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ADB:Neumann, Heinrich Wilhelm

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Artikel „Neumann, Heinrich Wilhelm“ von Melchior Josef Bandorf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 521, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Neumann,_Heinrich_Wilhelm&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:04 Uhr UTC)
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Neumann: Heinrich Wilhelm N., Irrenarzt, geb. am 17. Januar 1814 zu Breslau, † daselbst am 10. Octbr. 1884, studirte an der Universität seiner Vaterstadt Medicin, wo er auch 1836 zum Doctor promovirt wurde. Im folgenden Jahre zum Arzt approbirt, war er zunächst in verschiedenen Stellungen thätig, als Regimentschirurgus und Reisebegleiter eines kranken russischen Militärs, dann als Assistent und stellvertretetender Leiter der geburtshülflichen Klinik zu Breslau und später ebendaselbst als Docent für innere Medicin. Erst 1846 wandte er sich der Irrenheilkunde zu, indem er im Mai die Assistentenstelle an der schlesischen Provinzialirrenheilanstalt Leubus übernahm. Als dienstliche Collisionen seinen Austritt aus dieser Stelle zu Ende 1849 veranlaßten, wurde er vorübergehend wieder Militärarzt, widmete sich aber bald aufs Neue der Psychiatrie und eröffnete am 17. Febr. 1852 zu Pöpelwitz bei Breslau eine Privatirrenanstalt, welche er bis 1881 leitete. Inzwischen habilitirte er sich in den fünfziger Jahren zu Breslau als Docent für Irrenheilkunde, wurde 1862 außerordentlicher Professor, 1867 Primärarzt an der Irrenabtheilung des Allerheiligenhospitals und 1874 Director der an dieser Irrenstation eingerichteten psychiatrischen Klinik. Neben seinem ärztlichen Wirken, zu welchem N., der mit allen Gaben des Geistes und Gemüthes ausgestattet und von umfassender auch schöngeistiget Bildung und vollendeten weltmännischen Formen war, in hervorragender Weise befähigt erschien, förderte er nicht unwesentlich die Weiterentwickelung seiner Specialdisciplin. Als anregender klinischer Lehrer sammelte er eine große Zahl von Schülern um sich. 1872 gründete er den Verein der Irrenärzte Schlesiens und Posens, dessen Sitzungen er bis kurz vor seinem Tode geleitet hat. In litterarischer Beziehung ist vor allem sein 1859 erschienenes Lehrbuch der Psychiatrie zu erwähnen, welches ebenso geistreich wie eigenartig abgefaßt, eine Fülle sorgfältig gesichteten Beobachtungsmaterials bietet, sich jedoch bei Betrachtung des Wesens und der Arten der Geistesstörung in Widerspruch mit den neueren Forschungen auf einen vornehmlich negativen und skeptischen Standpunkt stellt. Außerdem sind besonders seine Arbeiten auf dem Gebiete der gerichtlichen Psychopathologie anregend und fördernd gewesen. In seinen Veröffentlichungen über das Entmündigungsverfahren, über die Zurechnungsfähigkeit und über die Stellung des Sachverständigen in foro criminali bemühte er sich besonders das strittige Gebiet zwischen Richter und Sachverständigen scharf abzugrenzen und dem letzteren die ihm zukommende Bedeutung zu sichern.

Leppmann in Allgem. Ztschr. f. Psychiatrie, Bd. XLII, S. 180.