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ADB:Krumper, Johann

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Artikel „Krumper, Johann“ von Bernhard Grueber in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 249–253, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Krumper,_Johann&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:16 Uhr UTC)
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Krumper: Johann K. (Krumpter), Bildhauer und Erzgießer, wurde im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts zu Weilheim geboren und war bereits während der Regierung des Herzogs Wilhelm V. von Baiern (1579–1597) in dessen Aufträgen beschäftigt. Ueber die Lebensverhältnisse dieses ausgezeichneten Künstlers fehlen sozusagen alle Nachrichten, was um so unbegreiflicher erscheint, als derselbe den größten Theil seiner Lebenszeit in München zubrachte, sich einer angesehenen Stellung erfreute und außerordentlich viel zur Verschönerung der Stadt beigetragen hat. Eine vom Verfasser dieses Artikels am Schlusse des Jahres 1880 nach Weilheim gemachte Reise, um die dortigen Kirchenbücher zu untersuchen, gewährte nur insofern einige Aufschlüsse, als durch das dort erhaltene Häuserverzeichniß vom J. 1620 die Abstammung des Künstlers von einer seit langer Zeit allda ansässigen Familie festgestellt wurde. Die Taufbücher daselbst reichen nur bis zum J. 1635. Es ergab sich, daß bereits 1504 in der Schmiedgasse zu Weilheim ein Bildhauer Namens Thomas Krumpter wohnte, ferner daß etwas später ein Adam Krumper in derselben Gasse Hausbesitzer war. Endlich erscheint unter den Wohlthätern, welche zum Wiederaufbau der durch Brand zerstörten Stadtpfarrkirche Weilheims beigetragen haben, im J. 1626: „Herr Johann Khrumpper, churfürstlicher Baumeister und Bossirer in München.“ – Wir besitzen somit eine urkundliche Nachricht, daß der berühmte Erzgießer aus einer alten Bildhauerfamilie hervorgegangen sei und dürfen annehmen, daß er im elterlichen Hause die Anfangsgründe der Kunst erlernt habe. Wo K. sich weiter ausgebildet und durch welche Meister er unterrichtet wurde, ist in völliges Dunkel gehüllt. Da der Erzguß früherhin in Baiern (nämlich im damaligen Umfange des Landes) nicht geübt wurde und der kunstfreundliche Herzog Wilhelm niederländische Meister berufen hatte, um die von ihm erbaute St. Michaelskirche [250] mit Erzstatuen schmücken zu lassen, ist wahrscheinlich, daß der junge K. bei den Bildhauern und Kunstgießern Hubert Gerhard und Martin Frey, welche zwischen 1580 bis 1600 in München wirkten und unter Anderem das kolossale Standbild des Erzengels Michael für die genannte Kirche fertigten, in die Lehre gegangen sei. Durch diese Meister kam K. unvermeidlich mit dem vielseitig gebildeten Peter de Witte, genannt Candid, in Berührung, welcher als Hofmaler und Architekt 1578 in bairische Dienste getreten war, später unter dem Kurfürsten Maximilian I. die neue Residenz in München erbaute und in Kunstangelegenheiten einen überwiegenden Einfluß übte. Candid scheint das Talent Krumper’s frühzeitig erkannt zu haben, wie sich aus dem Umstande ergibt, daß Letzterer für den Residenzbau alle Erzarbeiten zu liefern hatte. – Die ersten Werke, mit denen K. als selbständiger Meister auftrat, waren für die Michaelskirche bestimmt, nämlich ein überlebensgroßes Crucifix, vor welchem die heilige Magdalena betend kniet, dann die Statue eines Engels, der das Weihwasserbecken hält; beide Arbeiten zwar etwas im Geiste der Zeit stilisirt, aber von tadellosem Guß und reiner Ciselirung. Nun folgten die nach Candid’s Entwürfen ausgeführten Gußarbeiten für die Westfronte der Münchener Residenz, eine große Anzahl von Statuen, Genien, Wappen und Decorationen, annähernd zwischen 1610–1616 vollendet. Die Mitte der Façade ist durch einen hohen Nischenbau ausgezeichnet, in welchem die Himmelskönigin als Beschützerin Baierns (Patrona Bavariae) thront. Darüber auf einer Krönung sieht man