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ADB:Christian August (Herzog von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg)

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Artikel „Christian Karl Friedrich August, Herzog von Schleswig-Holstein“ von Karl Lorentzen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 205–211, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Christian_August_(Herzog_von_Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg)&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:39 Uhr UTC)
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Christian Karl Friedrich August, Herzog von Schleswig-Holstein aus der sonderburg-augustenburgischen Linie, geb. 19. Juli 1798 zu Kopenhagen, † 11. März 1869 zu Primkenau in Schlesien. Sein Vater war der Herzog Friedrich Christian; seine Mutter Herzogin Luise Auguste war die einzige Tochter [206] des Königs Christian VII. von Dänemark und der unglücklichen Königin Karoline Mathilde. Seine ersten Lebensjahre verbrachte er theils auf den väterlichen Besitzungen im Herzogthum Schleswig, namentlich Augustenburg und Gravenstein, theils in Kopenhagen, wo der Vater als Mitglied des dänischen Staatsraths und Vorstand des gesammten Unterrichtswesens häufig längeren Aufenthalt nahm. Die Erziehung des Prinzen Ch. und seines um zwei Jahre jüngeren Bruders Friedrich (später gewöhnlich als Prinz von Noer bezeichnet) wurde unter der Oberaufsicht des hochgebildeten, als Freund Schiller’s bekannten Vaters hauptsächlich von dem gelehrten Hofprediger Germar geleitet. Im J. 1810, als bei Gelegenheit der schwedischen Königswahl König Friedrich VI. von Dänemark dem Herzog Friedrich ein gänzlich unmotivirtes Mißtrauen bewies, zog letzterer tief verstimmt sich ganz aus seiner amtlichen Stellung zurück und lebte auf seinen schleswig’schen Besitzungen mit der Erziehung seiner Söhne beschäftigt. Aber schon am 14. Juni 1814 starb Herzog Friedrich, und der sechzehnjährige Christian August war jetzt, wenn auch zunächst noch unter der Vormundschaft seiner Mutter stehend, der Chef seines Hauses. Während der nächsten Jahre wurde die Erziehung im ganzen noch in der bisherigen Weise fortgesetzt. Im Sommer 1817 unternahmen der junge Herzog und sein Bruder die bei vornehmen jungen Herren damals übliche ausländische Reise. Sie gingen zunächst nach Genf, wo sie verschiedenen Studien oblagen. Namentlich fand der Herzog in dem damaligen Capitain Dufour, der später als eidgenössischer Feldherr sich so großen Ruhm erworben hat, einen ausgezeichneten Lehrer der Kriegswissenschaften, dessen er sich immer mit Dankbarkeit erinnerte. Den Sommer 1818 wurden Reisen in die Schweiz unternommen, und im Herbst brachen die beiden Brüder nach Italien auf, wo sie den Winter in Rom und Neapel verlebten. Im folgenden Jahre studirte der Herzog in Heidelberg und machte dann Reisen in Frankreich und England. Nach seiner Rückkehr in die Heimath vermählte er sich im September 1820 mit der Gräfin Daneskjold-Samsöe, zu der ihn früh eine tiefe Neigung hingezogen hatte und welche 47 Jahre lang die treue Gefährtin seines Lebens gewesen ist. Die nächsten zehn Jahre, welche überall eine Zeit der politischen Apathie waren, widmete der Herzog vorzugsweise der Bewirthschaftung seiner ausgedehnten Besitzungen auf Alsen und im Sundewitt. Außerdem beschäftigte er sich lebhaft mit Pferdezucht, für die er in England ein großes Interesse gewonnen hatte; er verfaßte mehrere hippologische Schriften und beförderte die Einführung des englischen Vollbluts. Nach außen wurde von seiner damaligen Thätigkeit nichts weiter