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ADB:Mathis, Ludwig Emil

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Artikel „Mathis, Ludwig Emil“ von Karl Wippermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 790–794, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mathis,_Ludwig_Emil&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 11:43 Uhr UTC)
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Mathis *: Ludwig Emil M., preußischer Staatsmann, geb. den 31. Mai 1797 in Berlin, † daselbst am 17. Novbr. 1874. Die Familie stammt aus Frankreich, von wo sie nach Aufhebung des Edicts von Nantes ausgewandert war. Mathis’ Urgroßvater ließ sich in der Mark Brandenburg nieder; sein Vater, Justizcommissar beim Kammergericht in Berlin und Herausgeber einer juristischen Zeitschrift, starb schon 1812. Neben der die Erziehung leitenden Mutter, einer Tochter des Hofpredigers Conrad in Berlin, war sein späterer Stiefvater, der Hofprediger Theremin, von großem Einfluß auf seinen Bildungsgang. Durch ihn wurde ihm auch eine gewisse ernste religiöse Richtung eigen, die sich öfter in seinem öffentlichen Leben bemerkbar machte. Nach dem Besuche des Werder’schen und des Joachimsthal’schen Gymnasiums in Berlin studirte er hier 1815 bis 1818 die Rechte, wurde Auscultator beim Berliner Stadtgericht, 1820 Referendar beim Kammergericht, bestand 1823 die große Staatsprüfung als Assessor und wurde schon wenige Tage darauf zum Rath beim Berliner Stadtgericht ernannt, wo er in der Criminaldeputation arbeitete. Daneben wurde er 1824 Mitglied des Domkirchencollegs und 1825 des Vormundschaftsgerichts in Berlin. Wegen der in jenen Aemtern an den Tag gelegten großen Fähigkeiten wurde er 1829 zum Kammergerichtsrath befördert und in Folge des Vertrauens, welches er beim Präsidenten von Grolmann genoß, auch zum Mitgliede des kurmärkischen Pupillencollegs ernannt. Im Frühjahr 1835 erfolgte seine Ernennung zum Mitgliede der unter dem Namen „Bundes-Centralbehörde“ bekannten Commission von Bevollmächtigten Preußens, Oesterreichs, Baierns, Württembergs und Hessen-Darmstadts in Frankfurt a. M., deren Aufgabe in der gegenseitigen Mittheilung der Verhandlungen bestand, betreffend die Untersuchungen, [791] welche durch den im April 1833 in Frankfurt a. M. stattgehabten Aufruhrversuch in jenen Ländern hervorgerufen waren. Dieser Aufenthalt in Frankfurt a. M. brachte ihn in ein näheres Verhältniß zu Radowitz, damals Mitglied der Bundes-Militärcommission. 1837 zum Geh. Regierungsrath und vortragenden Rath im Ministerium des Innern ernannt, wurde er 1838 nach Berlin zurückgerufen und nahm in diesem unter v. Rochow stehenden Ministerium die Stelle eines Justitiarius ein, in welcher er mit allen Zweigen des Ministeriums näher bekannt wurde. 1840 wurde er in Königsberg, wohin er jenen Minister zur Huldigung begleitete, zum Geh. Ober-Regierungsrath befördert. Im Januar 1842 folgte seine Ernennung zum Mitgliede des Staatsraths. Daneben wurde er Mitglied des am 1. Juli 1843 eingesetzten Ober-Censurgerichts, welches der Presse Schutz gegen die willkürliche Behandlung durch die Censur gewähren sollte. Diese Stellung mußte er jedoch aufgeben, als ihm v. Rochow’s Nachfolger, der Minister Graf von Arnim-Boitzenburg, im Januar 1844 die Leitung der Abtheilung für die höhere Polizei und die Preßangelegenheiten übertrug. v. Rochow’s Rücktritt als „Minister des Innern und der Polizei“ erfolgte zum Theil, weil er in den Polizei- und den Preßsachen sich