine Darstellung des Getreidehandels und der allgemeinen Handelsverhältnisse“, Amsterdam 1828, sowie die bald (1829) nachgefolgte „Geschichtliche Beleuchtung der niederländischen Finanzen seit der Wiedererlangung der Selbständigkeit des Staates in dem Jahre 1813“, die auch ins Französische übersetzt wurde, zeigen ihn als scharfen Beobachter und energischen Vertheidiger des Freihandelsprincips, womit er auch bedeutende Wirkung erzielte. In seine Heimath zurückgekehrt, lebte er als Privatmann nur mehr seinen Studien und Schriften; einige Zeit lang war er Lehrer der Prinzessin Sophie in der holländischen Sprache. Ein Mann von unscheinbarem Aeußeren und vielen Sonderbarkeiten, verdrossen und sehr empfindlich, wozu übrigens auch ein chronisches Leberleiden beitragen mochte, sind auch seine Schriften lehrreicher durch die scharfe, nur oft verbitterte Polemik, als durch ihren Inhalt an positiven und schöpferischen Ideen. Außer einer Fortsetzung seiner Schrift über die niederländischen Finanzen für die Zeit von 1830–1833 (Stuttgart 1834) und einer Darstellung der französischen Finanzen 1830–1837 (in Mährlen’s Geschichte unserer Tage, XXI, 1. Hälfte 1839) hat er sich hauptsächlich die Bekämpfung- Neuer Nekrolog d. Deutschen 1846. – Allgem. Zeitung 1846 Nr. 289.