Zum Inhalt springen

ADB:Mayer, Julius Robert von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Mayer, Robert“ von Hermann Munk in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 126–128, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mayer,_Julius_Robert_von&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:02 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Mayer, Philipp
Nächster>>>
Mayer, Samuel Marum
Band 21 (1885), S. 126–128 (Quelle).
Julius Robert von Mayer bei Wikisource
Robert Mayer in der Wikipedia
Robert Mayer in Wikidata
GND-Nummer 118579584
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|21|126|128|Mayer, Robert|Hermann Munk|ADB:Mayer, Julius Robert von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118579584}}    

Mayer: Julius Robert M., geb. am 25. November 1814 zu Heilbronn, war der jüngste von drei Söhnen eines angesehenen und begüterten Apothekers. Vater und ältester Bruder hatten in ihm früh naturwissenschaftliche Neigungen erweckt, welchen er auch während des Besuches des Heilbronner Gymnasiums und von 1828 an des Seminars zu Schönthal besonders nachging. Nachdem er in Stuttgart das Maturitätsexamen gemacht, bezog er Ostern 1832 die Universität Tübingen, an welcher er durch 10 Semester Medicin studirte und mit Vorliebe Anatomie und Physiologie trieb. Durch ein Abschiedsfest, welches das von ihm mit gestiftete und jüngst freiwillig wieder aufgelöste Corps Guestphalia gab, gerieth er wegen des Tragens verbotener Farben in Untersuchung und erhielt nach mehrtägigem Arrest, zugleich mit seinem Freunde Griesinger, das Consilium abeundi. Er ging nunmehr zu weiterem Studium nach München und Wien, absolvirte im J. 1838 die vorgeschriebenen zwei medicinischen Prüfungen zu Tübingen und Stuttgart, nach deren erster er mit der Inauguraldissertation „Ueber das Santonin“ zum Doctor der Medicin promovirt wurde, und ließ sich als praktischer Arzt zu Heilbronn nieder. Aber es war sein wie seines vielgereisten Vaters Wunsch, daß er noch mehr in der Welt sich umsähe. Deshalb bildete er sich in der freien Zeit, welche seine nur kleine Praxis ihm reichlich ließ, eifrig im Französischen und Holländischen aus, ging dann im Herbste 1839 über Paris nach Holland, wurde hier auf Grund einer neuen Prüfung Sanitätsoffizier und nahm die Stelle als Schiffsarzt auf einem nach Java bestimmten Kauffahrteischiffe an. Auf der Fahrt fiel ihm in Batavia bei den Aderlässen, welche er an seiner Schiffsmannschaft zu machen hatte, auf, daß hier das Venenblut, statt der sonstigen dunkelrothen, eine so hellrothe Farbe wie das Arterienblut hatte; er erkannte darin die Wirkung der veränderten Wärmeökonomie des Körpers und wurde von da aus durch weiteres Nachdenken zu der großen und für den Fortschritt der Naturwissenschaft so folgereichen Entdeckung des Princips von der Erhaltung der Energie geführt, – wie er selber später sagte, „des Gesetzes von der Unzerstörbarkeit der Kraft“, wonach „die Wärme, die Bewegung (d. h. die sogenannte lebendige Kraft oder ‚Arbeit‘ der Mechaniker), sowie das Licht und die Elektricität, verschiedene Erscheinungsformen eines und desselben unzerstörlichen, meßbaren Objectes sind, so daß z. B. Bewegung in Wärme und diese wieder in jene sich verwandeln läßt, wobei in jedem Falle die ins Spiel gesetzte quantitas vis constant bleibt.“ Mit demselben Schiffe nach Europa und im Februar 1841 nach Heilbronn zurückgekehrt, ging er sogleich an die Ausarbeitung seiner Entdeckung, für welche er jedoch bei den benachbarten Physikern kein Verständniß und darum keine Unterstützung zur weiteren experimentellen Verfolgung fand. Eine erste gedrängte Mittheilung „Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur“ brachte er, nachdem sie von Poggendorff’s Annalen der Physik als ungeeignet zurückgewiesen war, im Mai 1842 in Wöhler’s und [127] Liebig’s Annalen der Chemie, Bd. 42, zur Veröffentlichung; und eine ausführlichere Darlegung ließ er 1845 folgen in der auf seine Kosten gedruckten Brochüre „Die organische Bewegung in ihrem Zusammenhange mit dem