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ADB:Kettiger, Johannes

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Artikel „Kettiger, Johannes“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 678–679, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kettiger,_Johannes&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 17:43 Uhr UTC)
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Band 15 (1882), S. 678–679 (Quelle).
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Kettiger: Johannes K., schweizerischer Schulmann, geb. den 24. Octbr. 1802 zu Liestal im Kanton Baselland, war der Sohn eines Bandwebers und hatte schon früh Gelegenheit, sich für seinen nachherigen Lebensberuf vorzubilden. Denn seine Mutter, eine kluge und thätige Frau, hielt eine Kleinkinderschule, in welcher sie den Knaben öfters zur Aushülfe verwendete. Mehr als bei dem Lehrer des Ortes gewann er in der Privatschule eines nicht zum Pfarramte gelangten Theologen; namentlich aber lernte er hier den hohen Werth der wissenschaftlichen Bildung kennen, sodaß er nun mit besonderem Eifer danach strebte, sich eine solche anzueignen. Seit dem 17. Jahre versah er zuerst in Liestal und dann in Waldenburg (Baselland) in mehreren Amtsstuben Schreiberdienste. Inzwischen faßte er den Entschluß, die Rechte zu studiren, nahm daher an dem letztgenannten Orte Privatunterricht im Lateinischen und begab sich 1824 nach Aarau, wo damals einige hervorragende Männer, unter ihnen H. Zschokke und der Arzt und Philosoph I. P. V. Troxler, den sogenannten „Lehrverein“ gegründet hatten, eine Art freier Akademie, welche jungen Leuten unentgeltlich Gelegenheit bieten sollte, die für eine allgemeine Bildung nothwendigen Kenntnisse zu erlangen. Außer an diesen Vorlesungen nahm K. auch an den Lehrstunden der Kantonsschule Theil. Durch Zschokke darauf hingewiesen, daß die Schweiz eher Schulmeister als Advocaten brauche, bewarb er sich um eine erledigte Elementarlehrerstelle in Aarau. Er erhielt dieselbe, gab sie aber, von Wissensdurst getrieben, bald wieder auf und siedelte, obgleich seit 1826 verheirathet, nach Basel über, um Vorlesungen an der dortigen Universität zu hören. Zur Gewinnung der nöthigen Geldmittel ertheilte er wieder Unterricht, zuerst als Stellvertreter an einer städtischen Schule, dann aber als selbständiger Leiter einer Privatschule. Der letzteren stand er von 1829–39 vor. Nachdem in der Zwischenzeit die Trennung der Landschaft von der Stadt Basel erfolgt war, berief ihn seine heimathliche Behörde im Herbst 1839 als Schulinspector des neuentstandenen Kantons. Durch angestrengte Thätigkeit und ungemeine Pflichttreue erhob er das dortige Schulwesen in kurzer Zeit zu schöner Blüthe, und bald begann sein Ruf sich über die Kantonsgrenzen hinaus zu verbreiten. Eine Aufforderung, die Seminardirectorstelle in Küsnacht (Zürich) zu übernehmen, lehnte er ab; dagegen trat er im Herbst 1856 die Leitung des aargauischen Lehrerseminars in Wettingen an, zumeist bewogen durch die Schwierigkeiten und Kränkungen, welche ihm bei all seinem redlichen Streben von einer feindlichen, aller Bildung abholden Partei bereitet wurden. An der Spitze des Wettinger Seminars blieb er bis zum Herbst 1867, worauf er sich in das Haus seines Schwiegersohnes nach Aarburg zurückzog, um an dessen Töchterinstitute die ihm unentbehrliche Lehrthätigkeit mit Behagen fortzusetzen. Im October 1869 veranlaßte ihn ein Unwohlsein nach Basel zu gehen und sich im dortigen Spitale [679] der Behandlung eines erfahrenen Arztes zu unterwerfen. Aber die Krankheit artete in Wassersucht aus und machte am 3. November des gleichen Jahres seinem Leben ein Ende. Dankbare Schüler haben ihm, unfern des Schulhauses