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ADB:Matthäus, Anton (1564 bis 1637)

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Artikel „Matthaeus I., Anton“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 615–617, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Matth%C3%A4us,_Anton_(1564_bis_1637)&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 12:16 Uhr UTC)
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Matthaeus (I.): Anton M. (sen.), Rechtsgelehrter. Die Matthäus, eine alte, hochgeschätzte Familie, stammen aus dem hessischen Städtchen Alsfeld, und sind aus deren Mitte im 16. und 17. Jahrhundert eine größere Anzahl von Gelehrten – darunter in fünf Generationen sieben Professoren der Rechte hervorgegangen. So war bereits der Vater Anton’s Konrad M. Rechtslehrer. Als eines bemittelten Landwirthes, der ebenfalls Konrad hieß, jüngerer Sohn zu Alsfeld auf dem väterlichen Heim, am 3. Mai 1519 geboren, bezog er 1532 die Universität Marburg, wurde schon 1534 Baccalaureus, 1536 Magister, dann Lehrer am Pädagogium; 1551 Professor der Geschichte und bald darauf auch Professor der Beredsamkeit an der Universität Marburg. Da ihn seine wissenschaftlichen Arbeiten auf das Studium der Rechte führten, erwarb er noch im J. 1564 (am 27. August) den juristischen Doctorgrad. 1566 erhielt er zu seinen Professuren auch das Syndicat der Universität Marburg, im folgenden Jahre die Stelle eines Beisitzers an dem neuerrichteten hessischen Sammtrevisionsgerichte, und starb hochgeachtet am 28. November 1580. Bei seinen vielfachen Geschäften, – er revidirte auch die Marburger Universitäts-Statuten – erübrigte ihm keine Zeit zu schriftstellerischen Arbeiten. Am 4. December 1544 heirathete er des Vogtes zu Kaldern Tochter, Magar. Orth, nach deren Tode (21. Mai 1551) Ursula, eine Tochter des Rathsherrn Geilo Wernher zu Marburg, und wurde Vater von 15 Kindern, unter welchen zwei Söhne Philipp (s. diesen) und Anton I. die väterliche Laufbahn betraten. Anton M. I., Konrad’s vierter Sohn aus dessen zweiter Ehe, ist am 27. December 1564 in dem hessischen Städtchen Frankenberg geboren, wohin sich seine Aeltern mit vielen Angehörigen der Universität Marburg vor der daselbst ausgebrochenen Pest geflüchtet hatten. Er besuchte das Pädagogium seiner Vaterstadt, von 1581–1585 die dortige Hochschule, wo ihn der gefeierte Hermann Vultejus und Regner Sixtin mit den Anfangsgründen der Rechtswissenschaften vertraut machten, 1586 wandte er sich nach Heidelberg, um namentlich unter seinem Schwager Valentin Forster, einem tüchtigen Juristen, die Studien fortzusetzen. Ernstlich ausgebrochene Studentenunruhen bewogen ihn, diesen Musensitz vorzeitig zu verlassen; er zog 1587 nach Helmstädt, von da nach Wittenberg, wo Eberhard v. Weihe und Peter Wesenbeck lehrten. Nach beendeten Unruhen ging er auf Einladung eines zweiten in Heidelberg lebenden Schwagers Georg Sohn, Professors der Theologie, abermals dorthin und erhielt durch dessen Verwendung die Hofmeisterstelle bei einem siebenbürgischen Edelmann, Alexander v. Sombor, den er während zweier Jahre auf gelehrten Reisen begleitete. Angezogen von dem großen Rufe der Altdorfer Professoren Hugo Donellus und Hubert Giphanius besuchte er als ihr Schüler noch diese Universität, und kehrte ums Jahr 1593 von dort nach Hause zurück. Hier begann er, junge Studirende in den Institutionen und Pandekten zu unterrichten; [616] 1594 promovirte er unter dem Vorsitze des Hermann Vultejus als Doctor beider Rechte. In Folge abermaligen Auftretens der Pest siedelte er noch im nämlichen Jahre von Marburg nach Siegen, von da nach Herborn über, woselbst ihm Graf Johann der Aeltere von Nassau gleichfalls im nämlichen Jahre (1594) an Stelle des nach Marburg abgehenden Goddaeus den juristischen Lehrstuhl an dem akademischen Gymnasium übertrug. Hier verehelichte er sich 1596 mit der Archivarstochter Elisabeth Schuler, – welche ihm 12 Kinder – darunter 9 Söhne gebar; hier begann er auch seine schriftstellerische Thätigkeit durch Veröffentlichung der „notae et animadversiones in libros IV Inst. jur. Imp. Justin.“; ein beliebtes Hand- und Hülfsbuch, welches 1600, dann 1602 (oder 1611) und 1632 zu Herborn erschien; ferner 1647. 12° zu Franeker, endlich 1657. 12° zu Amsterdam. Gegen Ende des Jahre 1605 wurde unser Gelehrter von dem Landgrafen Moriz von Hessen als ordentlicher Professor der Rechte nach Marburg zurückgerufen und wirkte dort im Vereine mit Hermann Vultejus, Goddäus und Deichmann volle zwanzig Jahre. 