in zu schroffen Gegensatz zu den Zeitverhältnissen gesetzt hatte. Dem blos zum Minister des Innern, nicht auch der Polizei ernannten v. Arnim kam es daher auf eine ruhigere und parteilose Würdigung jener Angelegenheiten an. So wurde unter ihm wie auch unter seinem Nachfolger von Bodelschwingh von Seiten Mathis’ streng der Grundsatz befolgt, daß die Staatspolizei nur durch die ordentlichen öffentlichen Behörden zu handhaben sei. Vorwürfe gegen diese seine Thätigkeit, welche in den hinterlassenen „Denkwürdigkeiten des Geh. Regierungsraths Dr. Stieber“ (unter Protest von dessen Sohn, im Feuilleton des „Berliner Tageblatts“ vom 2. Octbr. 1882 bis Ende März 1883 veröffentlicht) erhoben wurden, stellen sich, nach der dem Unterzeichneten gestatteten Einsicht des betreffenden Theils von Mathis’ hinterlassenen Memoiren, als völlig unbegründet heraus. Uebrigens behauptete der preußische Gesandte Th. H. R. v. Rochow (Briefe desselben an einen preußischen Staatsbeamten, herausgegeben von Kelchner und Mendelssohn-Bartholdy, Frankfurt a. M. 1873, S. 321), daß auf Mathis’ Vortrag v. Itzstein’s Ausweisung aus Preußen im Mai 1845 erfolgt sei. Regierungsseitig fand Mathis’ Thätigkeit im Polizeifache im April 1845 volle Anerkennung durch seine Ernennung zum Wirklichen Geh. Ober-Regierungsrath. Im September 1846 erfolgte seine Ernennung zum Ministerialdirector. Sein offener Sinn für die Zeitbedürfnisse führte dahin, daß er, in Gemeinschaft mit dem ihm befreundet gewordenen Minister von Bodelschwingh, bald die Anbahnung einer freieren Entwicklung der öffentlichen Verhältnisse, insbesondere auch der Abschaffung des Censurdrucks anerkannte. Ein in diesem Sinne im Herbst 1847 von Preußen unternommener Versuch, Oesterreich zu einem gemeinsamen Antrag am Bundestage auf Beseitigung der Censur zu bewegen, scheiterte; hierauf aber wurden im Winter 1847–1848, unter Mathis’ lebhafter Betheiligung, mit dem Königreich Sachsen Verhandlungen gepflogen, um einen solchen Antrag gemeinsam am Bunde zu stellen. Die Einigung hierüber wurde erreicht, aber bevor noch der Antrag eingebracht war, hob der Bundestag am 2. März 1848 seine Beschlüsse über die Censur auf. In Folge des im März eingetretenen Ministerwechsels trat M. von seiner Stellung zurück und wurde auf Wartegeld gestellt. Im Jahre 1848 trat er in der Presse, namentlich in der Kreuzzeitung, öfter den demokratischen Ausschreitungen entgegen; seit aber 1849 dieses Blatt und die nach ihm benannte Partei die preußische Unionspolitik bekämpfte, richtete er sich in Artikeln der Kreuzzeitung vom 31. Mai, 16. und 17. Juni sowie 10. Aug. [792] 1849 gegen die unionsfeindlichen Ausführungen des Rundschauers jenes Blattes. Im Herbst 1849 wurde er zum Vorsitzenden des „Patriotischen Vereins“ in Berlin gewählt, welcher sich bei allen wichtigen Anlässen durch Kundgebungen im Sinne der constitutionellen Monarchie bemerklich machte, und dem er schon seit Januar 1849 angehörte. Auch suchte er im September durch eine unter seinem Namen erschienene Flugschrift, betitelt „Preußens deutsche Politik und ihre Gegner“ für Preußens entschiedenes weiteres Vorgehen in der Führung Deutschlands zu wirken. Er bekämpfte „den engeren preußischen Standpunkt“ und schilderte in beredter Weise, daß es sich „nicht um verächtliche Zugeständnisse an eine verächtliche Demokratie“, sondern um „eine große, ernste und gerechte Forderung“ des deutschen Volkes handele (s. über diese Schrift die Berl. Zeitung „Deutsche Reform“, Nr. 602, vom 15. Novbr. 