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ADB:Oppenheim, Alphons

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Artikel „Oppenheim, Alphons“ von Albert Ladenburg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 394–396, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Oppenheim,_Alphons&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 05:04 Uhr UTC)
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Band 24 (1887), S. 394–396 (Quelle).
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Oppenheim: Friedrich Ludwig Alphons O., bekannter Chemiker, geboren am 14. Februar 1833 in Hamburg, † am 16. September 1877 zu St. Leonhards in Südengland. Seine Schulbildung erhielt er in dem Johanneum und in dem akademischen Gymnasium seiner Vaterstadt und bezog Ostern 1852 die Universität Bonn, wo er mit Heinrich v. Treitschke ein Freundschaftsbündniß fürs Leben schloß. Erst in Göttingen aber, wohin er nach wenigen Semestern übersiedelte, hat er unter Wöhler’s Leitung die wissenschaftlichen Grundlagen für seine späteren Forschungen gelegt. Dort hat er auch im J. 1857 die philosophische Doctorwürde erlangt. Nachdem er dann noch ein Semester in Heidelberg unter Bunsen gearbeitet hatte, ging er nach London und trat dort in das von Williamson geleitete Laboratorium des University College. Im J. 1861 siedelte er nach Paris über, wo er nur wenige Monate zu bleiben gedachte, aber durch den Geist und die Liebenswürdigkeit von Wurtz, dessen Schüler er hier wurde und dessen Freundschaft er sich später rühmen durfte, und den Reiz der französischen Hauptstadt sich so angezogen fühlte, daß er bis zum Jahr 1867 blieb. Dann erst kehrte er nach Deutschland zurück, ließ sich in Berlin nieder und habilitirte sich dort im Januar 1868. Einen Monat später verheirathete er sich mit einer Engländerin irischer Abkunft Isabella Mac Nulty, die er in [395] London kennen gelernt hatte. Diese Ehe sollte das Glück und das Verhängniß seines Lebens werden. Im Juni 1873 ward er zum Professor extraordinarius ernannt und 1876 erhielt er einen Ruf als Ordinarius an die Akademie zu Münster. Seine Uebersiedelung dahin ward durch andauernde Krankheit seiner Frau zunächst verhindert und dann erschwert. In Münster, wohin er endlich Ostern 1877 gekommen war, nahmen diese Krankheitserscheinungen einen so ernsten Charakter an, daß er mitten aus seiner neuen Lehrthätigkeit heraus, im Sommer mit der Todkranken an die Südküste Englands reiste, wo er noch hoffte, für sie Rettung zu finden. Allein vergebens. Am 16. September starb Frau Oppenheim und 2 Stunden später war auch er eine Leiche. Er hatte sich an ihrem Todtenbett vergiftet.

Die wissenschaftlichen Untersuchungen Oppenheim’s sind meist dem Gebiet der organischen Chemie entnommen. Der anorganischen Chemie gehört seine Dissertation an, welche das Tellur und seine Verbindungen behandelt und dann eine in England auf Graham’s Anregung gemeinschaftlich mit Versmann ausgeführte Untersuchung, welche ein allgemeines Interesse beanspruchen darf. Es handelte sich um die Auffindung einer Substanz, welche die Unverbrennbarkeit leicht entzündbarer Stoffe bewirken sollte. Diese wurde in dem wolframsauren Natron gefunden, welches sich auch als sehr praktisch bewährt hat. In Paris beschäftigte er sich zuerst mit dem Pfeffermünzampher, dessen Alkoholnatur er durch zahlreiche Derivate feststellte. Diese Untersuchungen führten ihn naturgemäß auf die Terpene, deren chemische Natur er wesentlich aufklärte. Fast gleichzeitig mit Barbieri und unabhängig von ihm zeigte er nämlich die nahen Beziehungen, die zwischen dem Terpentinöl und Cymol, einem Kohlenwasserstoff der aromatischen Reihe bestehen. Auf seine zahlreichen Untersuchungen über Allyl- und Propylenverbindungen kann hier nur hingewiesen werden; eine Beobachtung aber, als ein allgemeineres Interesse beanspruchend, möge Erwähnung finden. O. zeigte, wie die Schwefelsäure, welche man schon lange als ein Wasser entziehendes Mittel kannte und welche vielfach nach dieser Richtung hin Verwendung findet, auch Wasser zuführend wirken kann. Es gelang ihm nämlich Allylchlorid, C3H5Cl durch Behandlung mit Schwefelsäure und Wasser in Propylenchlorhydrin, C3H7ClO umzuwandeln. Schließlich sei auch noch seiner gemeinschaftlich mit Pfaff ausgeführten Untersuchung über die Einwirkung des Chloroforms auf den Natriumacetessigester gedacht, welche insofern von Wichtigkeit ist, als er hierbei die Oxyuvitinsäure, eine der aromatischen Gruppe angehörende Substanz isolirt, und so einen verhältnißmäßig einfachen Uebergang der fetten in die aromatische Reihe entdeckt, wie er ähnlich in jener Zeit kaum bekannt war. Unter seinen litterarischen Arbeiten müssen hier in erster Linie die vortrefflichen Uebersetzungen von Odling’s Manual of Chemistry und Wurtz’ Histoire des doctrines chimiques genannt werden. Ein besonderes Verdienst hat er sich ferner als Mitarbeiter dieses Werkes erworben, dessen 1. bis 6. Band eine stattliche Reihe ausgezeichneter Biographien älterer und neuerer Chemiker, von seiner Feder herrührend, enthalten. Ferner war er Mitarbeiter an einer neuen Ausgabe des Brockhausschen Conversationslexikons, dem neuen von Fehling herausgegebenen Handwörterbuch der Chemie, an dem von A. W. Hofmann veröffentlichten Berichte der Wiener Weltausstellung und dem Neumayerschen Compendium für wissenschaftliche Reisende. Gehörte auch O. seiner wissenschaftlichen Bedeutung nach nicht zu den Koryphäen seines Fachs, so hat ihm doch sein edler, humaner Charakter, seine Begeisterung für die Wissenschaft, seine Wahrheitsliebe und seine Anspruchslosigkeit die Freundschaft der Besten, mit denen er in Berührung gekommen, verschafft, und Männer wie Wöhler, Wurtz, Treitschke und vor Allen [396] A. W. Hofmann haben ihm warm empfundene Worte der Liebe und Verehrung gewidmet.

Vgl. A. W. Hofmann, Nekrolog auf Oppenheim, Bericht der chem. Gesellschaft, Band X, S. 2262.