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ADB:Ludwig I. (Großherzog von Baden)

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Artikel „Ludwig Wilhelm August, Großherzog von Baden“ von Friedrich von Weech in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 491–493, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ludwig_I._(Gro%C3%9Fherzog_von_Baden)&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 12:30 Uhr UTC)
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Ludwig Wilhelm August, Großherzog von Baden, zweiter Sohn des Großherzogs Karl Friedrich (s. d. Art.) aus dessen Ehe mit der Prinzessin Karoline Louise von Hessen-Darmstadt, wurde zu Karlsruhe am 9. Febr. 1763 geboren und starb daselbst am 30. März 1830. Die bei Gründung des Fürstenbundes Seitens des Markgrafen von Baden bethätigte Hinneigung zur preußischen Politik fand einen Ausdruck auch in dem Eintritte des Prinzen L. in preußische Kriegsdienste. Noch von König Friedrich II. in die preußische Armee aufgenommen, wurde er im J. 1789 von König Friedrich Wilhelm II. zum Obersten und Commandeur des Bataillons Rohdich, nachherigen Grenadier-Garde-Bataillons ernannt, in welcher Eigenschaft er mehrere Jahre zu Potsdam in Garnison stand. 1792 mit seinem Bataillon an den Rhein marschirt, nahm er an mehreren Gefechten gegen die Armee der französischen Republik rühmlichen Antheil. 1793 wurde Prinz L. zum Generalmajor und zum Chef des Jung-Barnstedtischen [492] Infanterieregiments ernannt. Als solcher stand er in Magdeburg in Garnison, bis im J. 1795 die Veränderung, die in den politischen Verhältnissen eingetreten war, seinen Austritt aus preußischen Kriegsdiensten und seine Heimkehr nach Baden veranlaßte. Dort übernahm er das Commando eines Infanterieregiments und führte, an die Spitze des Kriegsdepartements gestellt, die erprobten Einrichtungen der preußischen Armee in Baden ein. Sein Einfluß auf die militärischen Zustände des Großherzogthums mißfiel dem Kaiser Napoleon und dessen Machtwort verbannte ihn aus der Residenz nach dem säcularisirten Kloster Salem, welches ihm und seinem jüngeren Bruder, Prinz Friedrich, als Entschädigung für die durch die Revolution verlorenen Familiengüter jenseits des Rheins zugefallen war. Nach Napoleons Sturz wieder in die Residenz zurückgekehrt, hielt er sich von allen Staatsangelegenheiten fern, bis ihn der Tod seines Neffen, des Großherzogs Karl, der keine männlichen Erben hinterließ (Bd. XV, 248 f.), am 8. December 1818 auf den Thron berief. Kurz vorher, am 22. August 1818, hatte dieser seinem Lande eine Verfassungsurkunde gegeben, und eine der ersten Regierungshandlungen des Großherzogs L. war die Genehmigung einer dazu gehörigen Wahlordnung, welche sein Vorgänger nicht mehr unterzeichnet hatte. Die Stellung eines constitutionellen Fürsten entsprach weder den persönlichen Neigungen noch den Anschauungen, in denen L. aufgewachsen und alt geworden war. Es fehlte demnach schon in der ersten Tagung der Landstände, die der Großherzog am 22. April 1819 persönlich eröffnete, nicht an Conflicten zwischen den auf Erweiterung ihrer Rechte hinarbeitenden Abgeordneten der zweiten Kammer und der Regierung des Großherzogs L., der sich keineswegs geneigt zeigte, solchen Bestrebungen zu willfahren. Die Haltung der zweiten Kammer gegenüber dem auf Andrängen des Bundestags erlassenen Edict zur Regelung der Rechtsverhältnisse des grundbesitzenden Adels veranlaßte eine ungnädige Vertagung der Stände am 