bemerkbar. In der Stille aber bereitete er sich während dieser Jahre für die geschichtliche Aufgabe vor, welche schon durch seine Geburt ihm angewiesen war. Die Verschiedenheit des Erbfolgerechtes in Dänemark und in Schleswig-Holstein brachte es mit sich, daß, wenn der Mannesstamm des Königs Friedrich III. ausstarb, nach legitimem Erbrecht in Dänemark der Weibesstamm Friedrichs III., in Schleswig-Holstein dagegen die nächstälteste agnatische Seitenlinie dieses Königs succedirte. Das Eintreten einer solchen Eventualität schien allmählich näher zu rücken. Schon der Vater des Herzogs hatte diese Möglichkeit vorausgesehen und in seinem Testamente seinen Söhnen ans Herz gelegt, „die Rechte und Ansprüche, welche ihre Abkunft ihnen gebe, mit männlicher Festigkeit, aber ohne Verletzung der Gerechtigkeit, der Ehre und Pflicht zu behaupten“. Er sagte ihnen, daß „wenn die dänische Regierung mit ihnen über Aufgeben ihrer Erbrechte verhandle, er von ihnen hoffe und erwarte, daß sie sich nie dazu verstehen würden“. Dieser väterlichen Ermahnungen, mit denen der Jüngling in den Ernst des Lebens eingeführt wurde, ist der Herzog stets eingedenk geblieben. Indem er als Chef der jüngeren königlichen Linie des oldenburgischen Hauses seine eventuellen Erbrechte in Schleswig-Holstein [207] vertheidigte, trat er zu gleicher Zeit ein für das Recht der Herzogthümer auf staatsrechtliche Selbständigkeit, für ihre unzertrennliche Verbindung und für ihre Zugehörigkeit zu Deutschland. Das große geschichtliche Verdienst des Herzogs besteht darin, daß er sein und seines Hauses Recht immer zugleich als eine Pflicht gegen das Land aufgefaßt hat. Hätte er anders gedacht, hätte er sein Recht nur aus dem Gesichtspunkt des Familieninteresses verwerthen wollen, so würde die Geschichte Schleswig-Holsteins und Dänemarks eine andere Wendung genommen haben. Nicht selten ist an den Herzog die Versuchung herangetreten, sein Recht auf Schleswig-Holstein in dem Sinne zu benutzen, daß er durch dasselbe auch die Krone von Dänemark zu erlangen suche. Hätte er je dieser Versuchung nachgegeben, so würde nach menschlicher Voraussicht jetzt das Haus Augustenburg in Dänemark herrschen, die Herzogthümer Schleswig-Holstein aber würden mit Aufrechterhaltung der legitimen Erbfolge bei Dänemark geblieben sein, und die Grenze Deutschlands wäre jetzt nicht im Norden Schleswigs, sondern an der Elbe. Der Herzog benutzte die stille Zeit der zwanziger Jahre zu gründlichen Studien über die Geschichte und das Staatsrecht seines Vaterlandes. Seine genaue Kenntniß dieser Verhältnisse bewies er später nicht nur in zahlreichen publicistischen Aufsätzen, sondern auch in einer in Halle 1837 anonym erschienenen Schrift über die Erbfolge in Schleswig-Holstein, in welcher das Recht der Herzogthümer gegen ein im dänischen Interesse abgefaßtes Buch des Professors Paulsen mit siegreichen Gründen vertheidigt wird. Die französische Juli-Revolution äußerte in Schleswig-Holstein ihre Nachwirkung in der Lornsenschen Bewegung, durch welche zuerst das politische Bewußtsein des Landes wieder geweckt ward. Der Herzog verhielt sich dagegen kühl und ablehnend, in so fern die Bewegung auf eine liberale Entwicklung der Verfassung gerichtet war. Er war überhaupt nicht liberal in dem gewöhnlichen Sinne, aber noch viel weniger war er ein Freund des geistlosen bureaukratischen Wesens, welches die wechselnden Verhältnisse des Lebens nach der Schablone zu regeln unternimmt. Nach seinen Principien war er ein Tory. Sein Grundgedanke in politischen Dingen war das Festhalten an dem bestehenden Recht und an bestehenden Verhältnissen. Es