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ADB:Hatzfeldt, Karl Friedrich Graf von

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Artikel „Hatzfeldt, Karl Friedrich Graf von“ von Anton Victor Felgel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 31–34, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hatzfeldt,_Karl_Friedrich_Graf_von&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 06:43 Uhr UTC)
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Hatzfeld: Karl Friedrich Anton Graf von H. wurde geboren am 14. September 1718 als jüngerer Sohn des Grafen Franz H. Seine Familie war in Böhmen mehrfach begütert. Sein Vater erbte nach Abgang der Rosenberg’schen Linie die Herrschaft Altenberg-Stetten – 1722 –, erkaufte die bedeutende Herrschaft Dlaschkowitz im Leitmeritzer Kreise und starb als kaiserl. königl. geheimer Rath am 21. Februar 1733. H. war von seiner Kindheit an für den geistlichen Stand bestimmt und wurde in früher Jugend Domherr zu Mainz. Er resignirte aber, wurde 1737 kaiserl. Kämmerer und trat in österreichische Staatsdienste. Seit 1741 Appellationsrath in Böhmen, dann supernumerärer Statthalter und Deputationsassessor, ward er nach erfolgter Auflösung der königl. Statthalterei Beisitzer der Repräsentation und Kammer in Prag. Im Juni 1749 erfolgte seine Ernennung zum wirklichen geheimen Rathe. Bei der Gründung des Staatsrathes – 1760 – schlug Kaunitz den Grafen H. zum Mitgliede vor, ohne daß dieser jedoch wirklich in denselben berufen wurde. Im nächsten Jahre wurde H., damals königl. böhmischer Appellationspräsident zum Chef der deutsch-erbländischen Credits-Commission und zum Präsidenten der Ministerial-Banco-Deputation ernannt. In dieser Stellung besaß er einen bedeutsamen Wirkungskreis. Die Wiener Stadtbank war ihm untergeordnet. Alles, was sich auf das Schulden- und Creditswesen des Staates bezog, stand unter seiner Leitung. Die Creditsdeputation sollte wenigstens theilweise als Generalkasse und zwar bis zu dem Zeitpunkte fungiren, daß es gelänge, auch die Cameral- und Contributionsgefälle mit den übrigen Einnahmen und Ausgaben des Staates unter eine und dieselbe Verwaltung zu stellen. Bald darauf folgte auch seine förmliche Ernennung zum Präsidenten der Generalkassendirection. Am 6. Mai 1764 erhielt er das Großkreuz des neugegründeten St. Stefansordens (– der einzige Deutsche, welcher damals mit dieser Auszeichnung, die außer ihm nur an Ungarn verliehen wurde, bedacht ward –). Mit Zinzendorf stand H. dem Kaiser Franz I. zur Seite, als dieser [32] die Ordnung der Staatsfinanzen in die Hand nahm; und seine Bemühungen waren mit günstigem Erfolge gekrönt. Bald konnte mit der Umwandlung der 6 proc. Schuldverschreibungen in solche, die nur 5 Proc. trugen, begonnen werden. Die von H. vorgeschlagene Abänderung der Rechnungscontrole fand die Billigung des Kaisers und die von ihm anfangs nur bei der Militärpensionskasse eingeführten neuen Journale wurden bald in den sämmtlichen anderen Militärkassen, endlich auch mit Genehmigung des Kaisers bei der neuen Universalstaatsschuldenkasse und bei dem Universalcameralzahlamte, sowie bei den Ländercameralkassen vorgeschrieben. Nach der Entlassung des Hofkammerpräsidenten Grafen von Herberstein übernahm H. – im Mai 1765 – auch dessen Stelle. Hatzfeld’s Sachkenntniß, Umsicht und unermüdliche Thätigkeit hatten wesentlichen Antheil an der sich damals anbahnenden Besserung der finanziellen Verhältnisse der österreichischen Monarchie. Im Mai 1766 schrieb Renier, der venetianische Botschafter: Man könne daraus entnehmen, wie viel ein Mann vermöge, wenn er redlich bemüht sei, die größte Vollkommenheit in den von ihm ausgehenden Maßregeln zu erzielen. Aber bald nach dem Tode des Kaisers Franz I. entstanden mannichfache Reibungen und Competenzstreitigkeiten. Als Zinzendorf mit seinen Finanzvorschlägen hervortrat, kam die Gegnerschaft zwischen ihm und H. offen