Stoffwechsel. Ein Beitrag zur Naturkunde“ (Heilbronn 1845). Daß schon in der ersten Mittheilung die Aequivalenz von Wärme und Arbeit ausgesprochen und das mechanische Wärmeäquivalent auf ca. 365 m. kg. berechnet war, sicherte ihm die Priorität vor den 1843 beginnenden Veröffentlichungen Joule’s, dessen große Experimentaluntersuchungen allerdings eine richtigere Kenntniß des Wärmeäquivalentes anbahnten, wie es auch M. selber später zu ca. 425 m. kg. annahm. Weitere Ausführungen gab er noch in astronomischer Hinsicht in der Brochüre, welche er wiederum auf eigene Kosten drucken lassen mußte, „Beiträge zur Dynamik des Himmels in populärer Darstellung“ (Heilbronn 1848) und in physiologischer Richtung in den beiden Abhandlungen „Ueber die Herzkraft“ in Vierordt’s Archiv für physiologische Heilkunde, 1851, und „Ueber das Fieber“ in Wunderlich’s Archiv der Heilkunde, 1862. Endlich war eine nochmalige Darlegung „Bemerkungen über das mechanische Aequivalent der Wärme“ (Heilbronn 1851), wie schon vorher Mittheilungen an die Pariser Akademie (Compt. rend. t. 29. 1849) wesentlich zur Wahrung seiner Eigenthumsrechte gegenüber Joule bestimmt. Inzwischen hatte er sich 1842 mit Wilhelmine Cloß, einer Kaufmannstochter aus Winnenden, verheirathet und als Oberamtswundarzt, später als Stadtarzt eine angesehene Stellung und eine große Praxis in Heilbronn erworben. Aber die stürmischen politischen Verhältnisse der Jahre 1848–1849, welche bei seiner tief religiösen und conservativen Natur mächtig auf ihn einwirkten und um so mehr, als seine Brüder im entgegengesetzten Lager waren, dazu der Verlust zweier Kinder, endlich auch die geringe Beachtung, welche seine Entdeckung fand, und die Schädigungen, welche hier seine Rechte trotz seiner Reclamationen immer wieder erfuhren, versetzten ihn in eine hochgradige Nervosität mit andauernder Schlaflosigkeit, welche sogar im Mai 1850 in der Fieberhitze zu einem nächtlichen Sprunge aus dem hohen Fenster führte. Nach Monaten von seiner Krankheit und den schweren Verletzungen anscheinend genesen, trat er doch wegen zeitweiser Erscheinungen von Geisteskrankheit 1852 in die Irrenanstalt zu Göppingen ein. Die Behandlung, welche er hier und später im Irrenhause zu Winnenthal in der damals gebräuchlichen Weise mit Zwangsstuhl und Zwangsjacke und, wie es scheint, auch in den Intervallen der geistigen Umnachtung erfuhr, hinterließen bei ihm für die Folgezeit eine derartige Verbitterung, daß der sonst so ruhige und zurückhaltende Mann später nicht nur in den heftigsten Anklagen gegen seine Aerzte sich erging, sondern dabei auch seine Geisteskrankheit überhaupt bestritt. 1854 kehrte er nach Heilbronn zurück, nahm jedoch seine Praxis nicht wieder auf. Seine Entdeckung fand jetzt immer mehr Anerkennung, und zahlreiche Universitäten und Akademien zeichneten ihn mit Diplomen und Preisen aus; auch verlieh ihm die württembergische Regierung den mit persönlichem Adel verbundenen Kronenorden. Die größte Freude machten ihm die besondere Einladung, welche zur Naturforscherversammlung in Innsbruck 1869 an ihn erging, und die ehrenvolle Aufnahme, welche er daselbst fand. Sein Innsbrucker Vortrag „Ueber nothwendige Consequenzen und Inconsequenzen der Wärmemechanik“ und noch einige andere Vorträge, welche er in den nächsten Jahren in der Heimath hielt, sind als „Naturwissenschaftliche Vorträge“ (Stuttgart 1872) herausgegeben und bilden auch den Anhang zur zweiten Auflage seiner „Mechanik der Wärme in gesammelten Schriften“ (Stuttgart 1874), deren erste Auflage schon im J. 1867 erschienen war. Nur seine letzte Schrift „Die Toricellische Leere und über Auslösung“ (Stuttgart 1876) ist in dieser Sammlung nicht enthalten. Eine Lungenentzündung führte nach längerer Krankheit, während [128] welcher ihn sein Sohn, gleichfalls Arzt in Heilbronn, behandeln konnte, am 20. März 1878 den Tod des großen Forschers herbei.

Heinrich Rohlfs, „Robert v. Mayer, sein Leben u. sein Wirken“ im deutschen Archiv für Geschichte der Medicin, Bd. II, gibt zugleich eine umfassende Zusammenstellung der biographischen Litteratur.