ADB:Hohenzollern
Wetzel von Z. Die erste sichere Nachricht von dem gräflichen Hause Z. verdankt man Bertold v. Reichenau, welcher in seinen gleichzeitigen Annales (Pertz, Mon. Scriptores V, 272) meldet: 1061 Burkardus et Wezil de Zolorin occiderunt. Weiterhin bezeichnet das St. Gallener Todtenbuch zum 29. August Graf Burchard und Werner als gefallen. (Mitth. zur vaterländischen Gesch. St. Gallen 1869, XI, S. 51.) Dagegen findet man weder anderweitige urkundliche oder chronikalische Nachrichten über die Abstammung dieser beiden Grafen, noch irgend welche Angaben über die Fehde, in welcher sie [412] ihren Tod fanden, sodaß hier Hypothesen freier Spielraum geboten war. Anknüpfend an den Taufnamen des einen dieser ältesten Z. hat zuerst der badische Archivrath Leichtlen in einer Abhandlung über die Zähringer, 1831, S. 33 behauptet, die Grafen von Z. seien die Nachkommen der Burkardinger, welche wiederum von den Markgrafen von Istrien und Rhätien abstammten. Freiherr v. Stillfried und Tr. Märcker haben hierauf in den Hohenzollern’schen Forschungen 1847, I auf die großen Schwierigkeiten, welche der Herleitung von den Burkardingern entgegenstehen, aufmerksam gemacht, wie auch Ch. Stälin in seiner Wirtembergischen Geschichte II, 1847, S. 502 ff., ohne auf diese Herleitung einzugehen, sich begnügt hat, die Stammreihe mit den 1061 gefallenen beiden Z. zu beginnen. Dagegen wird von Riedel in seiner Geschichte des preußischen Könighauses 1861 die Burkardingische Abstammung als eine allgemein geltende, aber beweislos gebliebene Vermuthung verwerthet. Noch weiter ging L. Schmid, welcher in seiner Geschichte der Grafen von Z.-Hohenberg 1862 diese Vermuthung näher begründete und in seiner ältesten Geschichte des Gesammthauses der königlichen und fürstlichen Hohenzollern 1884–1888, sowie in den Mittheilungen des Hohenzollernschen Alterthums-Vereins den positiven Nachweis für die Abstammung der Hohenzollern vom Geschlecht der Burkardinger erbracht zu haben glaubte, wobei er davon ausging, daß die Taufnamen Adalbert und Burkard den Burkardingern und den Grafen von Z. gemeinsam seien. Ferner behauptete er, die Burkardinger haben sich im erblichen Besitz der Gaugrafenwürde im Scherragau befunden, auch, da die Grafschaft Z. sich mit dem Scherragau decke, gräfliche Rechte in letzterem Gau auf die Zollern, ihre Nachkommen vererbt. Richtig ist es, daß als Graf des Scherragaues 874, 875, 882, 885 und 889 ein Adalbert vorkommt, den L. Schmid als Burkardinger in Anspruch nimmt, ohne zu beachten, daß erstens niemals ein Burkard als Graf des Scherragaues sich nachweisen läßt und sodann der Taufname Adalbert sich nicht nur bei den Burkardingern findet, sondern auch sonst, so bei einem andern Geschlechte, den auf der Grenze Frankens und Schwabens heimischen Grafen von Calw im 18. Jahrhundert vorkommt. Es braucht also dieser Adalbert nicht durchaus ein Burkardinger gewesen zu sein. Dazu kommt, daß sämmtliche sonstige bekannte Grafen des Scherragau’s so Liutold 843 und 861, Rudolf 1064 – ganz abgesehen von den von F. L. Baumann, die Gaugrafschaften im wirtemb. Schwaben 1879, S. 146 als Scherragaugrafen vermutheten Grafen Pirihtelo 770, 785 und 786 Karaman 797, 817, 820 und 834, Kerolt 838, Alboin 842 und Cozpert 864 – Taufnamen tragen, welche den Burkardingern völlig fremd sind. Man ist deshalb entschieden berechtigt, den Schluß zu ziehen, daß die Burkardinger sich nie im erblichen Besitze der Grafschaft des Scherragaues befanden und folglich auch nicht auf ihre angeblichen Nachkommen, die Zollern, Grafschaftsrechte in diesem Gau vererbten. Dagegen darf man wol in dem 1113 genannten Scherragaugraf Friedrich einen Z. erblicken. Ferner berechtigt die bloße Thatsache, daß der Taufname Burkard sich sowohl bei den Z., als den Burkardingern findet, nicht zur Herleitung der ersteren von den letzteren. Denn auch der Taufname Burkard läßt sich noch bei einer Reihe anderer Geschlechter in Franken (Graf Burkhard von Kornburg 1067 und sein Stammesverwandter Graf Burkard v. Rotenburg 1078, 1096), ferner Burkard von Staufenberg, Sohn des Grafen Adalbert im Ufgau (1041–1046), Sachsen (Burkard von Querfurt 982–1035) Thüringen (Graf Burkard v. Nidgau, 892–908 und Graf Burkard, der 912 sich empörte) nachweisen. Zudem fehlt der bei den Zollern so beliebte Taufname Friedrich völlig bei den Burkardingern. Auch ist es unmöglich sowohl den Umfang des Scherragaues, als den der Grafschaft Z.