zu Tage. Entschieden sprach H. sich gegen die von Zinzendorf projectirte Länderbank aus. Er betonte namentlich die Gefahr einer solchen decentralisirenden Anstalt in einem monarchischen Staate. Auch schien ihm ihre Einrichtung allzu verwickelt und er sah die Vortheile, welche Zinzendorf in Aussicht stellte, als ungewiß an. Nicht minder bekämpfte H. die projectirte Handelsgesellschaft mit ihrem Monopole. Noch am 7. August 1767 sprach sich Maria Theresia – wohl durch Kaunitz beeinflußt – zu Gunsten des Zinzendorf’schen Bankprojectes aus. Kaiser Josef aber stand auf der Seite Hatzfeld’s und auch Maria Theresia wußte dessen Kenntnisse und Verdienste viel zu sehr zu schätzen, um seine Einwendungen ganz unbeachtet zu lassen. Ihr Handschreiben vom 21. October 1767, worin sie die Errichtung der Bank ablehnte und anordnete, über die Börse und die Handelsgesellschaft weitere Berathungen zu pflegen, bedeutete in der That einen Sieg Hatzfeld’s. Am 6. Juni 1768 trat dieser mit seinem Friedens- und Kriegssystem hervor, welches in der österreichischen Finanzgeschichte Berühmtheit erlangte. Er wies nach, wie wenig noch fehle, um in Friedenszeiten das Gleichgewicht zwischen den Einnahmen und den Ausgaben des Staates herzustellen. Er machte Vorschläge, welche die Sicherstellung und Amortisirung der Staatsschuld betrafen. Namentlich sollte darauf gesehen werden, daß die der Amortisation gewidmeten Summen wirklich nur zu diesem Zwecke verwendet werden. Die Zinsenreduction jener Staatsschulden, welche höher als zu 4 Procent verzinslich oder in nahen Fristen und hohen Beträgen rückzahlbar wären, sollte fortgesetzt werden. Nicht durch Ankauf auf der Börse sollte dies vorzugsweise geschehen, sondern durch Aufkündigung der alten und durch Annahme neuer und billigerer Einlagen bei allen Staatsschuldenkassen. Bei dem Banco seien die Schuldtitel im Wege der Verloosung einzulösen. Auch die Deckung der Ausgaben für den Fall eines Krieges hatte H. in das Auge gefaßt. Den größten Theil der erforderlichen Summen glaubte er aus Staatsmitteln aufbringen, den Rest durch Ausgabe von Papiergeld und durch Zwangsanleihen beschaffen zu können. Nahezu ein volles Jahr dauerten die Berathungen, welche über diese Anträge Hatzfeld’s im Staatsrathe und in außerordentlichen Commissionen gepflogen wurden. Mit größter Leidenschaftlichkeit feindeten die beiden Hauptgegner H. und Zinzendorf sich an. Endlich brach sich die Anschauung Bahn, welche Hatzfeld’s Vorschläge als die einfacheren und den thatsächlichen Verhältnissen besser entsprechenden betrachtete. Die Entscheidung, [33] welche die Kaiserin am 5. Mai 1769 traf, stimmte im Ganzen und Großen mit den Vorschlägen Hatzfeld’s überein. Doch wurde ihre Ausführung noch mehrfach bekämpft; aber die Kaiserin entschied wenigstens in Bezug auf die Banknoten und die Börse nach den Vorschlägen Hatzfeld’s und das kaiserliche Patent wegen Hinausgabe von Papiergeld, welches endlich am 1. August 1771 erschien, bedeutete seinen vollständigen Sieg. H. war zu Ende Juni desselben Jahres oberster Kanzler der böhmisch-österreichischen Hofkanzlei geworden und gab nun das Präsidium der Hofkammer und der Ministerial-Bancodeputation, sowie das des Commercien-Hofrathes an den Grafen Leopold Kolowrat, den bisherigen Vicekanzler, ab. Die Erwartungen, welche an die Finanzvorschläge Hatzfeld’s geknüpft worden waren, erfüllten sich in der That. Für das J. 1770 war der Staatsvoranschlag noch mit einem Deficit von mehr als 8 Millionen aufgestellt worden. Im J. 1775 wurde bereits ein Ueberschuß der Einnahmen über die Ausgaben erzielt. – Zu Ende November 1771 schlug Kaiser Josef den Grafen von H. zum Nachfolger des Fürsten Starhemberg vor. Der Kaiser betonte Hatzfeld’s Talente und seine eingehende Kenntniß aller Theile der Monarchie. Er sprach seine Ueberzeugung aus, H. werde in dieser Stellung die ersprießlichsten Dienste leisten und namentlich „von seinen