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ADB:Kellner, August

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Artikel „Kellner, August“ von Max Berbig in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 108–110, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kellner,_August&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 13:52 Uhr UTC)
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Kellner: August K., herzogl. sächs. gothaischer Forstrath, bekannter Entomolog. Er wurde geboren am 8. August 1794 zu Weberstedt bei Langensalza, wo seine Vorfahren seit einem Jahrhundert als Revierförster im Dienste der Herren v. Goldacker standen. Sein Vater starb, als der Knabe kaum das 11. Lebensjahr vollendet hatte, und da die Mutter für sechs Kinder sorgen mußte, so konnte sie ihm keine bessere Schulbildung zutheil werden lassen, als sie die Dorfschule seines Heimathsortes bot, ausgenommen, daß der Ortspfarrer und ein im Dorfe ansässiger Geometer ihm etwas Privatunterricht ertheilten. Im J. 1809 kam er, der damaligen Sitte entsprechend, nach Volkenrada bei Mühlhausen in die forstliche Lehre und wurde hier auch nach dreijähriger [109] Lehrzeit, am 20. October 1812, als Forstgehülfe angestellt. Im folgenden Jahre wurde er nach Winterstein im Thüringer Walde versetzt. Die 1815 daselbst in Angriff genommene Vermessung und Betriebsregulirung, an welcher er sich aus Mangel an Kenntnissen, namentlich in der Mathematik, nur in beschränkter Weise betheiligen konnte, machten den Wunsch in ihm rege, sich noch weiter ausbilden zu können. Da dies für ihn nur in der Stadt Gotha möglich war, ließ er sich im Frühjahre 1816 zur dortigen Hofjägerei versetzen. Er nahm nun, da der Dienst ihm Zeit genug ließ, Privatstunden in allen seinem Berufe nahestehenden Fächern, schrieb sich alle Collegienhefte eines glücklicheren Fachgenossen, welcher die Forstakademie in Tharandt besucht hatte, ab, durchforschte unter sachverständiger Leitung die ganze Flora der Umgegend bis nach Erfurt, Weimar, Jena und Göttingen und lernte mit eiserner Willenskraft Tag und Nacht. Daneben wurde die Jagd, namentlich auf Niederwild, so fleißig von ihm exercirt, daß er es im Hühnerschießen zu einer an Karl Emil Diezel erinnernden Berühmtheit brachte. Auf Veranlassung des Kammerpräsidenten v. Schlotheim stellte er ein genaues Herbarium aller im Herzogthum Sachsen-Gotha wild wachsenden Phanerogamen zusammen, welches dem herzogl. Naturalien-Cabinett einverleibt wurde, und wendete sich dann, ebenfalls auf Schlotheim’s Anregung, der forstlichen Entomologie zu. Zum Unterförster ernannt, wurde ihm 1830 die interimistische Verwaltung des Reviers Zella St. Bl. übertragen, welche er ausübte, bis er 1838 das Revier Finsterbergen erhielt. Während seines Aufenthaltes in Zella war er aber so beliebt bei der dortigen Bevölkerung geworden, daß er, als 1848 sein Nachfolger dort vertrieben wurde, dahin zurückkehren und, mit Jubel empfangen, wieder gesetzliche Zustände herbeiführen mußte. Nach 2½ Jahren wurde ihm sodann das große und vielseitige Verhältnisse bietende Revier Georgenthal überwiesen und wenige Jahre später ihm der Titel Oberförster verliehen. Bei Gelegenheit seines am 20. October 1862 gefeierten 50jährigen Dienstjubiläums wurde er durch das Prädicat „Forstrath“ ausgezeichnet und am 1. April 1863 in den wohlverdienten Ruhestand versetzt. Er verlegte nun seinen Wohnsitz nach Gotha und widmete sich fast ausschließlich der Verbesserung und Vermehrung seiner bedeutenden entomologischen Sammlung, welche vom Staate angekauft wurde und noch jetzt eine Hauptsehenswürdigkeit des gothaischen naturwissenschaftlichen Museums bildet. Daneben fungirte er, wenn eine Insectencalamität auf irgend einem gothaischen Reviere im Anzuge war, als Staatszoologe. Außer seiner Tüchtigkeit als praktischer Forstmann zeichnete sich K. besonders auch als Lehrer, Entomolog und Schriftsteller aus. Im Laufe der Zeit bildete er nicht weniger als 36 Forsteleven aus Thüringen, Oesterreich und der Schweiz zu tüchtigen, ihn hochverehrenden Forstwirthen aus. Als Entomolog fand er über 20 noch unbeschriebene Coleopterenarten auf, und eine Rüsselkäferart führt nach ihm den Namen Bradybatus Kellneri. Von Saxesen und Ratzeburg angeregt, schrieb er für des letzteren Werk über Forstinsecten den größten Theil des Abschnittes „Gebirgsforschungen“. Es gelang ihm ferner von vier Oestrusarten, deren Larven im Rothwild leben, Fliegen zu erziehen und diese in der Stettiner entomologischen Zeitschrift 1837 und 1853 näher zu beschreiben. Ferner veröffentlichte er: „Beobachtungen der Ursachen der sogenannten Fichtenabsprünge“ (Monatsschrift für das Forst- und Jagdwesen 1862, S. 476–479); „Mittheilungen einer Diagnose über Bostrychus amitinus Eichh.“; „Ueber die im Thüringer Walde vorkommenden Fichtenborkenkäfer etc.“. Seine litterarische Hauptleistung war aber ein äußerst vollständiges „Verzeichniß der Käfer Thüringens, mit Angabe der nützlichen und der für Forst-, Land- und Gartenwirthschaft schädlichen Arten“. Gotha [110] 1873. In Anerkennung seiner Verdienste wurde K. von zahlreichen entomologischen Vereinen und anderen gelehrten Gesellschaften zum Ehrenmitglied ernannt, und sein Landesherr zeichnete ihn durch Verleihung des Verdienstkreuzes für Kunst und Wissenschaft und des Ritterkreuzes I. Classe des Ernestinischen Hausordens aus. K. starb am 28. März 1883. Zwei seiner Söhne nehmen zur Zeit hervorragende Stellungen im Berg- und Forstfache ein.

Vgl. Ratzeburg, Forstwissenschaftliches Schriftsteller-Lexikon, S. 279–283 und Forstwissenschaftliches Centralblatt, 4. Jahrg. 1883. – Nekrolog von Prof. Dr. R. Heß.