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ADB:Hadwig

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Artikel „Hadwig“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 308–309, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hadwig&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 22:17 Uhr UTC)
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Hadwig, Gemahlin Herzog Burchards II. von Schwaben, im 10. Jahrhundert, gest. 994. Herzog Heinrich I. von Baiern (s. d. Art.), aus dem Stamme des sächsischen Königshauses, hatte von seiner bairischen Gemahlin, Tochter des 937 verstorbenen Herzogs Arnolf (vgl. Bd. I. p. 607), Judith, eine Tochter H., welche schon in jungen Jahren als Mittel der Reichspolitik, zum Zwecke der Verbindung des Kaiserthrones von Constantinopel mit dem sächsischen Hause, vorübergehend in Aussicht genommen wurde: es scheint, daß es sich, 949, um die Verlobung des etwa zehn Jahre alten Mädchens mit dem Sohne des Kaisers Constantin, dem nachmaligen Kaiser Romanus II., gehandelt habe. Nach einer allerdings weit jüngeren anekdotenhaften Darstellung Ekkeharts IV. soll die Verbindung an der launenhaften Abneigung der in Vorschlag gebrachten Braut gescheitert sein. Dann jedoch reichte H. ihre Hand dem nach der Absetzung Liudolfs 954 durch Otto I. als Herzog von Schwaben bestellten Burchard, einem wol ohne Zweifel schwäbischen Grafen, welcher vielleicht sogar als Sohn des 926 verstorbenen Herzogs Burchard I. (vgl. Bd. III. p. 562) angesehen werden darf, demnach auch mit der königlichen Familie in engeren verwandtschaftlichen Beziehungen schon seiner Abstammung nach gewesen zu sein scheint. Jedenfalls war nun dieses Band durch die Vermählung mit der ihrer geistig bedeutenden Mutter ebenbürtigen bairischen Herzogstochter noch enger geknüpft. Aus der Geschichte der Zeit ihrer wol anderthalb Decennien und mehr dauernden kinderlosen Ehe – doch war der Altersunterschied der Gatten kein so großer, wie Ekkehart denselben ausmalte – ist fast gar nichts bekannt, als daß das Paar auf dem Hohentwiel, der vielleicht burchardingisches Familiengut, jedenfalls [309] aber, seit 917, dem Sturze der sogenannten Kammerboten, in der Gewalt Burchards I., Hauptaufenthaltsort der schwäbischen Herzoge war, ein Kloster begründete, das bei Burchards Tode schon bestand, im Anfange des 11. Jahrhunderts dann nach Stein am Rhein (St. Georgen) verlegt erscheint. Am 12. November 973 wurde H. Wittwe, und Otto II. bestellte nun als Herzog über Schwaben seinen ihm engbefreundeten gleichalterigen Stiefneffen Otto, den Sohn Liudolfs, wol in bestimmter Absicht, um die Pläne der jüngeren herzoglich bairischen Linie des Königshauses, durch die Persönlichkeit der schwäbischen Herzogswittwe, der Schwester Herzog Heinrichs II. von Baiern, mittelbar auch über Schwaben verfügen zu können, zu durchkreuzen. Allerdings wird von Ekkehart IV. behauptet, daß H. als „Herzog“, als „Stellvertreterin der Reichsgewalt“ über Schwaben nach dem Tode ihres Gemahles verfügt habe; allein das geschieht in einem deutlich eine tendenziöse Darstellung enthaltenden Zusammenhange, wo es sich darum handelt, in der entstellten Schilderung der Beziehungen St. Gallens zu Reichenau St. Gallen als das von Abt Ruodmann von Reichenau verfolgte unschuldige Opfer zu charakterisiren, welchem der besondere Schutz der gestrengen und gerechten Herzogin zu Gute gekommen sei. H. mag neben einem sehr ansehnlichen, von Burchard ererbten Grundbesitze – derselbe ist besonders aus Vergabungen an Reichenau, an Petershausen, an Kloster Hohentwiel zu erkennen, in der Baar, im Klettgau und Hegau – den herzoglichen Titel behalten haben; aber von weiteren staatlichen Befugnissen, etwa gar von einer Vogtei über St. Gallen, ist keine Rede. Ueberhaupt ist H. zwar eine Lieblingsfigur Ekkeharts IV., doch in den gleichzeitigen St. Galler Quellen, so auch im Todtenbuche, in den Verbrüderungen, ganz und gar nicht erwähnt. Nur durch Ekkeharts allerdings höchst anmuthige Geschichten von dem schönen gelehrten jungen St. Galler Mönch (Ekkehart II.), den sich H. als Lehrer erbeten und dann an den kaiserlichen Hof weiter empfohlen haben soll, von dem jugendlichen Begleiter Ekkeharts, dem Klosterschüler Burchard (dem späteren vortrefflichen Abte, Burchard II., 1001–22), welcher sich seinem Vetter Ekkehart angeschlossen habe, um auf dem Twiel von den griechischen Kenntnissen der Herzogin Vortheil zu ziehen, durch einen Kreis von Erzählungsstoffen, welche dann im 19. Jahrhundert Scheffel erst recht zum Leben weckte, ist die sonst recht schattenhafte Figur der Herzogin H. vor die Augen gerückt und geradezu populär geworden. In Wahrheit ist zu sagen, daß durch die unheilbaren chronologischen Widersprüche, welche Ekkehart IV. in diese Ereignisse von 973 hineinträgt, die wirkliche historische Glaubwürdigkeit der ganzen Gruppe von Anekdoten sich sehr vermindert. Jedenfalls aber dürfte so viel übrig bleiben, daß die Erscheinung der „Minerva vom Twiel“ neben derjenigen ihrer Schwester, der Gandersheimer Aebtissin Gerberga, als ein hervorragendes Beispiel der Frauenbildung im ottonischen Zeitalter gelten kann. H. starb an einem der letzten Augusttage 994, beerbt von ihren bairischen Familienangehörigen.

Das gesammte Material zur Geschichte der Herzogin H. ist zusammengebracht und kritisch beleuchtet im Commentar zur neuen Ausgabe von Ekkeharts IV. Casus S. Galli (St. Gallische Geschichtsquellen, 3. Abtheil., p. 319–31, 342–53, 387 u. 388, 392 u. 393) v. Verf. d. Art. (dazu Köpke-Dümmler, Otto der Große, p. 172 u. 242). Noch Stälin, Wirtemberg. Geschichte, Bd. I. p. 459 u. 460, hat die Glaubwürdigkeit Ekkeharts IV. allzuhoch angeschlagen.