widerstrebte ihm, aus abstracten Principien, nur um der Doctrin willen, daran zu ändern. Wo aber die Praxis des Lebens die Zweckmäßigkeit von Reformen erwiesen hatte, da hatte er stets einen offenen und vorurtheilsfreien Sinn und scheute auch vor energischen und tiefgreifenden Maßregeln nicht zurück. Es war zum Theil auch eine Folge seiner Einwirkung, daß 1831 König Friedrich VI. sich zur Einführung einer provinzialständischen Verfassung in Dänemark und in den Herzogthümern entschloß. Es war freilich nur eine kümmerliche Institution, an welcher das politische Leben der Herzogthümer emporwachsen sollte. In ihrer Zusammensetzung den preußischen Provinzialständen nachgebildet, hatten die gesonderten Versammlungen für Schleswig und für Holstein nur eine berathende Stimme in der Gesetzgebung und ein beschränktes Petitionsrecht, und waren ohne Einfluß auf die Feststellung der Einnahmen und Ausgaben des Staats. Im J. 1836 wurde die erste schleswig’sche Provinzialständeversammlung eröffnet, in welcher der Herzog eine erbliche Virilstimme hatte. So lange diese Institution bestand, hat er an den ständischen Arbeiten regelmäßig und gewissenhaft Theil genommen. Seinen hervorragenden Einfluß in der Versammlung verdankte er nicht allein seiner fürstlichen Geburt, sondern eben so sehr der Achtung, welche man seiner umfassenden Kenntniß und seinem einsichtigen Urtheil nicht versagen konnte. Schon in der zweiten Session der schleswig’schen Stände 1838 hatte der Herzog Gelegenheit, seine politische Voraussicht zu beweisen. Von einem Abgeordneten aus Nordschleswig war der Antrag auf Einführung der dänischen Gerichtssprache in Nordschleswig gestellt. Für die dänischen Agitatoren, [208] die hinter den Coulissen standen, bedeutete dies den ersten Schritt zur Durchführung des Eiderprogramms, d. h. der Verbindung Schleswigs mit Dänemark. Der Herzog sah dies richtig voraus und bekämpfte den Antrag als politisch gefährlich und praktisch unnütz. Allein die Mehrheit der Versammlung hatte noch nicht gelernt, gegen däniche Pläne mißtrauisch zu sein. Der Antrag ward mit 21 gegen 18 Stimmen angenommen. Das jubelnde Frohlocken der dänischen Propagandisten, daß das Volk von Schleswig sich nun dafür entschieden habe, dänisch sein zu wollen, belehrte die Schleswiger darüber, daß sie aus Gutmüthigkeit sich zu einem falschen Schritt hatten verleiten lassen. In der nächsten Session 1840 beantragten daher auf Veranlassung des Herzogs die schleswig’schen Stände mit 34 gegen 9 Stimmen, daß die Einführung der dänischen Gerichtssprache in Nordschleswig zurückgenommen werde. Allein es war zu spät. Die dänische Regierung hatte rasch den gemachten Fehler benutzt und schon am 14. Mai 1840 war die dänische Gerichtssprache eingeführt. Inzwischen war König Friedrich VI. am 3. December 1839 gestorben und ihm folgte auf dem dänischen Thron Christian VIII., der mit einer Schwester des Herzogs Ch. vermählt war. Mit diesem Thronwechsel trat eine große Wendung in den politischen Verhältnissen der dänischen Monarchie ein. Gleich nach dem Regierungsantritt des neuen Königs nahmen die liberalen Strömungen in Dänemark einen heftigeren Charakter an. Wichtiger aber noch war die Erbfolgefrage; in dieser lag die Entscheidung über das künftige Schicksal der Monarchie. Der König (s. o. S. 202) wünschte die Krone dem Sohne seiner Schwester, dem Prinzen Friedrich von Hessen zuzuwenden und den Herzog Ch. zu einem Verzicht gegen Entschädigung zu bewegen; gelang dies nicht, so trug er kein Bedenken, seinen Schwager durch List oder Gewalt seines Erbrechts zu berauben. Indeß nach verschiedenen Versuchen mußte der