ADB:Küster, Hermann
A. W. Bach aus Berlin, Director des königlichen Instituts für Kirchenmusik, sprach sich so günstig über dieselbe aus, daß die Eltern beschlossen, Hermann sollte sich der Musik widmen. Er begab sich nun nach Berlin, um Eleve obgen Instituts und der königlichen Akademie der Künste zu werden und genoß Rungenhagen’s, Marx’ und Ludwig Berger’s Unterricht. Er wurde mehrfach durch Preise ausgezeichnet und seine Compositionen wurden durch die Akademie zur Aufführung gebracht. 1845 erhielt er die Musikdirectorstelle in Saarbrücken, kehrte aber 1852 nach Berlin zurück und ließ sich daselbst, einen kurzen Aufenthalt in Dresden abgerechnet, dauernd als Musik- und Gesanglehrer nieder. Nachdem Ed. Grell zum Director der Berliner Singakademie gewählt war, erhielt er 1857 dessen Stelle als Hof-Domorganist. Außerdem bekleidete er an der Luisenstädtischen Realschule den Posten eines Gesanglehrers und später auch am Werder’schen Gymnasium, legte aber am 1. Januar 1877 beide Stellungen wegen Kränklichkeit nieder und zog sich nach Herford zurück, wo er am 17. März 1878 starb. Als Componist hat er verschiedene Opern und Oratorien geschrieben, wie die „Judith“, „Die Erscheinung des Kreuzes“, „Julian der Abtrünnige“, „Johannes der Evangelist“, „Das Wort des Herrn“, „Die ewige Heimath“, „Hermann der Deutsche“, die an verschiedenen Orten zur Aufführung gelangten und stets Zeugniß über die gediegenen Kenntnisse des Verfassers ablegten. Außerdem componirte er Psalmen, Cantaten, Motetten, Lieder, Orchesterwerke und Orgelstücke. Seine Werke, die zum großen Theile [437] gedruckt sind, fanden die verschiedenste Aufnahme So schreibt z. B. die Neue Berliner Musikzeitung von G. Bock 1847, S. 269, bei der Anzeige eines Heftes Lieder (op. 8 Mainz bei Schott): „Herr K. ist ein kenntnißreicher und begabter Musiker und uns aus größeren Arbeiten schon bekannt. Sein Talent für die Liedercomposition spricht uns nicht in dem Maße an. Die Melodien enthalten meistens nicht Originalität, im Einzelnen ist die Begleitung zu schwülstig, anderes erscheint uns zu gesucht und ohne natürlichen Fluß. Im Uebrigen findet sich manches recht Schätzenswerthe.“ Dann 1849 beim Erscheinen des lyrischen Volksdrama: Hermann der Deutsche (ibid. S. 308): „H. K. (gegenwärtig in Saarbrück) trat schon vor mehreren Jahren in der Singakademie mit einem dramatischen Oratorium ‚Die Erscheinung des Kreuzes‘ auf und erregte durch dieses Werk die Aufmerksamkeit der Kunstfreunde. … Verfolgen wir nun die Ausführung des Gesanglichen in ihren einzelnen Theilen, so ist im Allgemeinen zu bemerken, daß der melodische Gehalt wie die harmonische Verarbeitung Zeugniß von ächt deutschem Sinn und je nach Maßgabe eines glücklichen Wurfs im Einzelnen auch von ächt deutschem Talent geben. So darf deshalb das Werk sich vorzugsweise ein Volksdrama nennen.“ Darauf bespricht der Referent (Otto Lange) die einzelnen Gesangsnummern und gelangt überall mehr zum Lobe als zum Tadel. Weniger günstig wird 1861 das Oratorium „Die ewige Heimath“ in der Wiener deutschen Musikzeitung (S. Bagge) S. 291 besprochen. Schon die Wahl des Textes wird als eine vollkommen verfehlte bezeichnet und in Betreff der Composition wird ihm nur das eine Gute nachgesagt, daß er eine lebhafte Erfindungsgabe habe. Im Uebrigen findet der Kritiker wenig zu loben. Mehr anerkennend spricht sich Fl. Geyer in der Neuen Berliner Musikzeitung 1861 S. 281 aus. In der letzten Zeit seines Lebens wandte sich K. ganz von der Composition ab und beschäftigte sich musik-litterarisch. Seine populären Vorträge über Bildung und Begründung eines musikalischen Urtheils mit erläuternden Beispielen (Leipzig bei Breitkopf & Härtel 1871) erfahren von Fr. Chrysander in der Allgemeinen musikalischen Zeitung 1870 S. 401 eine sehr günstige Beurtheilung. Dieser sagt unter Anderem: „Das günstige Vorurtheil, welches ein vorläufiger Ueberblick der Gliederung des Stoffes erweckt, wird durch die Betrachtung des Einzelnen bestätigt. Der Herr Verfasser hat den Zweck, welchen er sich vorsetzte, sehr gut erreicht. Die Auseinandersetzung ist klar, die Darstellung ist im Ganzen lebhaft und gefällig, hin und wieder sogar etwas schönrednerisch, letzteres jedoch nicht in der Aufdringlichkeit, welche so viele „populäre“ musikalische Schriften der Neuzeit unleidlich macht. Herr K. ist ein zu guter Musiker, als daß er sich im Nebel leerer Allgemeinheiten verlieren sollte, andererseits aber auch soweit philosophisch geschult, daß er, wenn nicht über alle, so doch über viele Grundfragen dieser Kunst zu Klarheit gelangt.“ Von diesen populären Vorträgen, von denen er den ersten und zweiten Cyclus öffentlich hielt, erschienen bis 1874 drei Bände und sind sie das Letzte, was uns der Autor hinterlassen hat.
Küster: Hermann K., Professor, Musikdirector und Hof-Domorganist zu Berlin, ward am 14. Juli 1817 in Templin in der Uckermark geboren und erhielt auf dem Gymnasium zu Prenzlau seine Schulbildung. Zum Studium der Theologie bestimmt, zog ihn jedoch seine Neigung schon früh zur Musik. An dem Cantor seiner Geburtsstadt, Christian Koch, fand er einen vortrefflichen Lehrer, der ihm in Clavier, Orgel und Composition die erste und auch die beste Grundlage gab. Bei Gelegenheit der Einweihung der Orgel in Liebenwalde wurde daselbst die Composition eines Psalms von ihm aufgeführt und der anwesende Musikdirector