in Liestal, ein einfaches Denkmal errichten lassen. – Kettiger’s Thätigkeit erstreckte sich vielfach über die Grenzen seines Amtes hinaus; namentlich entfaltete er eine eifrige gemeinnützige Wirksamkeit. In Baselland gründete er einen Verein für Armenerziehung, dem er lange Zeit vorstand, sowie einen anderen für Hebung der Gewerbe und einen Frauenverein für die Arbeitsschulen. Ferner war er viele Jahre Präsident des dortigen landwirthschaftlichen Vereins und des Lehrervereins. Die „Schweizerische gemeinnützige Gesellschaft“, deren Verhandlungen er auch 1854 in Liestal leitete, verdankte ihm manche fruchtbare Anregung, und wie er als Mitglied der „Historischen Gesellschaft des Kantons Aargau“ an deren Bestrebungen regen Antheil nahm, so hielt er auch in seiner neuen Heimath zuerst 1860 einen Kursus für Arbeitslehrerinnen und setzte diese Wirksamkeit nachher auf Anlaß der zürcherischen Erziehungsbehörde mehrere Male in Küßnacht fort. – Als Schriftsteller seines Faches veröffentlichte er u. A. das der schweizerischen gemeinnützigen Gesellschaft vorgetragene „Referat über weibliche Bildung“ (1854), das „Arbeitsschulbüchlein, Wegweiser für einen methodischen Unterricht in den weiblichen Handarbeiten und in der Haushaltungskunde“ (1854; 4. Aufl. 1873), einen „Wegweiser für Volksschullehrer. Darlegung von Umfang, Richtung und Ziel des Unterrichts und Vertheilung des Lehrstoffes auf die Schulzeit“ (2. Aufl. 1856); mehrere treffliche Abhandlungen in den Wettinger Programmen von 1857–61, wie: „Der Lehrverein zu Aarau. Beitrag zur Geschichte des schweizerischen Unterrichts und Erziehungswesens“, „Grundzüge einer berufsmäßigen Fortbildung für den Jüngling auf dem Lande“, „Der ideale Lehrplan oder Charakteristik der Unterrichtsgegenstände für die Volksschule“. Nach seinem Tode erschien, von seinem Schwiegersohne H. Welti-Kettiger herausgegeben: „Lehr- und Lesebuch für die reifere weibliche Jugend in Arbeits- und Fortbildungsschulen“ (1873). 1862 gründete K. die „Jugendbibliothek, bearbeitet von schweizerischen Jugendfreunden“, und gab dieselbe seit diesem Jahre bis an seinen Tod gemeinsam mit F. Dula und G. Eberhard heraus. Es erschienen davon bis 1872 im ganzen 50 Bändchen, von denen viele eigene Beiträge Kettiger’s enthalten. Die letzteren zeichnen sich durch gemüthvolle Wärme und durch eine an J. P. Hebel erinnernde volksthümliche Behandlung der Sprache aus. Dieser Art sind z. B. die in mehreren Bändchen fortgesetzten Erinnerungen „Aus des Erzählers Kinder- und Jugendleben“, ferner „Der Orismüller“ und „Der dreißigste Mai 1836. Ein denkwürdiger Tag für die ganze Schweiz“, eine Geschichte der Entstehung der Saline Schweizerhall bei Basel sammt kurzer Biographie ihres Begründers K. Chr. Fr. Glenck. Endlich ist hier noch anzuführen, daß K. von Neujahr 1868 bis zu seinem Tode die in Frauenfeld erscheinende „Schweizerische Lehrer-Zeitung“ herausgab.

Joh. Bapt. Heindl, Galerie berühmter Pädagogen aus der Gegenwart, 1. Bd., München 1858, S. 522 ff. – Schweizerische Lehrer-Zeitung. Organ des schweizerischen Lehrervereins, 14. Jahrg. 1869, Frauenfeld 1869, Nr. 50, S. 401a–405a; Nr. 51, S. 411a–415b; Nr. 52, S. 421a-423b (der ungenannte Verfasser ist Kettiger’s oben erwähnter Schwiegersohn). – Schweizerische Zeitschrift für Gemeinnützigkeit, 9. Jahrg., Zürich 1870, S. 278 bis 284. – O. Hunziker, Geschichte d. schweiz. Volksschule, 3. Bd. Zürich 1882, S. 217–24 (v. H. Velti). – Vgl. auch „Johannes Kettiger“ (Gedicht von O. Sutermeister) in dem angeführten Jahrgange der Schweizerischen Lehrer-Zeitung, Nr. 47, S. 375, wiederholt vor dem 21. Bändchen der 3. Abthl. der „Jugendbibliothek, bearbeitet von schweizerischen Jugendfreunden“ (Zürich 1871).