König sich überzeugen, daß es unmöglich sein werde, auf gütlichem Wege den Herzog zu einem Verzicht zu bewegen. Gleichzeitig aber fehlte es in Dänemark nicht an Politikern, welche der Ansicht waren, daß der andere mögliche Weg, die Einführung der agnatischen Erbfolge in Dänemark, geringere Schwierigkeiten biete und mehr im Interesse Dänemarks liege. Ohnehin gehörte der Herzog vermittelst seiner Mutter zu den Nächstberechtigten auf die dänische Krone. In Folge einer Unklarheit in der Lex Regia konnte es sogar zweifelhaft sein, ob seine Ansprüche nicht denen der Hessen vorgingen. Alle diese Umstände mußten den Gedanken nahe legen, daß nach dem Erlöschen des Mannesstammes Friedrichs III. das Haus Augustenburg in der gesammten dänischen Monarchie succediren könne. Auf verschiedenen Wegen wurden von Dänemark aus dem Herzog derartige Anerbietungen gemacht. Man deutete ihm an, er möge nur nicht sich selbst auf die Seite der „schleswig-holsteinischen Verschworenen“ stellen, er möge nur seine Söhne als „dänische Prinzen“ erziehen. Allein der Herzog wies alle solche Verlockungen theils durch völlige Nichtbeachtung, theils durch entschiedene Erklärung zurück. Besonders beachtenswerth ist ein später veröffentlichtes, an einen angesehenen Dänen gerichtetes Schreiben vom 2. April 1845, in welchem der Herzog alle Seiten dieser Frage offen und ausführlich erörtert und mit Bestimmtheit erklärt, niemals nach einer Krone streben zu wollen, die ihm nicht rechtmäßig zukomme, aber eben so wenig jemals auf ein ihm zustehendes Erbfolgerecht verzichten zu wollen. Im folgenden Jahre am 8. Juli 1864 ward der Offene Brief Christians VIII. über die Erbfolge erlassen. Der König machte darin den Versuch, eine Rechtsfrage durch eine einseitige Erklärung gewaltsam zu entscheiden. Seinem Schwager dem Herzog hatte der König die Absicht, den Offenen Brief zu erlassen, verheimlicht, obgleich der Herzog im Juni in Kopenhagen war, um dem König seine beiden eben confirmirten Söhne vorzustellen. Sofort nachdem der Brief erschienen war, übersandte der [209] Herzog dem König seinen feierlichen Protest. Auch bei der deutschen Bundesversammlung legte der Herzog Verwahrung ein. Auch des Herzogs Bruder, der Prinz von Noer, protestirte und legte zugleich sein Amt als Statthalter der Herzogthümer nieder.

Im October 1846 wurden die schleswig’schen Stände eröffnet, und der Herzog nahm den lebhaftesten Antheil an den Verhandlungen dieser Session, die sich durch ihre entschieden deutsche Haltung auszeichnete. Namentlich wurde der Antrag auf Aufnahme des Herzogthums Schleswig in den deutschen Bund gestellt und angenommen. Der Herzog selbst stellte den Antrag, daß die Landesrechte der Herzogthümer in zeitgemäßer Weise dahin entwickelt werden, daß die Stände sowol bei Auflegung und Verwendung der Steuern, als auch bei der Gesetzgebung eine entscheidende Stimme erhalten. Obgleich der königliche Commissär Herr v. Scheel diesen Antrag für einen „politischen Selbstmord“ des Herzogs erklärte, wurde derselbe doch mit 36 gegen 2 Stimmen angenommen. Als dann Herr v. Scheel durch eine rabulistische Auslegung der Geschäftsordnung es der Versammlung unmöglich machen wollte, Beschlüsse über Privatanträge zu fassen, und als der König dieses Verhalten Scheel’s ausdrücklich genehmigte, verließ der Herzog den Ständesaal unter feierlichem Protest gegen diese Beschränkung der ständischen Rechte, und 33 Mitglieder der Versammlung schlossen sich dieser Erklärung an und verließen mit dem Herzog den Saal. Seitdem sind die schleswig’schen Stände in ihrer damaligen Zusammensetzung nicht wieder zusammengetreten.