Engel mit Kränzen, unterhalb eine riesige Laterne von Bronze. Zur Rechten und Linken dieses Mittelbaues befinden sich die Portale, neben denen je zwei bronzene Löwen als Wappenträger auf marmornen Postamenten ruhen. Auf den gebrochenen Giebeln der Portale sitzen allegorische Gestalten: die Weisheit, Mäßigkeit, Gerechtigkeit und Tapferkeit vorstellend, nebenan sind Wappen, Embleme und Fruchtgehänge eingeschaltet, alles in Erz gegossen und sorgfältig ciselirt. – Während an der Residenz gearbeitet wurde, faßte Kurfürst Maximilian den Entschluß, seinem glorreichen Ahn, dem Kaiser Ludwig IV. dem Baier, ein würdevolles Denkmal errichten zu lassen und beauftragte seinen Hofbaumeister Candid, den Plan zu entwerfen. Dieser scheint sich an Michel Angelo’s erste Skizze für das Monument des Papstes Julius II. gehalten zu haben, indem er einen mit Figuren umgebenen Katafalk projectirte, welcher sich über dem in der Frauenkirche zu München befindlichen Grabe des Kaisers erheben sollte. Natürlich wurde ein kleinerer Maßstab gewählt, auch sollten alle Statuen und sonstigen Decorationen aus Erz hergestellt werden. Mit der Ausführung wurde unverzüglich begonnen, so daß die Vollendung des Ganzen schon 1622 erfolgte. Der Katafalk hat seinen Platz im Mittelschiffe der Kirche, ist 16½ Fuß lang, 11 Fuß breit und 13 Fuß hoch und besteht aus schwarzbraunem Marmor mit reichen Einlagen von Bronze. An den beiden Langseiten stehen die 7½ Fuß hohen Erzstatuen der Herzoge Albrecht V. und Wilhelm V., erstere an der Nordseite in mittelalterlicher Fürstentracht, die zweite südwärts im Ordenskleid des goldenen Vließes; die vier Ecken aber werden durch geharnischte knieende Wächter ausgefüllt, ausdrucksvolle Gestalten, welche Standarten tragen und ebenfalls in Erz gegossen sind. Oben auf der Dachung erblickt man zwei liebliche Frauenbilder mit den Insignien der Kaiserwürde, Schwert, Scepter und Reichsapfel, in der Mitte zwischen denselben ruht auf einem hohen Gestelle die deutsche Reichskrone. Diese Gruppe ist umgeben mit Genien, welche Wappen, Lorbeerkränze und Embleme halten. – Neben den aufgezählten rund gearbeiteten Bildwerken kommen an dem Grabmale noch sehr viele Einlagen aus Bronze vor: Masken, Gewinde, Engelsköpfe u. dgl., dann vier große Kandelaber und ein Erzgitter, das den Bau umzieht. Ueberschaut man die Masse der hier angebrachten Sculpturen [251] und bedenkt den Umstand, daß K. die doppelte Aufgabe zugefallen war, alle Theile selbst zu modelliren und dann zu gießen, möchte man glauben, daß dieses Unternehmen seine lebenslängliche Thätigkeit in Anspruch genommen habe. Doch dürfte er nur etwa fünf Jahre mit dem Werke beschäftigt gewesen sein, denn im Residenzbau harrte seiner eine neue großartige Aufgabe, indem zwei Brunnen mit Erzbildnereien ausgestattet werden sollten: der eine im großen Hofe, der zweite kleinere im sogenannten Grottenhof, einem mit offenen Lauben umzogenen Gärtchen. Diese Arbeiten dürften gleichzeitig gefördert worden sein, vielleicht die im Grottenhof etwas früher, da dieser Flügel zuerst bewohnt wurde. Die Form des hier befindlichen Brunnens ist nicht mehr ganz die ursprüngliche, die das Bassin umgebenden Figuren sind späterhin anders aufgestellt und aus dem Zusammenhang gebracht worden: nur die mittlere Partie blieb unverändert. Auf einer nur um ein Weniges über das Bassin emporragenden Säule steht Perseus, den einen Fuß auf den Körper der enthaupteten Medusa gesetzt, in der Rechten das Schwert, in der Linken das von Schlangen umringelte Haupt haltend. Die Gruppe erinnert an die berühmte Statue des Perseus von Cellini (in der Loggia de’ Lanzi zu Florenz), die Durchbildung jedoch ist eigenartig und die Figuren erreichen nicht volle Lebensgröße. Acht Kindergestalten, mit Fischen und anderen Wasserthieren spielend oder ringend, stehen nun in symmetrischer Anordnung im Garten umher und zeigen allerlei Beschädigungen, welche sie durch das Versetzen erlitten haben.

