Zum Inhalt springen

ADB:Jocher von Egersperg, Wilhelm

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Jocher, Wilhelm v.“ von Felix Stieve in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 102–103, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jocher_von_Egersperg,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:54 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Joch, Johann Georg
Band 14 (1881), S. 102–103 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Wilhelm Jocher in der Wikipedia
Wilhelm Jocher in Wikidata
GND-Nummer 123612799
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|14|102|103|Jocher, Wilhelm v.|Felix Stieve|ADB:Jocher von Egersperg, Wilhelm}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=123612799}}    

Jocher: Wilhelm v. J., geb. am 15. November 1565 zu Mauterndorf im Erzbisthum Salzburg, † 1636. Seine Familie gehörte zu den landständischen des Erzstiftes. Die Namen seiner Eltern sind unbekannt und ebenso fehlen alle Nachrichten über seine Jugend und seine Studienzeit. Er widmete sich der Rechtswissenschaft, erlangte in ihr die Doctorwürde und wurde 1592 – ohne Zweifel auf Empfehlung seines Landesherm – vom bairischen Kreise als Assessor dem Kammergerichte präsentirt, bei welchem er am 6. August angestellt wurde und durch nahezu 13 Jahre thätig war. Am 1. April 1604 trat er auf Einladung Herzog Maximilians von Baiern in dessen Dienste als Pfleger zu Dachau, wo er seinen Wohnsitz nahm, und als Rath von Haus aus. Das ungewöhnlich hohe Gehalt von 1000 Gulden, welches ihm bestimmt wurde, zeigt, daß er bereits damals in großem Ansehen stand. 1611 wurde er mit einer Zulage von 60 Gulden, zu welcher später noch 200 gefügt wurden, zum Geheimrath ernannt und wohnte seitdem abwechselnd in München und in Dachau. In allen politischen Angelegenheiten, bei welchen Rechtsfragen zur Erörterung kamen, wurde J. von Maximilian an erster Stelle zu Rathe gezogen, mit der Abfassung der Gutachten und Deductionen betraut und als Vertreter seines Herm zu Verhandlungen und Reichsversammlungen abgeordnet. Er zeigt sich dabei als einen Rechtsgelehrten von ungemeinem Wissen und scharfer Logik und als erfüllt von strengem Rechtsgefühl, welches sich weder durch seinen Eifer für den Katholicismus noch durch die Wünsche seines Herrn beirren ließ. Zuerst entwickelte er eine umfassendere und hervorragende Thätigkeit im Donauwörther Streite und im Zusammenhange mit dieser verfaßte er dann im Auftrage Maximilians 1610 die „Donauwerthische Relation“ und 1613 die „Nothwendige Erinnerung“, jene berühmten Streitschriften zur Vertheidigung des Verfahrens, welches Kaiser Rudolf II. und Maximilian gegen Donauwörth angewandt hatten, und zur Abwehr der protestantischen Angriffe auf die Reichshofrathsgerichtsbarkeit überhaupt. Er erwarb sich als Kenner des Rechtes und der Reichsverfassung ein solches Ansehen, daß 1620 wegen seiner „bekannten, außerordentlichen Klugheit, Gelehrsamkeit und Erfahrung“ vom kaiserlichen Hofe der Wunsch ausgesprochen wurde, er möge den vom Reichshofrath gemachten Entwurf der Achtserklärung gegen Friedrich V. von der Pfalz prüfen und die Berechtigung jener in einem Gutachten für den Kaiser darlegen, da die kaiserlichen Räthe sich der Aufgabe nicht hinlänglich gewachsen fühlten. Die Durchsicht der nach der Schlacht am Weißen Berge in Prag vorgefundenen Acten Christians von Anhalt und des in