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ADB:Henrici, Paul Christian

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Artikel „Henrici, Paul Christian“ von Albert Teichmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 196–197, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Henrici,_Paul_Christian&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 17:45 Uhr UTC)
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Henrici: Paul Christian H., schleswig-holsteinischer Jurist, zuletzt Reichsgerichts-Senatspräsident, wurde als Sohn des Leibarztes des Herzogs von Augustenburg auf Alsen am 18. April 1816 geboren, studirte 1834–38 in Kiel und Berlin die Rechte und trat nach bestandenem Amtsexamen bei den Oberdikasterien in Glückstadt ein, da es ihm widerstrebte, sich in Kopenhagen bei der dortigen schleswig-holstein-lauenburgischen Kanzlei als Volontär zu [197] melden. Er lernte in seiner Jugend natürlich den Herzog Christian Karl Friedrich August (der am 30. Juli 1846 gegen den Offenen Brief des dänischen Königs Christian VIII. Protest erhob, vgl. A. D. B. IV, 205–211), ebenso dessen Bruder Prinz Friedrich von Noer näher kennen, während er mit dem Erbprinzen Friedrich (geboren 6. Juli 1829) vor 1864 kaum je in Berührung kam. Von der provisorischen Regierung wurde er 1848 zum Polizeimeister in Apenrade bestellt, welchen schweren Posten er mit Muth und Geschick versah. Dann wurde er von der gemeinsamen Regierung am 23. Februar 1849 zum Obergerichtsrath in Glückstadt ernannt und 1858 Etatsrath. Mangels anderer geeigneter Persönlichkeiten ließ er sich 1864 bestimmen, nach Ankunft des Herzogs Friedrich von Augustenburg an die Spitze der von den Bundescommissaren errichteten Herzoglichen Landesregierung für Holstein zu treten. Hierbei ging er zwar von der Ansicht aus, daß es für die Herzogthümer das vortheilhafteste sei, wenn sie eine preußische Provinz würden, erachtete es aber als Ehrenpflicht, bis zur definitiven Lösung der Successionsfrage treu zum Herzog zu halten, dessen Erbfolgerecht den Schleswig-Holsteinern als Stützpunkt für das erstrebte Loskommen von Dänemark diente, ohne jedoch bei aller Anhänglichkeit für den Herzog so weit zu gehen, wie viele seiner Landsleute, welche Oesterreich im Kriege mit Preußen den Sieg wünschten, im Glauben, daß dann die Einsetzung des Herzogs erfolgen werde. In seinen interessanten „Lebenserinnerungen eines Schleswig-Holsteiners“, Stuttg. u. Leipzig 1897 (zuerst in der Deutschen Revue von R. Fleischer, Jahrg. 21, Bd. 3) erbringt H. rücksichtlich der juristischen Natur des bekannten Abkommens von 1852 und der Successionsfrage aus eigenen Beobachtungen und Erfahrungen neues geschichtliches Material, das den Geschichtschreibern dieser Periode unbekannt war, so daß z. B. die Darstellung von v. Sybel, namentlich auch über den Werth des Heffter’schen Kronsyndicatsberichts, in wesentlichen Punkten sich als unzutreffend herausstellt. Mehr als irgend ein anderer der noch lebenden Zeitgenossen hielt er sich aber auch zu dieser Berichtigung verpflichtet (vgl. a. a. O. S. 119–152). Nur kurze Zeit (1865–67) bekleidete er die Stelle eines Directors der holsteinischen Oberdikasterien; nach ihrer Auflösung am 1. September 1867 trat er als Rath in das für die neuen Provinzen in Berlin errichtete Oberappellationsgericht, wurde 1872 dessen Vicepräsident und Mitglied des Herrenhauses, bei Vereinigung jenes Gerichtshofes mit dem Obertribunal dessen Vicepräsident, 1875 Wirklicher Geheimer Ober-Justizrath und im October 1876 gelegentlich der Einweihung des neuen Universitätsgebäudes von der Kieler Juristenfacultät zum juristischen Ehrendoctor ernannt. Bei Errichtung des Reichsgerichts am 1. October 1879 erhielt er den Vorsitz im dritten Civilsenat übertragen, feierte am 1. October 1888 sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum und wurde durch Ernennung zum Wirkl. Geh. Rath (Excellenz) ausgezeichnet. Am 1. October 1891 trat er in den Ruhestand und siedelte nach Berlin über, wo er am 3. Juni 1899 starb. Er galt als seiner der scharfsinnigsten deutschen Juristen und hat sich durch Erörterung der Besetzungsverhältnisse am Reichsgericht in einer Arbeit in Ihering’s Jahrbb., Bd. XXIV (1886, auch separat), und einer weiteren in den Grenzboten (55. Jahrg., 4. Quartal, S. 489–495) verdient gemacht.

Die oben erwähnten Lebenserinnerungen. – Deutsche Juristen-Zeitung 1899, S. 250/51. – Joh. Saß in Bettelheim’s Biogr. Jahrbuch IV (1900), S. 252/3. – Chronik der Universität zu Kiel, Kiel 1877, S. 6. – Zarncke’s Liter. Centralblatt 1897, Sp. 393. – Illustrirte Leipziger Zeitung 1879, II, 267. – Deutsche Juristen-Zeitung 1904, S. 879.