ADB:Keyserling, Dietrich Freiherr von
Könige zum Gesellschafter des Kronprinzen ernannt, dessen innigster Freund er bis zu seinem Tode blieb. Es war die erste Bitte des Kronprinzen nach seiner Begnadigung, K. wieder als Adjutanten und Begleiter zu erhalten. In Rheinsberg gehörte K. zum Bayardorden und hatte den Namen Cäsarion, wie Friedrich der Große ihn auch später immer nannte. Als K., seit 1732 Rittmeister, zum Regimente zurückkehrte, unterhielten die Freunde einen lebhaften Briefwechsel und Cäsarion kam oft zum Besuch nach Rheinsberg. Als er 1737 im Auftrage des Kronprinzen nach Cirey reiste um Voltaire nach Rheinsberg einzuladen, und um „das goldene Vließ“, d. h. sämmtliche, auch anonyme Werke Voltaire’s zurückzubringen, überbrachte er einen Brief Friedrichs, in dem es heißt: „Caesarion a le malheur d'être né Courlandois, mais il est le Plutarque de cette Béotie moderne; je vous le recommende à possible. Il a le rare avantage d'être homme d’esprit et discret en même temps. Confiez-vous entièrement à lui. Je dirai en le voyant partir
Keyserling: Dietrich Freiherr von K., wurde am 5. Juli 1698 zu Octen in Curland geboren. Der Vater, Johann Ernst, war Comthur in Darben, die Mutter Amalie de la Chiesa, aus einer vornehmen italienischen Familie. K. wurde mit großer Sorgfalt erzogen, mit 17 Jahren verließ er das Gymnasium in Königsberg und hielt Reden in deutscher, französischer, lateinischer und griechischer Sprache. Dann besuchte er die dortige Universität und studirte Philosophie und Mathematik. Neben seinen umfassenden Kenntnissen war er ausgezeichnet in allen körperlichen Uebungen. 1720 ging er auf Reisen, und besuchte Berlin, die deutschen Höfe, Holland und Paris, wo er 2 Jahre blieb. 1724 trat er als Lieutenant in das Regiment Markgraf Albert in Rathenow, und erhielt nach einigen Jahren eine Compagnie. 1729 wurde er neben Oberst v. Rochow vomCher vaisseau qui porte Virgile
Sur le rivage athénien. …[WS 1]
An einen Freund schrieb er später: „Erinnern Sie sich, daß Cäsarion mir Alles ist.“ K. verdiente diese Freundschaft durch seine reiche Geistesbildung, seine vielseitige Welt- und Menschenkenntniß und durch seine schrankenlose Gutmüthigkeit. Er verstand den jüngeren Freund, für den er eine wahre Leidenschaft faßte, und in dessen großartige Pläne für die Zukunft er begeistert einzugehen wußte. Viele litterarische Arbeiten des Kronprinzen hat er sauber copirt, und ihm mit seiner gelehrten Bildung und großen Sprachkenntniß bei der Abfassung zur Seite gestanden. Bei der Thronbesteigung Friedrichs wurde K. zum Obersten und Generaladjutanten ernannt; 1742 heirathete er Comtesse Eleonore von Schlieben aus dem Hause Sanditten, Ehrendame der Königin und Tochter des Oberjägermeisters v. Schlieben. 1744 wurde ihm eine Tochter geboren, welche der König bei der Taufe hielt. 1743 war K. Mitglied der Akademie geworden; aber bald begann er zu kränkeln, litt namentlich an der Gicht und starb am 15. August 1745, von seinem königlichen Freunde und von allen die ihn kannten [702] aufs Tiefste betrauert. Der König sorgte für die Wittwe und überwachte besonders die Erziehung der hinterlassenen Tochter Adelheid, welche er der Gräfin Camas anvertraute. Adelheid heirathete später einen Herrn von Alvensleben, wurde aber wieder von ihm geschieden. K. war ein so hochgebildeter und kenntnißreicher als liebenswürdiger und zartfühlender Mann – keiner seiner Jugendfreunde hat dem Herzen des Königs so nahe gestanden, nur den Tod von Duhan, den seiner Mutter und seiner Schwester in Baireuth hat er so schmerzlich empfunden. Als der König die Todesnachricht erhielt, schrieb er aus dem Feldlager von Semonitz in Böhmen an die Gräfin Camas: „Ich habe in weniger als 3 Monaten meine beiden besten Freunde (K. und Duhan) verloren, mit denen ich immer gelebt habe, und deren angenehmen Umgang und tugendhaftes Leben mir oft geholfen haben den Kummer zu besiegen und Krankheiten zu ertragen. Sie können sich denken. wie schwer es für ein Herz, so gefühlvoll als das meinige geschaffen, ist, den tiefen Schmerz zu ersticken, den dieser Verlust erregt. Ich werde mich bei meiner Rückkehr nach Berlin fast einsam im eigenen Vaterlande fühlen, und mich gleichsam vereinzelt unter meinen Penaten finden.“
- Preuß, Friedrich der Große mit seinen Verwandten und Freunden. Maupertuis, Éloge de Mr. de Keiserling (ursprünglich von dem König entworfen) (Oeuvres, Registerband S. 13). In der von Preuß herausgegebenen Correspondance de Frédéric II roi de Prusse findet sich kein Brief an K. oder von ihm.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ kein schließendes Anführungszeichen