ADB:Mylius, Andreas (Jurist)
Georg, ein Nachkomme dieses Zweiges (s. u. S. 142), der nach thatenreichem Leben am 28. Mai 1607 als Professor und Generalsuperintendent zu Wittenberg das Zeitliche segnete, vertauschte den von seinen Vorfahren (statt Göring) bereits angenommenen Namen „Müller“ nach damaliger Gelehrtensitte (den Familiennamen zu latinisiren oder zu gräcisiren) in „Mylius“, welche Namensänderung die einzelnen weitverbreiteten Zweige der Familie annahmen. Johann Christoph M., Bibliothekar an der Universität Jena, fertigte aus Familiendocumenten eine sehr fleißig gearbeitete „Historia Myliana“ (Jenae P. I. 1751, P. II. 1752. 4°), welche mit einigen in Kupfer gestochenen Porträts von Familiengliedern [135] geschmückt ist. Nach dieser Darstellung erhob sich die Familie seit Beginn des 17. Jahrhunderts zu einer Gelehrtenfamilie, aus welcher Schriftsteller und Professoren (besonders Theologen und Juristen) in einer Zahl hervorgingen, deren sich nur wenige deutsche Geschlechter rühmen können. – Zu den angesehensten aus früherer Zeit zählt unser Rechtsgelehrter Andreas M., geb. am 12. April 1649 zu Schöplin (Zschepplin) bei Eilenburg (Ilburg), † am 6. Juni 1702 in Leipzig. – Sein gleichnamiger Vater, Andreas, seit 1645 mit Margaretha, einer Tochter des verstorbenen Kastenvorstehers Gey in Torgau verehelicht, bekleidete zuerst (1646) die Stelle eines Bürgermeisters von Schöplin, später (seit 1669) von Eilenburg. Der Großvater Joachim Friedrich M. war Pastor von Ahornberg im Voigtlande und starb 1669 im 78. Lebensjahre. Der Urgroßvater Balthasar Möller (welcher sich gleich dem Großvater dreimal verheirathete), lebte als Consistorialassessor und Superintendent in Schleiz und starb dortselbst 1596 oder 1598. Dessen Vater, Andreas Möller, segnete als Bürger und Böttcher von Greiz das Irdische am 29. Februar 1559. – Christian Otto M. (s. u.) war ein Vetter (Geschwisterkind) unseres Andreas und der vorerwähnte „Joachim Friedrich“ ihr gemeinsamer väterlicher Großvater. – Andreas M. jun. empfing den ersten höheren Unterricht am Lyceum zu Torgau und bezog 1667 die Universität Wittenberg, wo er namentlich bei Schurzfleisch philosophische, dann philologische und juristische Vorlesungen besuchte. Kränklichkeit zwang ihn, seine mit Eifer begonnenen Studien zu unterbrechen. Nach längerem Aufenthalte im elterlichen Hause ging er 1669 nach Leipzig, wo er neben dem bejahrten Schwendendörfer hauptsächlich Carpzow hörte; er hielt öfters Disputationen, promovirte am 24. October 1678 mit einer Abhandlung „De contractu libellario“ als Licentiat und erlangte am 6. November des folgenden Jahres den Doctorgrad. Bald darauf (1680) wurde er nach der damals, besonders in Leipzig üblichen Bezeichnung der vier juristischen Professuren zum „professor tituli“ (de verborum significatione et de reg. juris) ernannt, gleichzeitig in das Collegium professorum aufgenommen, und vier Jahre später (im Februar 1684) nach dem Tode von Dr. Henzius zum Professor institutionum befördert, welche Stelle er 18 Jahre bekleidete; außerdem wurde er 1683 und 1695 zum Rector magnificus, 1686 zum Universitätssyndicus erwählt und war seit 1688 Assessor der Juristenfacultät. M. galt als eifriger, anregender Lehrer, der sich allgemeiner Achtung erfreute. Eine Leipziger Chronik bemerkt anläßlich seines Todes: „Am 6. Juni 1702 starb allhier Nachm. 3 Uhr Dr. Andreas Mylius, ein berühmter Jurist, öffentlicher Professor der Rechte; u. der Akademie, emeritirter Syndikus, welcher seine Lebenszeit auf 53 Jahre mit Schaffen vieles Nutzens der studirenden Jugend rühmlichst gebracht hat.“ Auch auf litterarischem Gebiete war M. nicht ohne Erfolg thätig; so verfaßte er von 1678–1697 gegen 40 Dissertationen meist civilistischen Inhaltes und schrieb für seine Zuhörer außer einer „Manuductio in universum jus“, „Nucleus institutionum“ (1680, 12°, 1691 und 1692), „Nucleus pandectarum“ (1691, 12°) und „Nucleus proc. judiciarii“ (1792, 12°), worin er die Quintessenz dieser Rechtsdisciplinen vortrug. – Außerdem beschäftigte er sich mit Herausgabe der Werke Dritter, die er mit Vorrede und Anmerkungen begleitete. So besorgte er die Herausgabe der „Tractate“ des seiner Zeit hochgeschätzten, aber bald vergessenen Gießener Kanzlers, Joh. Otto Tabor (Taboris tractatuum vol. 2, 1688 Fol., 1718); sodann Neuauflagen der 1638 in Frankfurt erschienenen Jurisprud. forens. saxo-roman. des Bened. Carpzow (1684, 1694, 1703 und 1721 Fol.) und der Paraphrasis instit. Justin. des Paul de Fuchs (1701), welches Werk schon 1671, 4° und 1684 verlegt worden war. Auch zu Quir. Schacher Colleg. pract. (1678) verfaßte er Noten und wurde das Buch nach dem Tode Mylius’ mit [136] dessen und Anderer Noten bereichert (1724, 4°), neu aufgelegt. Aus der Ehe, welche M. mit Elisabeth Friederici, der Tochter des verstorbenen Bürgermeisters von Eilenburg, 1677 abgeschlossen, gingen fünf Kinder hervor, darunter ein Sohn, Andreas Friedrich M., der, am 5. Februar 1683 geboren, zu Leipzig und Jena studirte, am 4. November 1704 Anwalt, im Frühjahr 1706 zu Jena Doctor der Rechte und 1721 Syndicus der Leipziger Hochschule wurde, als deren Vertreter er auf den Landtagen zu Dresden 1722, 1728, 1731, 1734 und 1737 eine größere politische Thätigkeit entfaltete; seit 1734 Mitglied des Oberhofgerichts in Leipzig, ging er am 22. März 1740 in dieser Eigenschaft mit Tod ab. Eine Aufzählung der Schriften des Andreas M. bei Rotermund, Bd. V, S. 294 und 295 und in M. Lipen’s Bibl. realis.
Mylius: Andreas M., Rechtsgelehrter. Die Familie war ursprünglich eine geachtete Bürgerfamilie Mitteldeutschlands, welche nach dem uralten Besitze der Mühle zu Greiz „Möller oder Müller“ hieß. Nach glaubhaften Familienüberlieferungen war David der Ahnherr des Geschlechtes, welcher im 14. Jahrhundert gelebt und die noch lange nachher „Davidsmühle“ genannte Besitzung aus Stein neu aufgebaut haben soll. Ein namhafter, in Augsburg angesiedelter Zweig der Familie führte den Namen Göring (auch Gering).- Ueber beide Mylius siehe: Joh. Chr. Mylius, Historia Myliana etc., Jenae, Pars I, Tab. III ad Sect. VI. F, P. II, S. 30 u. P. III Tab. XV, Sect. XIX u. Zedler, Universal-Lexicon, Bd. XXII, S. 1694–96.