1849). Als am 20. Decbr. 1849 an Stelle des deutschen Reichsverwesers die unter dem Namen des „Interim“ bekannte „Provisorische Bundescentralcommission“ als oberste Behörde des deutschen Bundes in Frankfurt a. M. zusammengetreten war, in welcher u. A. Mathis’ Freund, v. Radowitz, Preußen vertrat, wurden ihm die Fächer des Innern und der Justiz bei dieser Behörde übertragen. Oesterreich stellte seit dem 26. April 1850 Versuche an, durch Herstellung des Bundestags eine neue Bundesgewalt an Stelle des am 1. Mai ablaufenden Interims zu schaffen. Nachdem sich in Folge dessen zehn deutsche Staaten hierzu geneigt gezeigt hatten, bewirkte die sich ablehnend verhaltende preußische Regierung im Juni 1850 den Zusammentritt von Bevollmächtigten aller deutschen Regierungen zu freien Conferenzen in Frankfurt a. M. als letzten Versuch einer Verständigung über die Neuordnung der Bundesverhältnisse. Die Wahl der preußischen Bevollmächtigten fiel auf M. und General v. Peuker. In diesen Conferenzen war ersterer beharrlich beflissen, den österreichischen Bestrebungen entgegenzutreten, die Form dieser Zusammenkünfte allmählich in die der früheren Bundesversammlung überzuleiten. Insbesondere hatte er darüber zu wachen, daß hinsichtlich des Vorsitzes der Grundsatz der Gleichstellung Preußens mit Oesterreich durchgeführt werde, während dieses, gleich als ob der Bundesstag schon wieder aufgelebt wäre, die Rechte der Präsidialmacht beanspruchte. M. wahrte den Standpunkt Preußens mit aller Entschiedenheit, sodaß es in diesen Conferenzen Oesterreich nicht gelang, eine Stimme für seinen Plan zu gewinnen. Die Verhandlungen führten zu nichts. M. sah ein, daß Oesterreich nichts als den Bundestag wolle und daß eine Fortsetzung der Verhandlungen nicht räthlich für Preußen sei. So wurden auf seinen Rath die Verhandlungen abgebrochen. Hiernach wurde er noch eine kurze Zeit vom Minister v. Schleinitz und Ende September 1850 von dessen Nachfolger v. Radowitz im Auswärtigen Amte beschäftigt. Gleichzeitig mit des letzteren Entlassung trat er ins Privatleben zurück. Von anderer Seite wurde jedoch für eine fernere Verwerthung seiner Kräfte im Dienste des Landes gesorgt. Der Bezirk Mogilno in der Provinz Preußen wählte ihn von der zweiten Session der zweiten Legislaturperiode an (21. November 1850) zum Mitgliede der ersten Kammer. Dieser gehörte er bis zum Schluß der Periode (19. Mai 1852) an und hielt sich hier Anfangs zu dem Theile der Rechten, welcher als Programm Aufrechthaltung der Verfassung und Fortbildung der organischen Gesetze aufstellte, doch bewahrte er daneben in einzelnen Fällen einen selbständigen Standpunkt. In der dritten Session schloß er sich der Richtung v. Bethmann-Hollweg’s an und gründete mit diesem und anderen Gesinnungsgenossen das „Preußische Wochenblatt“, welches durch die Sachlichkeit und Schneidigkeit seiner Kritik der öffentlichen Vorgänge während der Zeit von 1853–1861 zu bedeutendem Ansehen und Einflusse gelangte, sowie durch die Art seiner Bekämpfung der inneren [793] und äußeren Politik v. Manteuffel’s die Bedeutung eines Parteiorgans für die gemäßigt Liberalen auch im außerpreußischen Deutschland gewann. In der ersten Kammer betheiligte sich M. mit besonderer Lebhaftigkeit an den Verhandlungen über die Gemeinde- und Polizeiverfassung auf dem Lande und über die ministerielle Wiederberufung der gesetzlich aufgehobenen Provinziallandtage. Namentlich erregte die Rede, mit welcher er am 19. Februar 1852 den vom Minister v. Westphalen