Im Januar 1848 starb König Christian VIII. und bald darauf brach die Pariser Februar-Revolution aus. Wie überall in Europa, so kam jetzt auch in der dänischen Monarchie die lange gährende Bewegung zum Ausbruch. Auf die Bildung des Casino-Ministeriums in Kopenhagen war die unmittelbare Antwort die Bildung der provisorischen Regierung in Kiel und die Einnahme Rendsburgs am 24. März. Der Herzog war an diesen Ereignissen unmittelbar nicht betheiligt. Hätte er in das Rad der Geschichte eingreifen können, so würde er die Kopenhagener März-Revolution gehindert haben. Seinem conservativen Sinn widerstrebte der Weg des gewaltsamen Umsturzes, und je fester er von dem Recht des Landes und seines Hauses überzeugt war, desto mehr befürchtete er, daß durch eine Revolution die bestehenden Rechte gefährdet werden könnten. Er hoffte, daß, wenn Preußen mit einer festen und entschiedenen Erklärung für die Rechte der Herzogthümer eintrete, dann vielleicht die Geister in Kopenhagen ernüchtert werden möchten. In der Absicht, eine solche Erklärung zu erwirken, eilte er am 20. März nach Berlin. Trotz der in jenen Tagen dort herrschenden Verwirrung erreichte er seine Absicht; der König von Preußen erließ an ihn jenes bekannte Schreiben vom 24. März, welches die drei Fundamentalsätze des schleswig-holsteinischen Staatsrechts, die Selbständigkeit der Herzogthümer, ihre unzertrennliche Verbindung und das Erbrecht des Mannesstammes unumwunden anerkannte und dieselben in den Tagen der Gefahr zu schützen versprach. Mit diesem Schreiben eilte der Herzog zurück. Aber inzwischen hatte bereits das Casino-Ministerium in Kopenhagen die Incorporation Schleswigs ausgesprochen. Die Herzogthümer hatten sich dagegen erhoben. Der offene Conflict mit Dänemark war unvermeidlich. Um über seine Stellung in diesem Kampf keinen Zweifel zu lassen, sprach sich der Herzog am 31. März in einer an das Volk Schleswig-Holsteins gerichteten Erklärung dahin aus: daß er der Proclamation der provisorischen Regierung unbedingt beistimme; für die Aufrechthaltung der Rechte des Landes, für den festen und redlichen Anschluß an Deutschland sei er bereit, wie bisher, alle seine Kraft einzusetzen; wenn aber der König wieder frei [210] sein und die Rechte des Landes anerkennen werde, dann werde er ihn freudig wieder in der Ausübung seiner landesherrlichen Gerechtsame unterstützen.

Während der folgenden drei Kriegsjahre ist der Herzog diesem Programm treu geblieben. Ohne persönlichen Ehrgeiz stand er fest zur deutschen Sache. Seine beiden Söhne kämpften in den Reihen der schleswig-holsteinischen Armee. Er selbst nahm an den meisten Gefechten persönlich Theil, ohne jedoch ein Commando zu führen. In der aus allgemeinen Wahlen hervorgegangenen schleswig-holsteinischen Landesversammlung saß er als gewählter Abgeordneter für Eckernförde. Er gehörte zur conservativen Seite des Hauses und nahm an den Arbeiten desselben den regsten Antheil.

Der Ausgang des Krieges ist bekannt. Die Herzogthümer, auf ihre eigenen Kräfte angewiesen, waren noch ungebrochenen Muthes. Aber in Folge der traurigen Politik von Olmütz wurden sie durch Preußen und Oesterreich ihrer Waffen beraubt und dann wehrlos der dänischen Rache preisgegeben. Dem Herzog waren gleich zu Anfang des Krieges seine Besitzungen auf Alsen und im Sundewitt mit Beschlag belegt worden. Jetzt wurde er mit seiner ganzen Familie verbannt und Dänemark hätte gerne die Güter confiscirt. Es war hauptsächlich das Gerechtigkeitsgefühl des Kaisers von Rußland, welcher dieses verhinderte und verlangte, daß man dem Herzog seine Besitzungen abkaufe. Die dänische Regierung mußte nun dem Herzog Propositionen machen. Sie bot ihm eine Summe, die notorisch weit unter dem wirklichen Werth der Besitzungen war, und verlangte zugleich von dem Herzog das Versprechen, daß er den Beschlüssen des Königs von Dänemark hinsichtlich der Ordnung der Erbfolge in den unter seinem Scepter vereinigten Landen nicht entgegentreten wolle. Der Herzog, dem diese Proposition unter Vermittlung der preußischen Regierung als Ultimatum zuging, sah sich vor die Wahl gestellt, entweder dieselbe anzunehmen, oder die Confiscation seines ganzen Vermögens zu gewärtigen. Er entschied sich für ersteres und unterzeichnete am 30. Decbr. 1852 die Verkaufsacte zugleich mit dem ihm abverlangten Versprechen. Dieser Schritt des Herzogs ist oft getadelt und wird immer die verschiedensten Beurtheilungen erfahren. Ein Verzicht im rechtlichen Sinne war damit nicht ausgesprochen. Auch hat die dänische Regierung ausdrücklich zugestanden, daß sie die Erklärung nicht als einen Verzicht auffasse.