Ganz unverändert ist der große Brunnen geblieben, nächst dem Grabmal das Hauptwerk Krumper’s. In der Mitte eines rechteckigen, aber mit ovalen Ausbeugungen versehenen Wasserbeckens aus Sandstein erhebt sich ein reich verziertes marmornes Postament, welches die eherne Bildsäule des Herzogs Otto von Wittelsbach, des Stammvaters der gegenwärtig noch regierenden Fürstenfamilie, trägt. Die gegen 7 Fuß hohe Statue ist ebenso würdevoll aufgefaßt wie meisterlich gegossen und sogar das Costüm zeitgemäß angeordnet. Auf den vorspringenden Rundungen des Beckens sind vier lebensgroße Figuren in liegender Stellung angebracht, die Hauptflüsse Baierns, Donau, Inn, Isar und Lech vorstellend: an den vier Ecken aber sieht man die aufrecht stehenden Göttergestalten Vulkan, Neptun, Juno und Ceres, die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde repräsentirend. Die sich ergebenden Zwischenräume werden durch Tritonen und allerlei Ungeheuer ausgefüllt. Daß die Entwürfe zu diesen beiden Brunnen von Candid gefertigt wurden, ist erwiesen, bei Ausführung der Einzelheiten jedoch scheint K. vollkommen freie Hand gehabt zu haben. Es ergibt sich dies zunächst bei Betrachtung des Mariendenkmals auf dem sogenannten Schrannenplatz in München, welches erst 1638, zehn Jahre nach dem Tode Candid’s, hergestellt wurde. Kurfürst Maximilian hatte in der Schlacht auf dem Weißen Berge bei Prag (8. November 1620) gelobt, zu Ehren der unbefleckten Empfängniß ein Standbild zu errichten, doch wurde die Ausführung durch allerlei Umstände verzögert. Das Denkmal besteht aus einem quadratischen Unterbau und einer 30 Fuß hohen Säule mit korinthischem Kapitäl, auf dem die Statue der heiligen Jungfrau ruht. Kapitäl und Figur sind in Erz gegossen und reich vergoldet, die Säule aber, der Unterbau und ein das Ganze umziehendes Geländer wurden von dem Steinmetzmeister König aus Marmor erbaut. Den Säulenfuß umgeben vier große auf dem Unterbau angebrachte Erzgruppen: mit Schwertern und Helmen bewaffnete Engel, welche die als schlangenartige Ungeheuer dargestellten Sinnbilder der Zwietracht, Rebellion und Ketzerei bekämpfen und niederwerfen. Die oft nachgebildete, aber nie erreichte Marienfigur gehört zu den edelsten Gebilden des Jahrhunderts und ist ganz frei von der Geziertheit, welche damals einzureißen begann und durch Bernini zur Herrschaft gelangte. Die unteren [252] Gruppen sind äußerst lebendig und geistreich componirt, sie tragen wesentlich bei, den Eindruck des bedeutsamen Werkes zu erhöhen. Dieses Denkmal scheint die letzte größere Arbeit Krumper’s gewesen zu sein, nach dem Jahre 1638 wird keine mehr genannt, auch der Meister selbst fernerhin nicht wieder erwähnt. Der 30jährige Krieg, in dessen Verlaufe Baiern wiederholt aufs Entsetzlichste verheert wurde, erklärt den Mangel an Nachrichten über Privatpersonen zur Genüge; unzählige Kirchen und öffentliche Gebäude mit ihren Archiven gingen in Flammen auf, werthvolle Kunstwerke wurden geraubt oder vernichtet. Dieses Schicksal mag auch so manches Gebilde von Krumper’s Hand betroffen haben, wie denn von verschiedenen ehemals im Tempel des Hofgartens befindlichen Erzarbeiten eine einzige auf uns gekommen ist, nämlich die Statue einer Diana, welche auf dem Dachfirst des Tempels ihren Platz gefunden hat und vermöge ihrer Stellung weder beschädigt noch verschleppt werden konnte. Diese Figur darf wol den späteren und besten Schöpfungen des Meisters beigezählt werden; sie ist ganz im Geiste der Antike aufgefaßt und mit einer Feinheit durchgebildet, wie sie an gleichzeitigen Bildhauerarbeiten nicht wieder getroffen wird und nur durch gründliche Studien antiker Meisterwerke erworben werden konnte. Dieser bemerkenswerthe Umstand gibt Anlaß, den Bildungsgang des Meisters, soweit sich aus seinen Werken entnehmen läßt, einer näheren Prüfung zu unterziehen, um wenigstens einige Aufklärung über sein Streben und seine Thätigkeit zu gewinnen.