-Hohenberg im 12. Jahrhundert genau festzustellen und ist somit die von L. Schmid behauptete Uebereinstimmung der Grafschaft Z. mit dem Scherragau nicht zu beweisen. Vielmehr lag erstere [413] in der Hattunhuntare. Da noch dazukommt, daß jeder urkundliche Nachweis fehlt und auch von L. Schmid nicht erbracht werden konnte, welchem Zweig der Burkardinger die Z. angehört haben sollen, so muß man der Burkardinger Hypothese entschieden das Prädicat einer historischen Gewißheit oder erwiesenen Thatsache absprechen. Der neuestens gemachte Versuch H. Witte’s, die Z. zwar nicht mehr direct an die Burkardinger anzuknüpfen, sondern sie wegen des gemeinsamen Besitzes in Schaffhausen von den Grafen von Nellenberg und letztere wieder von den Burkardingern abzuleiten, reiht ganz willkürlich den ältesten, bekannten Grafen von Nellenberg Eberhard an Adalbert († 911), einen Burkardinger an und läßt diesen Eberhard, ohne auch nur die Spur eines Beweises zu erbringen, Scherragaugraf und als solcher Ahnherr der Z. sein. Richtig ist an der ganzen Behauptung Witte’s nur, daß zwischen den Z. und Nellenburgern in den ältesten Zeiten eine Verwandtschaft, welche gemeinsamen Besitz zur Folge hatte, bestand. Ob die Verwandtschaft aber eine cognatische oder agnatische war, dafür fehlt jeder Anhaltspunkt. Beginnt somit die historisch nachweisbare Stammreihe des Hauses Z. erst mit dem Jahre 1061, so war schon beim ersten Auftreten des Geschlechts die Burg Zollern der Sitz desselben. Nun hat neuerdings K. Th. Zingeler die Behauptung aufgestellt, die Wiege der Z. sei auf der Schalksburg zu suchen und die Wandgemälde im nahen Kirchlein zu Burgfelden (württ. Oberamt Balingen) beziehen sich auf den Untergang der in dieser Kirche begrabenen Z., Burkard’s und Wezil’s im J. 1061. Mit Recht sieht aber Keppler in der dort abgebildeten Kampfscene eine bildliche Darstellung der Parabel vom barmherzigen Samariter. Gegen die Möglichkeit, es seien trotzdem die Gemälde eine Stiftung der Hinterbliebenen der beiden gefallenen Z., die einerseits diese geschichtliche Thatsache feststellen wollten und zugleich ein religiöses Bild schaffen ließen, spricht aber entschieden die Thatsache, daß 1061 die Kirche in Burgfelden nicht im Besitz der Grafen von Z. war, sondern seit um 1040 dem Kloster Ottmarsheim im Oberelsaß gehörte und es undenkbar ist, daß die Grafen von Z. eine in fremden Händen befindliche Kirche zu ihrer Familiengrabstelle ausgesucht haben sollten. Zudem läßt sich die Existenz der Schalksburg für das 11. Jahrhundert absolut nicht nachweisen, da sie überhaupt erst 1226 erwähnt wird. Endlich hätte Berthold v. Reichenau Burkard und Wezel, wenn diese ihren Sitz auf der Schalksburg gehabt hätten, Burkardus et Wezil de Schalksburg, nicht aber de Zolorin genannt.
Zollern: Die Grafen Burkard und- Ch. F. Stälin, Wirtembergische Geschichte I, 494. – R. G. Stillfried, Beschreibung und Geschichte der Burg Hohenzollern nebst Forschungen über den Urstamm der Grafen von Zollern, Berlin 1870. – P. F. Stälin, Geschichte Württembergs I, 211, 408–409. – E. Berner, Die Abstammung und älteste Genealogie der Hohenzollern in den Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, VI, 1893, S. 1–55. – P. Weber, Die Kirche zu Burgfelden und ihre Wandgemälde in der Schwäb. Chronik 1895, S. 321–2. – K. Th. Zingeler, die Schalksburg ebendaselbst S. 397 bis 398. – R. Schäfer, Der Ursitz der Hohenzollern in der Beilage zur allgemeinen Zeitung 1895, Nr. 247, S. 3–5. – H. Witte, Zur Geschichte der älteren Hohenzollern ebendaselbst 1896, Nr. 191, S. 2–4. – E. Naegele, Die Hohenzollernfrage und Burgfelden in den Blättern des Schwäbischen Albvereins, 8, 1896, S. 276–282, 315. – H. Witte, Die älteren Hohenzollern und ihre Beziehungen zum Elsaß, 1896. – P. Weber, Die Wandgemälde zu Burgfelden auf der schwäbischen Alb, 1896. – Derselbe, Die Burgfelder Wandgemälde in den württ. Vierteljahrsheften. 1896, S. 396–399. P. Keppler, Die Wandgemälde von Burgfelden im Archiv für christliche Kunst, 14, S. 72–76. – K. Th. Zingeler, Hohenzollern, 1897, S. 8, 154–159. – Mitth. d. Hohenz. Alt.-Vereins 1897/98.