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ADB:Hertzberg, Wilhelm Adolf Boguslaw

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Artikel „Hertzberg, Wilhelm Adolf Boguslaw“ von Constantin Bulle in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 249–251, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hertzberg,_Wilhelm_Adolf_Boguslaw&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 07:05 Uhr UTC)
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Hertzberg: Wilhelm Adolf Boguslaw H., geb. am 6. Juni 1813 zu Halberstadt, † am 7. Juli 1879 als Gymnasialdirector in Bremen. Schon als Kind durch Lebhaftigkeit des Geistes ausgezeichnet und frühzeitig mit hoher Begeisterung den Studien zugewandt, widmete sich Hertzberg, nachdem er Michaelis [250] 1831 das Gymnasium seiner Vaterstadt verlassen, in Halle, vorzugsweise unter Bernhardy’s Leitung, den classischen Sprachen und zwar, nachdem er aus Bonn, wo er zwei Semester studirte, Ostern 1834 nach Halle zurückgekehrt war, vorzugsweise den Dichtern der augusteischen Zeit. An seine Dissertation „de S. Aurelii Propertii amicitiis et amoribus“, durch die er am 31. August 1835 die Doctorwürde erwarb, schlossen sich während der Jahre, wo er in Halberstadt (bis Ostern 1837), Stettin (bis Joh. 1840) und wieder in Halberstadt (bis Mich. 1842) als Gymnasiallehrer wirkte, unausgesetzte Studien über denselben Dichter; aber wenn auch einzelne Specimina desselben in Programmen, Abhandlungen, Recensionen und einer metrischen Uebersetzung ans Licht traten, so zerstörte doch eine Feuersbrunst das schon vollendete Manuscript des Hauptwerkes, das in Folge dessen erst 1843–45 in neuer Ausarbeitung unter dem Titel „Sex. Aurelii Propertii Elegiarum libri quattuor“ in vier Bänden bei Lippert in Halle das Licht erblickte. Von der Kritik, besonders der Lachmann’schen Schule heftig angegriffen, ist das Werk doch nichts desto weniger ebensowohl ein Beweis für die unermüdliche Ausdauer und Gelehrsamkeit des Verfassers, wie für das feinsinnige Verständniß und die gründliche ästhetische Durchbildung, mit der er an seinen Autor herangetreten war. Dieselben Eigenschaften bewährte er in den kleineren Arbeiten der folgenden Jahre, unter denen die Abhandlung „über den Begriff der antiken Elegie in seiner historischen Entwickelung“ (in Prutz’ Lit.-hist. Taschenbuch 1845 und 46), die Uebersetzung der alexandrinischen Elegiker (Ztschr. f. Alterthumswissenschaft 1847) und Babrios’ Fabeln mit einer Abhandlung über die historische Entwicklung der Fabel (1846) besonders hervorragen. Mittlerweile war er durch seine amtliche Stellung den classischen Studien etwas ferner gerückt. 1842 als Oberlehrer an die höhere Bürgerschule in Elbing berufen, hatte er schon 1845 das Directorat derselben erhalten und sah sich dadurch je länger desto mehr auf eine Beschäftigung mit der englischen Sprache hingewiesen. Freilich ließ er sich auch dadurch dem Alterthum nicht entfremden, sondern bewies durch zahlreiche vortreffliche Uebersetzungen (Ovid’s erotische Dichtungen, Virgil’s Aeneis und kleinere Gedichte, vier Comödien des Plautus und – gemeinsam mit Teuffel in Tübingen – Catull und Juvenal), daß er einen großen Theil seiner unerschöpflichen Arbeitskraft noch immer dem alten Felde widme. Aber daneben trat nun doch gleichberechtigt das Studium der englischen Literatur, von dem einerseits die vorzüglichen Uebersetzungen Tennyson’s, Chaucer’s, Shakespeares, des Herrn der Inseln von Scott und einiger anderer poetischer Werke, andrerseits wissenschaftliche Untersuchungen besonders über Chaucer und Shakespeare Zeugniß ablegen. Wenn sich nun Hertzberg durch diese fruchtbare Thätigkeit einen anerkannten literarischen Namen verschafft hat, so stand er in nicht minder hohem Ansehn als Schulmann. Die Elbinger Schule war unter seiner Leitung und unter der Mitwirkung tüchtiger Collegen, wie Kreyssig und Friedländer, zu hoher Blüthe gelangt; seine Wahl zum Mitgliede der Directorenconferenzen, welche der Minister Ladenberg 1849 nach Berlin berief, bekundete das Vertrauen, das ihm seine Collegen entgegentrugen. Trotzdem sah er sich in der Reactionsepoche in seiner amtlichen Wirksamkeit vielfach gehemmt, durch Denunciationen belästigt und durch Verweigerung der Bestätigung, als er zum Director eines städtischen Gymnasiums gewählt war, gekränkt. Bei dem Freimuth, mit dem er zu aller Zeit seine liberalen Grundsätze bekannt, und der regen politischen Thätigkeit, die er besonders 1848 in Elbing entfaltet, war das freilich nicht zu verwundern; aber für ihn selbst lag darin ein starker Antrieb, außerhalb Preußens sich ein Feld freierer Wirksamkeit zu suchen, und er fand dasselbe, wie er es sich nicht besser hätte wünschen mögen, als ihn der Bremer Senat 1858 zur Leitung der Handelsschule berief, und vollends, als ihm 1866 die Direction des Gymnasiums [251] übertragen wurde. Während der zwei Decennien, die er der freien Hansestadt angehörte, erwarb er sich auf allen Seiten Anerkennung, Liebe und Vertrauen in einem Maße, wie es selten gefunden wird. Der Macht seiner geistvollen Persönlichkeit, dem Feuer seiner Rede, der Liebenswürdigkeit seines Umgangs vermochte sich Niemand, ob Freund oder Vorgesetzter, ob Schüler oder College, zu entziehen, und als ihn nach schweren und qualvollen Leiden ein bei seiner sonstigen Rüstigkeit unerwartet früher Tod dahin raffte, hinterließ er in dem öffentlichen Leben seiner Adoptiv-Heimath und vollends in ihrem Schulwesen, eine Lücke, die noch lange schmerzlich empfunden werden wird.

Zur Erinnerung an Prof. Dr. Wilh. Hertzberg, Director des Gymnasiums zu Bremen. Als Manuscr. gedruckt. – Darin: Nekrolog aus der Weser-Zeitg., 28.–31. Aug. 1879 von Dr. Const. Bulle.