ADB:Neipperg, Wilhelm Reinhard Graf
Graf Mercy seiner bei allen wichtigeren Angelegenheiten im Banate bediente. N. bewirkte auch nach dem Friedensschlusse die Grenzregulirung in Serbien. Schon am 15. März 1717 ernannte ihn der Kaiser zum Oberst-Inhaber des Infanterieregiments Nr. 7, welches unter seiner persönlichen Führung in den denkwürdigen Schlachten bei Peterwardein, Belgrad und Temesvár großen Kriegsruhm erworben hatte. Im J. 1719 wurde er in der Schlacht bei Francavilla in Sicilien verwundet; 1723 zum Generalmajor befördert und gleichzeitig zum Erzieher des Herzogs Franz Stephan von Lothringen, nachmaligen Kaisers Franz I., dessen Vertrauter Freund er später wurde, ernannt. Im J. 1730 kam er als Commandant nach Luxemburg; nach seiner Beförderung zum Feldmarschalllieutenant 1733 machte er den Krieg in Italien mit, zeichnete sich dortselbst 1734 bei Quistello und Guastalla aus und entsetzte Mirandola. 1735 zum Feldzeugmeister befördert, übernahm er das Commando am Oglio, später bei Borgoforte und[1] am Monte Baldo. 1737 zum Gouverneur in Temesvár ernannt, nahm er in den folgenden zwei Jahren rühmlichen Antheil an dem Feldzuge wider die Türken. Nachdem er im J. 1738 besonders durch das siegreiche Gefecht von Kornja den Entsatz von Orsova bewirkt hatte, wurde ihm 1739 ein besonderes Corps von 13 000 Mann anvertraut. Graf Wallis wies jedoch in der unglücklichen Schlacht bei Grocka (20. Juli 1739) die Mitwirkung des Corps Neipperg zurück, und so ging diese Schlacht, eine der blutigsten, die je geschlagen worden, verloren. N. eilte zwar auf die Nachricht von der Schlacht mit seinem Corps zu Hülfe, konnte jedoch nur mehr die gänzliche [611] Niederlage des kaiserlichen Heeres verhindern. Graf N. wurde noch in demselben Jahre mit den ausgedehntesten Vollmachten, jedoch nicht mit bestimmten Aufträgen, den Frieden zu unterhandeln, versehen; leider kam durch seine Voreiligkeit der schimpfliche Belgrader Friedensschluß zu Stande. Der Graf, durch die entmuthigendsten Berichte über die Unmöglichkeit, Belgrad zu halten, irregeführt, begab sich in das Lager des Großveziers, welcher ihn in seinem Uebermuth mehr als Gefangenen, denn als kaiserlichen Gesandten behandelte. Zudem unterließ es Graf Wallis aus Haß gegen N., letzteren von allen ferneren für ihn bestimmten Nachrichten und Weisungen, in Kenntniß zu setzen. So sich selbst überlassen, ganz in des Großveziers Gewalt, von dem französischen Gesandten Villeneufve, der aus dem Schimpfe der kaiserlichen Waffen nur Vortheil ziehen mußte, überredet und irregeführt, vereinbarte N. am 1. September 1739 die höchst traurigen Präliminarien, vermöge deren der Pforte Belgrad und Szabats mit Schleifung der neuen Festungswerke, dazu Serbien, die ganze österreichische Walachei, die Insel und Festung Orsova und die Elisabethschanze zuerkannt wurde; und 17 Tage darauf schloß er unter Frankreichs Gewährleistung nach dem Inhalte der Präliminarien den förmlichen Friedensvertrag auf 27 Jahre. Schweren Herzens unterzeichnete der Kaiser am 2. October den schimpflichen Frieden und erklärte in einem Circularschreiben an seine Gesandten bei den auswärtigen Höfen, Graf N. habe seine Vollmacht überschritten, sich ohne kaiserlichen Befehl und ohne Auftrag ins türkische Lager begeben. Er als Kaiser habe von der Friedensunterhandlung nicht eher erfahren, als bis die Präliminarien berichtigt gewesen und sei durch die übereilte Vollziehung derselben ganz außer Stand gesetzt worden, dasjenige, was seine Diener wider die ihnen ertheilte Vollmacht zugestanden hätten, zu mißbilligen. Graf N. und Graf Wallis wurden infolge dieses für Oesterreichs Waffenehre so schimpflichen Staatsactes verhaftet. N. kam zuerst in Contumaz nach Raab, sodann auf die Festung Glatz; nach dem am 20. October 1740 erfolgten Tode des Kaisers hob Maria Theresia die gegen die beiden Generale noch im Zuge befindliche Untersuchung auf und beließ ihnen ihre bisherigen Würden und militärischen Grade. Als König Friedrich von Preußen den Krieg gegen die Kaiserin Maria Theresia begonnen hatte, wurde Graf N. 1741 mit dem Obercommando der in Schlesien