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ADB:Melander, Dionysius

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Artikel „Melander, Dionys“ von Jakob Minor in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 279–280, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Melander,_Dionysius&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:34 Uhr UTC)
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Melander: Dionys und Otho M., Vater und Sohn, Gelehrte und Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. Nach Goedeke soll der eigentliche Name Holzapfel sein. Ueber Dionys fehlen nähere Angaben gänzlich: nach Goedeke soll er bereits an den Geschichten gesammelt haben, welche sein Sohn später veröffentlichte. Otho ist 1571 zu Hohne bei Eschwege (also im Hessischen) geboren, wo er auch seine Jugend zubrachte. Er studirte, wie sich aus den Jocoseria ergiebt, in Wittenberg. Später Advocat und juridischer Schriftsteller; auf den Anlaß seiner praktischen Vertretung einer Frau in einem Hexenprocesse ist die „Resolutio praecipuarum quaestionum criminalis adversus sagas processus, cum refutatione nova tam juridica, quam philosophica purgationis sagarum per aquam frigidam“ etc. (Lich 1597) zurückzuführen, in welcher er als einer der Vorläufer Spee’s gegen die Wasserprobe eifert. Er besaß hochgestellte Gönner und Freunde und soll 1640 als kaiserlicher Hofrath in Böhmen gestorben sein. Für die Litteraturgeschichte ist er durch seine Jocoseria, welche von 1600–1626 in verschiedenen Fortsetzungen (zu je 100 in centuriae) und Auflagen erschienen und 1605 (Lich) und 1617 (Darmstadt) auch ins Deutsche übersetzt wurden, von [280] Bedeutung. Die von Bebel hundert Jahre früher begründete, durch Luther’s Tischreden geadelte und in die höheren Kreise der Gesellschaft überführte Litteratur von Schwänken und Anekdoten in lateinischer Sprache vertritt M. als einer der letzten. Indem er „an die Schwänke und Witzreden von Landsknechten, Meßpfaffen und Handwerkern die geistreichen Sprüche geschichtlich berühmter Männer und entlehnte lateinische Epigramme“ anreiht, zeigt er „den Uebergang vom fingirten Schwank zur geschichtlichen Anekdote, vom Volkswitz und Sprichwort zu dem Apophthegma bestimmter einzelner Personen“. In der zweiten und dritten Centurie (welche ich allein kenne) überwiegt der Ernst über den Spaß. An jede Nummer schließen sich „collectanea“, Aussprüche berühmter Männer aller Zeiten, welche sich auf das Thema des vorhergehenden Schwankes beziehen (z. B. über die Trunksucht, über unüberlegtes Handeln etc.). Die Nummern sind nach den Kreisen zusammengestellt, aus welchen sie genommen sind: die akademischen Kreise machen den Anfang; dann die Geistlichen, besonders gefräßige und sauflustige Landpfarrer; vieles ist aus dem gerichtlichen Leben entnommen: Verbrechergeschichten, Wucherer u. dgl.; schlechte oder verbrecherische Mägde und Diener; Religionsspötter und wunderbare Rettungen etc. Sage (Rattenfänger von Hameln in lateinischen Hexametern von Lucas Lossius; die drei Gesellen und die Bärin; der Pfaff vom Kahlenberg etc.) und Geschichte (Aussprüche und Anekdoten von historisch berühmten Männern) nehmen viel Raum in Anspruch; die Geschichte dominirt geradezu am Schlusse der dritten Centurie. Deutsch ist oft eingeschaltet: der drastische Ausdruck niedriger Personen wird meist deutsch, sogar im Dialecte, wiedergegeben. Vieles ist aus dem Leben des Verfassers, der deshalb besonders gern hessische Geschichten und Anekdoten aus dem gerichtlichen Leben erzählt, genommen. Wo er nicht Erlebtes oder Selbstgeschehenes erzählt, scheint er überhaupt blos wörtlich zu entlehnen. Als seine Quellen, welche er unter den einzelnen Nummern citirt, nennt er im Allgemeinen die heiligen Bücher, alten Classiker und Schriften der Rechtsgelehrten. – Andere Vertreter des Namens M. erwähnen Koberstein als Uebersetzer antiker Fabeln am Ende des 17. Jahrhunderts (II5, 293) und B. Mencke, Magnus M. († 1693 als Pastor zu St. Nicolai in Nyköping). Der Name Holzapfel begegnet bei Meusel u. A. häufig.

Goedeke, Grundriß I¹, 104. Gervinus II⁴, 302 und III⁴, 69. Burchardt Mencke, Compendiöses Gelehrtenlexikon (1715), Spalte 1321 (wo seine lateinischen Schriften aufgezählt werden, wahrscheinlich nach Witte, Diarium biographicum welches Mencke’s Quelle war, mir aber augenblicklich nicht zugänglich ist).