ADB:Kameke, Georg von
König Wilhelm I. und Roon, angehörte. Dann wechselte er die Waffe, indem er zur Infanterie übertrat. Nachdem er kurze Zeit sich beim Kaiser Franz-Garde-Grenadierregimente mit ihrem Dienste näher bekannt gemacht hatte, wurde er am 22. Juni 1861 zum Commandeur des 11. Infanterieregiments in Breslau ernannt, zwei Jahre später aber von neuem in den Generalstab versetzt. Zunächst als Chef des Generalstabes beim VIII., am 12. December 1865 aber beim II. Armeecorps, an dessen Spitze bis zum Beginne des Krieges vom Jahre 1866 Kronprinz Friedrich Wilhelm stand. K. machte den Feldzug in jener Stellung auf dem Kriegsschauplatze in Böhmen mit. Die Verleihung des Ordens pour le mérite sprach die Anerkennung seiner Leistungen aus. Nach Friedensschlusse wurde er wieder Ingenieur. Zuerst als Inspecteur der 2. Ingenieur-Inspection. Aber schon nach Jahresfrist, am 3. October 1867, trat er an die Spitze der Waffe, indem er mit Wahrnehmung der Geschäfte der General-Inspection des Ingeniercorps und der Festungen beauftragt ward.
Kameke: Georg von K., königlich preußischer General der Infanterie, einer alten pommerschen Familie entsprossen, der Sohn eines Officiers, am 14. Juni 1816 zu Pasewalk geboren, trat am 1. Januar 1834 bei der 2. Pionierabtheilung zu Stettin in den Dienst, wurde am 30. September 1836 Officier, am 1. Juli 1838 Premierlieutenant und, nachdem er im Pionier- und im Fortificationsdienste sowie in der Adjutantur seiner Waffe verwendet gewesen, am 22. October 1850 zum Hauptmann im Generalstabe, am 19. Juni 1855 zum Major befördert und im Januar 1856 zur Gesandtschaft in Wien commandirt. Im Frühjahr 1858 kehrte er von dort insofern zu seiner Ursprungswaffe zurück, als er in die Ingenieurabtheilung des Kriegsministeriums berufen wurde, der er, zuletzt als Chef, bis zum Sommer 1861, also während der Vermehrung und Neugestaltung des Heeres durchDer Krieg gegen Frankreich brachte ihm zum Theil eine ganz andere, aber auch hier wieder eine an Abwechslung reiche Thätigkeit. Bei der Mobilmachung [28] im Juli 1870 erfolgte seine Ernennung zum Commandeur der zum VII. Armeecorps Zastrow und mit diesem zur I. Armee Steinmetz gehörenden 14. Infanteriedivision. Mit dieser griff er gleich bei Beginn der Feindseligkeiten folgenschwer in den Gang der Ereignisse ein, indem er die von der Heeresleitung nicht beabsichtigte Schlacht bei Spicheren herbeiführte. Am Tage ihres Stattfindens, dem 6. August, hatte er Befehl erhalten, von Lebach aufbrechend, bei Güchenbach (12 km nordnordwestlich von Saarbrücken) ein Freilager zu beziehen. Als er gegen 9 Uhr dort eintraf wurde ihm gemeldet, daß der Feind im Abzuge von Saarbrücken auf Forbach begriffen sei. Auf seine Anfrage, ob er folgen und zu diesem Zwecke die Saar überschreiten dürfe, erhielt er von Zastrow die Weisung, nach eigenem Ermessen zu handeln. K., eine frische, selbständige Natur, unternehmend, unerschrocken, findig, von gesundem Optimismus beseelt und leichten Sinnes, brach auf und war, sobald er Fühlung mit dem Feinde gewonnen hatte, zum Angriff entschlossen. Er übernahm die Rolle, welche dem Commandeur der anderen Infanteriedivision des VII. Armeecorps, der 13., dem General v. Glümer (s. A. D. B. XLIX, 399 f.) gebührt hätte. Gegen Mittag begann der Kampf. Es war ein hartes und blutiges Ringen, welches zunächst der 14. Infanteriedivision allein oblag, und fast vier Stunden dauerte es bis Verstärkungen von anderen Seiten eintrafen und die Entscheidung herbeiführten. Es war kein Sieg, denn die Franzosen waren nicht geschlagen, aber es war ein großer Erfolg. Der Feind trat den Rückzug an und auf beiden Seiten brachte der Ausgang eine gewaltige moralische Wirkung hervor (Cardinal v. Widdern, Kritische Tage. Erster Teil, III. Band, 3. Heft. Berlin 1900). Die nächste Gelegenheit am Kampfe sich zu betheiligen war dem General v. K. am 14. August geboten. Seiner Sinnesart entsprechend hatte er seine