28. Juli 1819, und als dieselben, nach eifriger Betheiligung des badischen Staatsministers Freiherrn v. Berstett (Bd. II, 508) an dem Zustandekommen der Karlsbader Beschlüsse und an den Berathungen der Wiener Ministerialconferenzen, wieder zusammentraten, gelang es nur der großen Mäßigung der einflußreichsten Abgeordneten, den Ausbruch offener Feindseligkeiten hintanzuhalten. Um so stürmischer verlief der Landtag von 1822. Nachdem im Verlaufe der Verhandlungen die verschiedensten Regierungsvorlagen und einige den Grundsätzen der österreichischen wie der Bundespolitik widersprechende Motionen aus der Mitte der Abgeordneten heraus Anlaß zu heftigen Debatten gegeben, wurde der chronische Conflict zu einem acuten, als die zweite Kammer, hauptsächlich auf Antreiben des Abgeordneten v. Itzstein (Bd. XIV, 649), beim Militärbudget, allerdings nur mit der Mehrheit einer Stimme, den Jahresetat in der Höhe, welche die Regierung unter Berufung auf ihre Bundespflichten festgestellt hatte, verwarf. Diesem Beschlusse folgte der sofortige Schluß des Landtags und die Veröffentlichung eines Manifestes, welches dem Landtage die Schuld aufbürdete, das Zustandekommen des Budgets verhindert zu haben. Wie schwer den Großherzog L. dieser Beschluß verletzt hatte, bewies unter Anderem der Umstand, daß keines der auf diesem Landtage zu Stande gekommenen Gesetze publicirt wurde. Dem darauf folgenden Landtage, aus dem durch den Einfluß, welchen die Regierung auf die Wahlen ausübte, alle Oppositionsmänner bis auf drei verdrängt waren, wurden Verfassungsänderungen vorgelegt und von demselben auch angenommen, wonach statt der bisherigen von zwei zu zwei Jahren eintretenden theilweisen Erneuerung der zweiten Kammer alle sechs Jahre eine Integralerneuerung stattfinden und der Landtag nicht mehr alle zwei, sondern hinfort nur alle drei Jahre sich versammeln sollte. Die beiden Landtage von 1825 und 1828 bewegten sich in ausschließlich geschäftlicher Form [493] und ohne auf einem der Gebiete der Gesetzgebung, die der erste Landtag in den Kreis seiner Verhandlungen hereingezogen hatte, irgend einen Fortschritt zu bezeichnen. – Wenn so die Regierung des Großherzogs L. verlief, ohne in dem politischen Leben des Landes erfreuliche Spuren zu hinterlassen, so erwarb sich dieser Fürst doch ein bleibendes Verdienst um sein Volk durch die Ordnung, die er mit der ausgezeichneten Unterstützung seines Finanzministers v. Böckh in die während der langen Kriegsjahre völlig zerrütteten Finanzen des Landes brachte. Hier war seine in der preußischen Schule erworbene Anschauung von den Erfordernissen eines geordneten Staatshaushaltes von durchschlagender Wirkung. In den 11 Jahren seiner Regierung vollzog sich der Uebergang von zur Regel gewordenen Deficits zu eben so regelmäßigem Vorhandensein von Ueberschüssen. Sonst sind es zwei dem kirchlichen Gebiet angehörende Ereignisse, welche der Regierung des Großherzogs L. eine Bedeutung in der Landesgeschichte und zugleich in der Geschichte Deutschlands verleihen, die Begründung der oberrheinischen Kirchen-Provinz mit dem Metropolitansitz in Freiburg und die erste Besetzung des erzbischöflichen Stuhles daselbst und der Vollzug der Union der lutherischen und reformirten Gemeinden Badens. Als L. starb, athmete das Land auf und jubelte seinem Nachfolger, seinem Halbbruder Großherzog Leopold, hoffnungsvoll entgegen.

Vgl.: Baden unter den Großherzogen Karl Friedrich, Karl, Ludwig von Fr. v. Weech. Freiburg i. Br. 1863.