ADB:Kielmansegg, Friedrich Graf von
Ludwig Friedr. v. K., s. S. 720, war am 15. Decbr. 1768 geboren. Ausgesprochene Vorliebe für den Soldatenstand trieb ihn schon früh zu militärischen Studien, welchen er namentlich zu Straßburg oblag, seine Eltern versagten ihm jedoch den Eintritt in den Dienst und erst als 1793 der Krieg mit Frankreich entbrannt war, durfte er seiner Neigung folgen. Er trat als Freiwilliger in das landgräflich hessen-casselsche Dragonerregiment Prinz Friedrich, erhielt hier bald das Commando einer Schwadron und führte dieselbe während der zweiten Hälfte des Feldzugs von 1793 in den Niederlanden. Im Winter 1793/94 verfolgte er in England vergeblich den Wunsch, ein Jägercorps zu errichten, wozu er gemeinsam mit Scharnhorst den Plan entworfen hatte; auf den Kriegsschauplatz zurückgekehrt, erkrankte er schwer und wurde dadurch bewogen, dem Soldatenstande für jetzt zu entsagen. Im J. 1803 ward er in hannoverschen Diensten als Adjutant bei dem mit dem Commando der Avantgarde betrauten General-Lieutenant v. Linsingen angestellt; die Capitulation von Artlenburg machte indeß seiner kriegerischen Laufbahn wiederum ein rasches Ende. Sein patriotischer Sinn ließ ihn den Dienst der Fremdherrschaft verschmähen, obgleich, bis im J. 1810 eines Oheims Tod ihn in den Besitz bedeutender Güter in Holstein brachte, seine äußere Lage zeitweise eine sehr bedrängte war; seine Bestrebungen auf Herstellung der alten Verhältnisse einten sich mit denen seines älteren Bruders und sobald dieser im Frühling 1813 von England zurückgekehrt und die Zeit gekommen war, legte er Hand ans Werk und schritt zur Errichtung eines nach ihm genannten Jägercorps (v. Düring, Geschichte des Kielmansegg’schen Jägercorps, Hannover 1863). Zur Aufstellung desselben fehlte es vor allem an Geld; da zögerte K. nicht, auf seine Güter 36000 Thaler Gold aufzunehmen und für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen. Die Organisation seiner auf vier, je fünf Offiziere, 12 Oberjäger, 120 Jäger, vier Halbmondbläser zählende Compagnien berechneten Schar nahm nun raschen Fortgang; eine Jägerschwadron, deren Errichtung gleichfalls beabsichtigt war, kam dagegen nicht zu Stande. Nur 12 Jäger waren beritten und außerdem gehörten zwei dreipfündige Geschütze zum Corps. Die Jäger, fast ausschließlich Forstbediente und mit eigenen Büchsen bewaffnet, wurden zunächst zur Vertheidigung von Hamburg verwandt, fochten dann im Mecklenburgischen und Lüneburgischen, namentlich bei der Göhrde, zogen an der Spitze der vaterländischen Krieger am 28. October in die Stadt Hannover ein, nahmen am Winterfeldzuge in Holstein und darauf an der Belagerung von Hamburg Theil und rückten im Februar nach den Niederlanden, wo sie indeß erst anlangten, als die Kämpfe im wesentlichen beendet waren. Oberst Graf K. hatte während dieser Zeit vielfach aus allen Waffen zusammengesetzte Commandos geführt; nachdem der erste Pariser Frieden geschlossen war, übernahm er das Commando von Wallmoden’s Corps. Bravour und Charakter mußten die Mängel der Fachbildung ausgleichen. Im Herbst 1814 wurde sein Jägercorps aufgelöst, die meisten Mitglieder desselben kehrten zu ihren eigentlichen Geschäften zurück, K. blieb Soldat. Bald begann der Krieg von neuem; K. führte die erste hannoversche Brigade der dritten Division unter General Karl v. Alten. Schon bei Quatre-Bras leistete er wesentliche Dienste; unter des Divisionscommandeurs Befehl rechtzeitig eingetroffen, um Ney’s übermächtigem Anstürmen gegenüber den bedrängten Waffenbrüdern Beistand zu leisten, deckte er am folgenden Tage den Rückzug in die Stellung von Waterloo und in dem hier am 18. Juni stattfindenden Entscheidungskampfe, waren es seine, im Centrum der Schlachtlinie aufgestellten Bataillone, welche, in Carrés formirt, an dem mannhaften Widerstande, der Napoleons auf den Durchbruch der Mitte berechnete Absichten zum Scheitern brachte, hervorragenden Antheil hatten. K. selbst hatte [718] an des verwundeten Alten Stelle das Commando der Division übernommen, seine Brigade, aus den Feldbataillonen Herzog v. York, Bremen, Verden, Grubenhagen und Lüneburg bestehend, zählte an Todten und Verwundeten 23 Offiziere und 500 Mann. Bis zum J. 1832 blieb er im ausübenden Dienste, dann zog er sich, durch zunehmende Schwerhörigkeit veranlaßt, zurück und starb am 18. Juli 1851 zu Hannover.
Kielmansegg: Friedrich Otto Gotthard Graf von K., hannoverscher General der Infanterie, Bruder von- Familien-Chronik der Herren, Freiherren und Grafen von Kielmansegg, Leipzig und Wien 1872; Hannoversche Zeitung vom 10. August 1851.