Heidelberg erbeuteten kurpfälzer Archivs wurde ihm von Maximilian übertragen. Die aus denselben zusammengestellten Bücher, die „Anhaltische Kanzlei“ und „Der unirten Protestierenden Archif“ werden indeß mit Unrecht ihm zugeschrieben; ihr Verfasser ist der Jesuit Jakob Keller, doch wirkte J. bei der Ausscheidung der zu veröffentlichenden Actenstücke mit. Zur publicistischen Thätigkeit war er nicht sonderlich befähigt, denn sein Stil war sehr unbeholfen und politische Erörterungen waren weit weniger seine Sache als gelehrte, gründliche und fachmäßige juristische Auseinandersetzungen. Seiner angestrengten und ausgedehnten amtlichen Wirksamkeit machte erst der Tod ein Ende, welcher ihn im 71. Jahre am 3. Mai 1636 zu München hinwegraffte. – Von seinen Eltern hatte J. ein ansehnliches Vermögen ererbt und durch Sparsamkeit und gute Wirthschaft hatte er dasselbe [103] während seiner langen Amtszeit vermehrt. Obgleich es, wie er im J. 1633 klagt, durch den Einfall der Schweden in Baiern und die Plünderung Dachau’s um die Hälfte, wenn nicht um zwei Drittel vermindert worden war und er schon 1631 seinen Neffen 20,000 Gulden geschenkt hatte, hinterließ er seinen Erben 77,203 Gulden 51 Kr. 4 Pf. und vermachte an Legaten 4000, an Geschenken und Stiftungen für fromme und namentlich milde Zwecke, wie für Kranken- und Armenhäuser, für Stipendien an Studenten u. dgl. 43,000 Gulden. Außerdem hatte er in Oberbaiern drei Hofmarken, Dachenstein (1612), Eggersberg (vor 1615) und Harlanden (1621) nebst einigen kleineren Gütern gekauft. 1616 ernannte ihn Kaiser Matthias „motu proprio“ zum Pfalzgrafen, besserte ihm und seinem Bruder das Wappen und verlieh ihm eine Reihe, theils persönlicher, theils erblicher Privilegien, worunter auch die Edelmannsfreiheit in den österreichischen Erblanden war. Da J. sagt, diese Gnaden seien ihm wegen seiner „geringschätzigen, doch getreuen, mühsamen Arbeit“ erwiesen, dürfen wir sie vielleicht als Lohn für die Veröffentlichungen über Donauwörth betrachten. Am 30. Juli 1616 verlieh auf sein Bitten auch Herzog Maximilian ihm und seinen Erben die Edelmannsfreiheit für ihre einschichtigen Güter in Baiern, was am 18. Februar 1631 bestätigt wurde. Da J. von seiner aus Vorderösterreich stammenden Frau, Anna v. Mittersbach, welche er nach 1604 heirathete und um 1629 verlor, keine Kinder besaß, schuf er zunächst durch Urkunde vom 25. Februar 1624 und dann durch verschiedene testamentarische Verfügungen aus seinen Gütern und seinem Vermögen ein Fideicommiß für die weltlichen, männlichen Nachkommen seines Bruders Karl J. zu Höhenrain; nach dem Aussterben des Mannesstammes sollte der Erlös der Güter zur Errichtung eines Armenhauses in Dachau, wo J. sich neben seiner Gattin in einer von ihm erbauten Kapelle beisetzen ließ, verwandt werden, das Baarvermögen aber halb den unbeschuhten Karmeliten, halb den beiden Waisenhäusern in München zufallen.

Acten und Urkunden im Reichs- und im Staatsarchiv zu München; Grabschrift in Dachau (mir mitgetheilt von Frhr. v. Oefele); Ludolf, Comment. de jure camerali; Wolf, Geschichte Maximilians I. von Baiern; Hurter, Ferdinand II.; Stieve, Der Ursprung des dreißigjährigen Kriegs, I, und: Briefe und Acten z. Gesch. des dreißigjährigen Krieges, V. (Die Angaben über J. bei Th. Wiedemann, Geschichte der Hofmark Höhenrain im oberbairischen Archiv VIII, und bei R. Koser, Der Kanzleienstreit, sind meist unrichtig.)