für letztere Maßregel aufgestellten Gründen entgegentrat, großes Aufsehen, sodaß weitere Kreise auf seine Bedeutung aufmerksam wurden. Der vierte Berliner Wahlbezirk ließ es sich bei den Wahlen vom 3. November 1852 nicht entgehen, ihn zum Vertreter für das Abgeordnetenhaus für 1853–1855 zu wählen. Hier gründete er alsbald die jedoch nach seinem Freunde v. Bethmann-Hollweg genannte Partei. Als Abgeordneter trat er allen Versuchen, an der Verfassung zu rütteln, allem Reactionären in den Gesetzvorlagen und den Willkürlichkeiten in der Verwaltung entgegen. Besonders zeichnete er sich aus in den Verhandlungen über die Bildung des Herrenhauses, den Entwurf einer Städteordnung und über die wider den „Neuen Elbinger Anzeiger“ auf Betrieb des reactionären „Preußenvereins“ angewandten polizeilichen Maßregeln. Letzteren Fall benutzte er am 12. Mai 1853 zu einem entschiedenen Auftreten für den gesetzlichen Schutz der Preßfreiheit und stellte die Behauptungen des Regierungsvertreters, welcher weitgehende Auslegungen des Preßgesetzes vertheidigte, als für die Regierung höchst bedenklich hin. Derselben rief er zu: „Eine Regierung verlangt vor Allem Achtung und Vertrauen im Lande. Wo aber sollen Achtung und Vertrauen bleiben, wenn Gesetze in einer Weise durch Deductionen, denen die Sophistik an der Stirn geschrieben ist, ausgelegt werden?“ In anderen Fällen widerlegte er die Gründe, aus welchen, durch Umgehung der Verfassung, die jüdischen Rittergutsbesitzer von den Kreistagen ausgeschlossen wurden, und bekämpfte er die Wiederherstellung des Jagdrechts auf fremdem Grund und Boden. Doch gab es auch Fälle, in welchen er für das Ministerium stimmte. Im Herbst 1854 machte das von Mathis’ Richtung grundverschiedene Ministerium Manteuffel den Versuch, seine Kräfte für die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen zu gewinnen. Als Mitglied des damals wieder ins Leben gerufenen Staatsraths schied er schon bald aus jener Thätigkeit wieder aus, weil er einsah, daß auch hier die Tendenz des Ministers v. Westphalen, welcher dem Staatsrathe Entwürfe einer ländlichen Gemeinde- und Polizeiverfassung vorgelegt hatte, jede Mitwirkung für ihn unmöglich mache. Für die vierte Periode (1855–1858) vom vierten Berliner Wahlbezirke am 8. October 1855 gegen den Finanzminister Rabe wiedergewählt, trat er im Abgeordnetenhause, statt des nicht wieder eingetretenen v. Bethmann-Hollweg, an die Spitze der jetzt nach ihm selbst genannten Partei und fuhr fort das Ministerium Manteuffel-Westphalen zu bekämpfen. Besonderen Eindruck machte im ganzen Lande die Rede, mit welcher er den Antrag des Grafen Schwerin wegen des illoyalen Verfahrens der Regierung bei den letzten Abgeordnetenwahlen unterstützte. Dagegen stimmte er auch in dieser Periode in einzelnen Fällen für die Regierung, so beim Ehegesetzentwurf und bei der Frage wegen Ablösbarkeit kirchlicher Abgaben. Keine von Mathis’ öffentlichen Handlungen hat jedoch so tiefen Eindruck in den weitesten Kreisen hervorgerufen, als sein zuerst im Frühjahr 1856 gestellter und, nach baldigem Schlusse dieser Session, im Januar 1857 wiederholter Antrag, die Erwartung auszusprechen, „die Staatsregierung werde das polizeiliche Einschreiten der Behörden in Betreff der Presse in die Schranken der gesetzlichen Vorschriften zurückführen und dadurch verhindern, daß dieses Einschreiten die verfassungs- und gesetzmäßig begründete Freiheit der Presse vernichte oder verkümmere“. Beigefügt war eine längere Reihe der