Hülfe freudig zugesagt, als die von General v. der Goltz (s. A. D. B. XLIX, 449) eingeleitete Schlacht von Colombey-Nouilly ihn rief. Durch einen wirksamen Flankenangriff trug er sofort nach seinem Eintreffen wirksam zur Entscheidung des Tages bei. Die Schlacht vom 18. August, in welcher die 14. Infanteriedivision im Corps- und Armeeverbande bei Gravelotte focht, bot ihrem Führer keine Gelegenheit zu persönlichem Hervortreten. Dann nahm dieser an der Einschließung von Metz theil. Als die Feste gefallen war erhielt er Befehl, mit seiner Division zur Eroberung von Diedenhofen zu schreiten. Die angestellten Erkundungen zeigten, daß die Festung durch einen Handstreich nicht zu nehmen sei. Er schloß sie daher zunächst eng ein. Als schweres Geschütz zur Stelle geschafft war, ließ er in der Nacht vom 21./22. November Batterien erbauen und eröffnete am Morgen des letzten Tages das Bombardement, infolge dessen der französische Commandant am 23. die weiße Flage aufziehen ließ. Die Verhandlungen wegen der Uebergabe führten indessen nicht zum Ziele. Das Feuer begann von neuem. Da capitulirte am 24. Abends die Besatzung und am 25. zog K. in die Stadt ein. (Spohr, Die Belagerung von Thionville. Berlin 1875.) Doch schon wartete seiner eine neue Aufgabe. Es wurde ihm der Befehl über die Belagerungstruppen vor Montmédy und über die Beobachtungstruppen von Longwy übertragen. Die letzteren marschirten zu diesem Zwecke am 27. November von Diedenhofen ab, mit den ersteren rückte K. am 28. nach Montmédy, wo, nachdem am 5. September ein Handstreich seinen Zweck verfehlt hatte, seit Mitte November Einschließungstruppen sich befanden. Am 7. December begann der Batteriebau, am 12. die Beschießung, welcher nach sechsunddreißigstündiger Dauer die Capitulation und am 14. die Uebergabe der Festung folgte. (Spohr, Die Beobachtung etc. von Montmédy. Berlin 1877.) Beide Erfolge hatten ganz geringe Opfer gefordert. An der Erfüllung der ihm alsdann zunächst [29] gestellten Aufgabe, die schon seit den Tagen von Sedan beobachtete Festung Mézières zu Fall zu bringen, hinderte den General v. K. seine Abberufung von dort behufs Uebernahme der Oberleitung des Ingenieurangriffes auf Paris, welche ihm bis zum Ende des Krieges verblieb. Als dieses herbeigeführt war, wurde K. eine ihn hoch ehrende Rolle zugewiesen, indem ihm das Commando der nach Abschluß des Präliminarfriedens von Versailles am 1. März in Paris einrückenden und bis zum 3. d. M. dort verbleibenden Truppen übertragen ward. (Heyde und Froese, Geschichte der Belagerung von Paris. Berlin 1874/75.) Reiche äußere Ehren und eine der von Frankreich gezahlten Kriegsentschädigung entnommene Dotation erkannten den Werth der von ihm geleisteten Dienste an.
Nach der Heimkehr aus dem Felde trat er in die Stellung als General-Inspecteur des Ingenieur- und Pioniercorps und der Festungen, wozu er am 18. Februar 1871 ernannt war, zurück, wurde am 1. Januar 1873 zum Vertreter des kränkelnden Kriegsministers General Graf Roon berufen und am 9. November d. J. zu seinem Nachfolger ernannt. Fast zehn Jahre lang hat er, am 22. März 1875 zum General der Infanterie befördert, diesen Posten bekleidet, an dessen Inhaber die in jener Zeit ihm obliegende Aufgabe des Ausbaues der deutschen Wehrverhältnisse auf der durch Wiederaufrichtung des Kaiserreiches im J. 1871 geschaffenen Grundlage besonders hohe Anforderungen stellte. Der Beistand einer großen Zahl von leistungsfähigen und arbeitsfreudigen Gehülfen auf allen Theilen des ausgedehnten Arbeitsgebietes setzte ihn in den Stand, sie mit Erfolg zu lösen. Am 3. März 1883 veranlaßte ihn jedoch die Haltung des Reichstages, welcher die von K. vertretenen Forderungen der Regierung für das Heer andauernd ablehnte, zum Rücktritte. Er lebte fortan auf seinem Gute Hohenfelde bei Colberg, starb aber zu Berlin am 12. October 1893. Seinen Namen trägt ein nördlich von Metz am linken Moselufer bei Woippy gelegenes Fort.