jetzigen Rathgebern, so vielleicht nicht immer die glücklichsten waren, entfernt sein“. Diesem Antrage Josef’s entsprechend, wurde H. zum dirigirenden Staatsminister ernannt. Er zeigte sich als ein – allerdings gemäßigter – Anhänger der alten clericalen und Adelspartei. Seine Anschauungen standen daher in wichtigen Fragen gar oft mit denen des Kaisers in Widerspruch. H. war es, über dessen Antrag die Kaiserin im August 1772 die Verhandlungen über die Aufhebung der Todesstrafe unterbrach. Er war der Einzige, der zu Ende desselben Jahres für den unförmlichen Entwurf eintrat, welchen die Gesetz-Compilations-Commission als Ergebniß 17jähriger Mühe vorlegte. Hatzfeld’s Ansichten über die Grundsätze, auf denen die oberste Staatsverwaltung beruhen soll, gehen klar aus einer Denkschrift hervor, welche er zu Ende des Jahres 1773 im Auftrage der Kaiserin ausarbeitete, und in der er ein nahezu vollständiges Regierungssystem entwarf. Er erklärte darin, daß in jenen österreichischen Ländern, in welchen bisher neben der katholischen Religion auch andere Glaubensbekenntnisse gesetzlich bestanden, hievon nicht willkürlich abzugehen wäre. In allen übrigen Provinzen aber seien Akatholiken mit Ausnahme einzelner verdienter Männer und deren Familien gar nicht zu dulden. Ein prächtiger Hof, ein reicher Adel trügen viel zur Volkswohlfahrt bei. Die Regierung müsse daher die Erhaltung des Adels als eine ihrer Hauptaufgaben betrachten. Gute Schulen sollten für Sitte und Unterricht sorgen. Die inneren Angelegenheiten des Staates dürften nur einer einzigen obersten Regierungsbehörde untergeordnet sein. Ihr Chef, der Kanzler, müsse gleichzeitig Präses der Hofkammer sein; die Justiz aber solle von der Verwaltung getrennt bleiben. Unter den Fabriken erscheinen ihm jene als die wichtigsten, welche die meisten Hände beschäftigten, den Werth ihrer Erzeugnisse mehr in der Höhe der Arbeitslöhne als im Preise der Rohstoffe fänden und mehr in- als ausländische Stoffe verarbeiteten. Der Staat habe als Vermittler zwischen Erzeuger und Verbraucher durch Erhaltung von Mittelpreisen zu sorgen. In der Regel hätten sich die Ausgaben nach den Einnahmen zu richten. Unter den Einnahmsquellen seien indirecte Abgaben besonders zu empfehlen, weil durch sie auch Fremde getroffen würden. Die Staatseinnahmen würden mit dem Volkswohlstande wachsen. Dieser werde durch strenge und schnelle Rechtspflege mächtig gehoben. Sie dürfe sich nicht scheuen, auch gegen den Staat zu entscheiden. Auch der Staat dürfe nicht unter dem Titel seiner Machtvollkommenheit fremdes Eigenthum wegnehmen, ohne völlige Entschädigung zu leisten. – Die Verschiedenheit [34] der Anschauungen Hatzfeld’s von denen des Kaisers in manchen wichtigen Fragen springt klar in die Augen. Und H. verhehlte nie seine Meinung. Er sprach sie vielmehr mit unerschrockenem Freimuthe dem Monarchen gegenüber aus. Daß er demungeachtet stets volle Geltung beim Kaiser sich bewahrte, ist wol ein ehrenvolles Zeugniß für seine hervorragende Befähigung und seine genaue Kenntniß der österreichischen Monarchie. Wiederholt stimmte der Kaiser Josef bei den Conferenzen der Ansicht Hatzfeld’s bei „nicht aus Ueberzeugung, aber aus Vertrauen“; denn er wußte gar wol die tiefe Gründlichkeit seines Wissens, die Unbestechlichkeit seines Urtheils und seinen rückhaltlosen Freimuth zu schätzen. Im Alter von 74 Jahren starb H. am 5. September 1793. – In dem als Fundort von Granaten altbekannten Orte Podhaticz (Herrschaft Dlaschkowitz) hatte H. im J. 1779 eine Granatenfabrik angelegt und dadurch einen noch heute fortblühenden Industriezweig eröffnet.

Benutzt wurden einige Acten des k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchives in Wien, ferner außer Wurzbach, Biogr. Lex., Bd. 8 S. 51 ff., v. Hock (u. Biedermann), Der österreich. Staatsrath (Wien 1868–78), namentlich die betreffenden Bände von Alfred von Arneth’s Geschichte Maria Theresia’s.