Beschwerdepunkte und ausführliche Motive. Bei der [794] Verhandlung im Abgeordnetenhause begründete M. den Antrag mit scharfsinnigen Ausführungen und trat namentlich der durch den Minister des Innern geübten Praxis der Concessionsentziehung entgegen. Die dem Ministerium sonst unbedingt ergebene Mehrheit trat im April 1857 zweien jener Beschwerdepunkte bei und nahm, wenn sie auch Mathis’ Antrag im Uebrigen ablehnte, doch eine Erklärung an, in welcher eine Mißbilligung des Verfahrens der Regierung zu erkennen gegeben und der Wunsch nach Aenderung ausgesprochen war. In der That trat die Preßverwaltung hinfort vorsichtiger auf. Im März 1858 ging er noch einmal gegen die regierungsseitige Handhabung der Presse vor und erklärte sich gegen die vom Minister des Inneren vertretenen Uebergriffe der Berliner Polizeiverwaltung bei der beabsichtigten Gründung eines „Intelligenzblattes“ zum Besten der Polizeikassen. Außerdem ließ er sich als lebhafter Vertheidiger einer ausgedehnten Bankfreiheit vernehmen. Als in Folge des Umschwunges vom October 1858 die demokratische Partei sich am öffentlichen Leben wieder zu betheiligen begann, wurden beim Herannahen der 5. Legislaturperiode (1858–1861) im 4. Berliner Wahlbezirke Mathis’ Wiederwahl Schwierigkeiten bereitet, besonders wegen seiner Abstimmung für das Ehegesetz. Die Mehrheit der Wähler ließ sich freilich hierdurch nicht beirren, er lehnte jedoch die am 23. Novbr. 1858 hier auf ihn gefallene Wahl ab und nahm die für Ober- und Niederbarnim an. Nunmehr unterstützte er mit seiner verstärkten Partei im Abgeordnetenhause, welches ihn in allen 3 Sessionen zum Vicepräsidenten wählte, das Ministerium des Fürsten Hohenzollern[WS 1]. Mit Beginn des Jahres 1860 trat er auch formell aus dem Staatsdienste und erhielt vom Prinzen-Regenten den rothen Adlerorden. Der Berliner Stadtverordnetenversammlung gehörte er seit 1857 an. Einen 1862 an ihn ergangenen Ruf des Prinz-Regenten zur Uebernahme einer Vertrauensstellung in dessen Umgebung lehnte er ab. Unterm 15. Decbr. 1862 wurde er zum Präsidenten des Consistoriums der Provinz Brandenburg und Ende Januar 1865 zum Präsidenten des evangelischen Oberkirchenraths ernannt. In dieser Stellung, welche seit dem Tode v. Uechtritz’s (29. August 1863) erledigt war, hat er die 1873 zu Stande gekommene Kirchenverfassung in Gemeinschaft mit seinem späteren Nachfolger Hermes vorbereitet. Er gehörte der sog. positiven Union an. Theils wegen asthmatischen Leidens, theils mit Rücksicht auf den Fall des Predigers Sydow in Berlin, dessen Durchführung er jüngeren Kräften überlassen zu müssen glaubte, bat er 1872 um Versetzung in den Ruhestand, welcher ihm vom 1. Juli an unter Verleihung des Kronenordens 1. Cl. und unter dankbarer Anerkennung seiner geleisteten Dienste durch ein Handschreiben des Königs zu Theil wurde. Die Angaben des in „Unsere Zeit“ (Leipzig 1860) über ihn erschienenen Aufsatzes hat er selbst als richtig bezeichnet. Die vorerst unzugänglichen Denkwürdigkeiten seines Lebens befinden sich im Besitze des Sohnes, Consistorialraths M., Pfarrers an der St. Lucaskirche in Berlin.


[790] *) Zu Bd. XX S. 594. Ohne Schuld des Herrn Verfassers durch ein unliebsames Versehen verspätet.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Karl Anton Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen (1811-1885), 1848/49 letzter regierender Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen, 1858-62 preußischer Ministerpräsident; siehe den Artikel bei Wikipedia.