1625 übernahm er an der neugegründeten Hochschule zu Gröningen die gleiche Bedienstung, welche ihm die dortigen Universitäts-Curatoren angeboten hatten. Allerdings wäre er schon im nächsten Jahre einem Rufe an die friesische Hochschule Franeker gerne gefolgt, konnte jedoch die nachgesuchte Entlassung nicht erhalten, da man in Gröningen auf seinen Besitz hohen Werth legte. In den letzten Lebensjahren wegen heftiger Gliederschmerzen fast beständig ans Bett gefesselt, starb er hochbetagt am 28. Mai 1637. M. erlebte die seltene Freude, daß während seiner Lehrthätigkeit in Gröningen vier seiner Söhne gleichzeitig an vier verschiedenen Akademien als Professoren wirkten: Johann zu Cassel, Anton zu Utrecht, Konrad zu Gröningen, Christoph zu Harderwyk; die beiden ersten als Docenten der Rechte, die beiden letzten als Docenten der Medicin, und war Konrad als Professor in Gröningen zugleich Amtsgefährte seines Vaters. – Die Urtheile über dessen wissenschaftliche Bedeutung waren getheilt, während ihn Foppens in der biblioth. belgica (T. 1 p. 83) und Freher im theatr. vir. erud. (p. 1078) als Papinian seines Jahrhunderts preisen, sagt der spanische Jurist und Litteraturhistoriker Gregor von Majans: „Vir multae lectionis et nullius electionis, multiplicis doctrinae sed propositae magis quam expositae et inordinatae. Fuit ei diligentia ad colligendas difficulates, ab aliis interpretibus excogitatas; judicium defuit ad illas dissolvendas“ (Ep. p. 261). Ein scharfes, wohl ein zu scharfes Urtheil! wenn man auch zugeben muß, daß seine Werke neuer oder großer Gesichtsspunkte entbehren, und das er von seinem Sohne Anton II. an litterarischem Ruhme weit überstrahlt wurde. Eine große Anzahl seiner Schriften enthalten die ein Jahr nach seinem Tode von dessen Söhnen herausgegebenen „Collegia juris sex“ (Gron. 1638. Franeker 1647. 4°), welche 1649 in Rom auf den Index gesetzt wurden. Das stattliche Werk besteht aus 144 Disputationen, und umfaßt: 1) Colleg. fundatorium juris, 30 Disputationen (wovon 17 schon 1623 zu Herborn erschienen waren); 2) Coll. instit. jur. primum (20 bereits 1606 und 1623 in Herborn gedruckte Disputationen); 3) Coll. instit. jur. alterum (22 Disputationen schon 1625 in Herborn edirt); 4) Coll. instit. jur. tertium (20 zuerst 1632 in Gröningen gedruckte Disputationen); 5) Coll. pandectarum, 52 Disputationen. Inhaltlich der Vorrede hatte der Verfasser noch weitere Pandekten-Disputationen geschrieben, die ausgeliehenen Manuscripte aber nicht zurückempfangen, und so verloren; 6) Coll. codicis (20 schon 1627 erschienene Disputationen). Ein vollständiges Schriftenverzeichniß bei Strieder, hess. Gel. Gesch. Bd. 8 S. 164–172. Da der gleichnamige Sohn und Enkel auch juristische Arbeiten lieferten, sind deren Schriften bisweilen verwechselt worden. Einer anderen Familie gehört der Jurist [617] Antonio de Mattheis an, welcher, von deutscher Herkunft, 1558 als Rechtsgelehrter in Rom lebte und mehrere (bei Jöcher) verzeichnete Werke civilistischen und processualen Inhaltes schrieb. – In den Effig Profess. Gron. befindet sich in klein Folio und Ovalform ein Brustbild unsers Gröninger Gelehrten, der nach links gewendet mit sehr markirten Zügen, langwallendem Barte und stattlichem Ringkragen abgebildet ist; unter dem Portraite achtzeiliger lateinischer Vers von M. Alting. Dasselbe Bild – nur mit Rechtswendung – existirt in 12°. Von den vorgenannten Söhnen des Anton M. I. haben der älteste, Johannes, und der zweitgeborne, Anton M. II (s. denselben) als Professoren der Rechte den väterlichen Beruf gewählt. – Johannes M., in Herborn gegen Ende des Jahres 1596 geboren, studirte in Marburg Rechtswissenschaft, erwarb (wahrscheinlich dort) die juristische Doctorwürde, bekam 1623 an Stelle des abgehenden Wolfg. Ficinus am Athenäum seiner Geburtsstadt den Lehrstuhl für römisches Recht, ging 1628 als Professor der Rechte und Moral an das Mauritianum nach Cassel, verwaltete dort zugleich das Syndicat dieser Anstalt, und starb erst 38 Jahre alt muthmaßlich ohne Nachkommen im October 1635. Seine bei Strieder a. a. O. S. 273 aufgeführten akademischen Schriften bewegen sich auf dem Gebiete der Moral und Rechtsphilosophie.

(1. Familie Matthäus.) In C. Burmann’s Trajectum eruditum etc. p. 213–216 ein guter Stammbaum „Prosapia Matthaeorum“ von 1390 bis zum Erlöschen der Familie 1719. (2. Konrad Matth.) Melchior Adam, vit. Ictorum. Freher, theatr. vir. erud. p. 882. Strieder, Grundl. a. a. O. Bd. 8 S. 251–252 und die dort Genannten. (3. Anton Matth. I.) J. A. van der Aa citirt im „biogr. Woordenboek d. Nederlanden D. 12. St. 1. S. 385–90 bei Phil. u. Ant. M. I–IV zahlreiche Schriftsteller, unter denen f. Anton I bes. Burmann a. a. O., Freher, theat. P. 2 p. 1078 u. 79 u. Jugler’s Beitr. zur jurist. Biogr. Bd. 2 St. 1. S. 281–88 hervorzuheben sind; vgl. auch Strieder a. a. O. S. 261–71 u. Benthem, holl. Kirchen- u. Schulstaat Thl. 2 S. 218 u. ff. (4. Johannes Matth.) Strieder a. a. O. 273. – van der Aa a. a. O. 385.