aufgestellten Armee betraut. Der damals junge König hatte das von Truppen völlig entblößte Schlesien reich besetzt, während N. erst von allen Seiten der Monarchie seine Armee sammeln mußte. Mit dieser rückte er in den ersten Tagen des April vor, in der Absicht, die Preußen in ihren Winterquartieren zu überfallen. Da aber die darauf abzielenden Bewegungen nicht rasch genug ausfielen, errieth Friedrich die Absicht derselben, und um den ihm drohenden Schlage zuvorzukommen, sammelte er seine Truppen und beschloß, selbst anzugreifen. Am 10. April 1741, um 2 Uhr Nachmittags, erfolgte dieser Angriff bei Mollwitz. Die Oesterreicher zählten kaum 20 000 Mann und waren den Preußen an Cavallerie überlegen. Hingegen war die preußische Infanterie und Artillerie an Zahl und Güte weit voraus. Feldmarschallieutenant Römer, der die österreichische Cavallerie befehligte und den Aufmarsch der Infanterie deckte, welche von dem Geschütz der Preußen ungemein litt, griff mit dem größten Ungestüm den rechten Flügel der Preußen an und warf ihn. Friedrich, die Schlacht bereits verloren gebend, floh vom Schlachtfelde und Feldmarschall Schwerin übernahm den Oberbefehl des preußischen Heeres. Da unternahm Römer mit seiner Cavallerie einen Angriff auf das zweite Treffen der Preußen; dieser aber scheiterte an der eisernen Ausdauer der von Leopold von Anhalt-Dessau befehligten Truppen. Die österreichische Cavallerie hatte [612] furchtbar unter dem kleinen Gewehrfeuer der preußischen Infanterie gelitten. Römer fiel zu Tode getroffen und seine Reiter eilten durch die preußischen Linien auf den rechten Flügel Neipperg’s da griff Schwerin mit seinem Fußvolke das österreichische Fußvolk an und hier bewies der eiserne Ladstock sein Uebergewicht. Ein neuer Angriff der österreichischen, nun von Berlichingen geführten Cavallerie auf die Cavallerie des preußischen linken Flügels war auch mißlungen. Eine allgemeine Vorrückung der Preußen mit dem Bajonette entschied den Sieg. Graf N. mußte um 7 Uhr Abends den Rückzug befehlen, der in ziemlicher Ordnung vollzogen wurde. Die Oesterreicher zählten an Todten, Verwundeten und Vermißten 4419, die Preußen 4618.
Neipperg: Wilhelm Reinhard Graf N., k. k. Feldmarschall und Ritter des goldenen Vließes, geboren am 27. Mai 1684 als Sohn Eberhard Friedrich’s Freiherrn v. N. aus dessen Ehe mit Margarethe Lucretia v. Hornberg. Gleich seinem Vater, der kaiserlicher Feldzeugmeister war, trat auch Wilhelm Reinhard 1702 in kaiserliche Dienste, war bereits 1716 Oberst im Regimente seines Vaters, zeichnete sich im Türkenkriege bei Temesvár und Belgrad aus und legte so bedeutende militärische Anlagen an den Tag, daß sich General der CavallerieN. zog sich nun mit seiner Armee nach Mähren zurück. Uebrigens darf dieses Mißgeschick Neipperg’s bei Mollwitz ihm nicht zu sehr zur Last gelegt werden. Friedrich II., in dieser Hinsicht ein gewiß beachtenswerther Gewährsmann, gestand selbst zu, daß seine Erfolge von 1741 nicht die Schuld Neipperg’s gewesen, und sprach ungeachtet seines Sieges mit der größten Achtung von dem Grafen N., ja mit größerer als von Browne und Daun. Am 12. April 1741 zum Feldmarschall befördert, wurde N. 1742 von der Armee abberufen. Noch wohnte er 1743 der Schlacht bei Dettingen bei und führte im August desselben Jahres das österreichische Corps über den Rhein. Bald darauf nach Wien berufen, wurde er im J. 1753 commandirender General in Oesterreich und 1755 mit der Würde des Hofkriegsrathspräsidenten bekleidet. 1762 zum Stadt-Obersten von Wien ernannt, starb der Graf im hohen Alter von 90 Jahren am 26. Mai 1774 in Wien.
N. war mit Maria Franziska Theresia Gräfin Khevenhüller vermählt, aus welcher Ehe ein Sohn, Graf Leopold Johann Nepomuk, welcher sich dem Staatsdienste widmete, und eine Tochter Maria Wilhelmine Josepha, nachmalige Johann Adam Joseph Fürst Auersperg, entsprossen.
- Acten des k. und k. Kriegs-Archivs. – Mittheilungen des k. und k. Kriegs-Archivs 1881. – Zedler, Universal-Lexikon. – Wurzbach, Biographisches Lexikon. – Ranfft, Genealogischer Archivar.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: und und