Die frühesten auf uns gekommenen Arbeiten Krumper’s, die oben erwähnten Erzstatuen in der Michaelskirche, lassen bereits den vollendeten Gußmeister erkennen, welcher jedoch als Bildhauer seiner Sache noch nicht ganz sicher ist und dessen Zeichnung an manchen Schwächen leidet. Dann zeigen die Gesichter der heiligen Magdalena und des Engels mit dem Weihwasserbecken kein ideales Gepräge, sie gleichen sich auffallend und sind nach einem hübschen Mädchen geformt, wie man deren in Oberbaiern häufig trifft. Es ist augenscheinlich, daß K. in seiner ersten Schule zwar die Technik der Formerei und des Erzgusses gründlich erlernt, aber in künstlerischer Hinsicht nicht die gleichen Fortschritte gemacht hat. Die Anfertigung dieser Werke mag um 1600, eher etwas früher, stattgefunden haben, darauf begannen die Arbeiten am Residenzbau unter Oberleitung Candid’s, welcher auf K. einen sehr bedeutenden Einfluß übte. Candid, seit 1578 in München wohnend, war anfänglich nur als Maler beschäftigt und fertigte Altarbilder für verschiedene Kirchen Baierns, bis er 1601 vom Kurfürsten Maximilian den Auftrag erhielt, den Plan für eine neue Residenz zu entwerfen und die Bauleitung zu übernehmen. Er führte nicht allein das ganze Gebäude mit Glück durch, sondern schmückte auch viele Prachtzimmer und Räume mit Frescomalereien und scheint bei diesen Unternehmungen K. zum Gehülfen erwählt zu haben, weshalb letzterer in Rechnungen und Verzeichnissen auch als Maler und Baumeister vorkommt. Was K. in dieser Beziehung geleistet, ist unbekannt; in seinen Erzbildern aber gibt sich fortan ein großer Fortschritt kund, die Zeichnung ist stets correct, der Faltenwurf naturgemäß und in den Einzelheiten ganz nach der Art Candid’s durchgebildet. Eine größere Selbständigkeit offenbart sich an den Statuen des Grabmals für Kaiser Ludwig den Baier; rührt auch die Erfindung nicht von K. her, erforderte doch die Modellirung der kolossalen Figuren einen Künstler von schöpferischem Talent und vielseitigen Kenntnissen. (Von dem Grabmal existiren viele ältere und neuere Abbildungen in Kupferstich und Lithographie. Eine sehr gelungene Zeichnung der Statue des Herzogs Albrecht V. befindet sich in dem Atlas zu Kugler’s Handbuch der Kunstgeschichte, Tafel 90, Figur 8. Die Statuen Krumper’s, sowohl die des Kaisergrabes wie des großen Brunnens wurden im J. 1864 für das englische Nationalmuseum in Gyps abgeformt.) Die kleinen Ausstattungsarbeiten hingegen, die Masken, Laubgewinde u. dgl. [253] erscheinen etwas nüchtern und zum Theil geschmacklos, Mängel, von denen auch Candid’s Werke nicht frei sind. Nach Vollendung des Grabmals scheint K. Italien bereist und die Meisterwerke der Florentiner, besonders aber die Antiken studirt zu haben; seine späteren Arbeiten erinnern wenig an Candid’s Manier und zeigen nicht allein geläuterten Geschmack, sondern unmittelbare Einwirkungen der antiken Sculpturen, welche besonders in den Kinder- und Frauengestalten hervortreten. So stellt sich z. B. die Figur der Juno am großen Brunnen unverkennbar als Umbildung der mediceischen Venus dar; Bewegung, Kopf, Haarschmuck und sogar der Ausdruck des Gesichtes sind diesem Vorbild entnommen. Aehnliches läßt sich auch von den spielenden Kindern des kleinen Brunnens sagen, während der dortige Perseus und die Marienstatue auf dem Schrannenplatze an italienische Werke erinnern. Das Todesjahr des Meisters ist nicht verzeichnet: er dürfte, nach seinen Arbeiten zu schließen, etwa 70 Jahre alt geworden sein. In neuester Zeit wurde eine der Straßen Weilheim’s mit dem Namen „Krumper-Straße“ belegt.

Chronik der Stadt Weilheim von C. A. Böhaimb. – Geschichte der deutschen Kunst von E. Förster, III. S. 21. – Lipowsky, Baier. Künstlerlexikon. Eigene Untersuchungen in München und Weilheim.