Indeß wie man auch über die Bedeutung jener Erklärung denken mag, für den Herzog persönlich war damit seine politische Wirksamkeit abgeschlossen. Denn das Versprechen, sein Recht nicht gegen den Willen des Königs von Dänemark geltend zu machen, war in der Wirkung gleichbedeutend mit einem Verzicht auf fernere politische Thätigkeit in der schleswig-holsteinischen Sache.

Dem Herzog war dies von Anfang an klar. Da sein rastlos thätiger Geist den Müssiggang nicht vertrug, so schuf er sich sogleich ein neues Feld der Arbeit. Er kaufte die ausgedehnte Herrschaft Primkenau in Niederschlesien, und war hier unermüdlich thätig, durch großartige Entwässerungen und andere Meliorationen den sehr vernachlässigten Besitz in ein reiches und fruchtbares Gefilde umzuschaffen. Er war mit Lust und Liebe bei der Sache und diese Arbeit hat ihn die letzten 16 Jahre seines Lebenes beschäftigt und ihn frisch und rüstig bis ans Ende erhalten. Es war ihm beschieden, noch die Trennung der Herzogthümer von Dänemark zu erleben. Aber an den Ereignissen, welche dies herbeiführten, hat er keinen activen Antheil genommen, außer daß er 1863 nach dem Tode des Königs Friedrich VII. zu Gunsten seines ältesten Sohnes auf sein Erbfolgerecht verzichtete. Wenn der Grundzug seines ganzen politischen Denkens gewesen war daß das Recht um politischer Zweckmäßigkeiten willen nicht gebrochen werden dürfe, so konnte er freilich für die letzte Wendung der schleswig-holsteinischen Dinge kein Verständniß haben, und die Einverleibung der Herzogthümer [211] in Preußen mußte in ihm den entschiedensten Gegner finden. – Noch eine harte Prüfung war dem Herzog vorbehalten. Am 11. März 1867 ward ihm die treue Gefährtin seines Lebens nach 47 Jahren der glücklichsten Ehe durch den Tod entrissen. Zwei Jahre später an demselben Tage, am 11. März 1869, ist auch er entschlafen.

Ueber die Ziele seines politischen Strebens hat der Herzog sein ganzes Leben hindurch nie einen Zweifel aufkommen lassen. Was er wollte, lag klar und deutlich vor Aller Augen. Sein persönlicher Vortheil hätte ihn eher auf die andere Seite gezogen, aber das Gebot der Pflicht hielt ihn bei seinem Land und Volk. Es war ihm nicht gegeben, die Herzen der Menge zu gewinnen; auch strebte er nie nach Popularität. Eine gewisse vornehme Zurückhaltung mochte dem Fernerstehenden als Kälte erscheinen. Wer aber Gelegenheit hatte ihm näher zu treten, der erkannte bald die Festigkeit und Klarheit seiner Ueberzeugung, die Wärme seiner Empfindung. Er sprach seine Ansichten mit großer Schärfe und Bestimmtheit aus und vertheidigte sie mit gewandter Dialektik; aber er achtete jede fremde Ueberzeugung und konnte Widerspruch sehr wohl ertragen, zumal wenn derselbe auf gute Gründe gestützt war. Nie suchte er in der Debatte aus seiner vornehmeren Stellung einen Vortheil zu ziehen. In den parlamentarischen Versammlungen, deren Mitglied er war, pflegte er sich regelmäßig an den Arbeiten zu betheiligen. Seine Reden waren gewandt in der Form und stets von großer Klarheit der Argumentation. Es lag nicht in seiner Natur, die idealeren Beziehungen der Fragen, die er erörterte, hervortreten zu lassen, aber dafür waren seine Reden auch stets frei von aller Phrase; er sprach immer, wie die Engländer sagen, to the point. Denselben Charakter tragen die zahlreichen kleinen Schriften und Aufsätze, die freilich alle anonym aus seiner Feder geflossen sind. Das Familienleben im herzoglichen Hause zeichnete sich durch die größte Reinheit und Innigkeit aus. Wer je die Gastfreiheit des Herzogs genossen hat, der wird sich stets gern erinnern, wie zart und innig das Verhältniß der Familienglieder war, und in wie schöner Weise im täglichen Leben die Vorzüge fürstlicher Eleganz mit denen bürgerlicher Einfachheit verbunden waren.