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ADB:Gruppe, Otto Friedrich

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Artikel „Gruppe, Otto Friedrich“ von Carl von Prantl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 64–65, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gruppe,_Otto_Friedrich&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 06:38 Uhr UTC)
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Gruppe: Otto Friedrich G., geb. am 15. April 1804 in Danzig, † am 7. Januar 1876 in Berlin, Sohn eines Kaufmanns, machte seine Vorbereitungsstudien in seiner Vaterstadt und bezog 1825 die Universität Berlin, wo er sich mit Naturwissenschaften, Philosophie und altdeutscher Sprache beschäftigte. Den Plan, sich als Docent in Berlin zu habilitiren, gab er wieder auf, da seine lebhafte Abneigung gegen die damals ausschließlich herrschende Philosophie Hegel’s ihm Schwierigkeiten bereitete. Er wendete sich zur Presse und trat zunächst als Mitarbeiter der preußischen Staatszeitung ein, deren Feuilleton er später (1835) selbständig redigirte; ästhetische Kritiken und Berichte über die Berliner Kunstausstellungen waren sein hauptsächliches Gebiet, welches er auch im Berliner Kunstblatt vertrat. Nachdem er auch mit einem Epos „Alboin, König der Longobarden“ (1830) ans Licht getreten war, gab er seinem Widerwillen gegen die Philosophie Hegel’s (noch bei Lebzeiten desselben) durch zwei Schriften einen nicht sehr bedeutsamen Ausdruck; dieselben waren: „Antäus, ein Briefwechsel über speculative Philosophie in ihrem Conflict mit Wissenschaft und Sprache“ (1831) und „Die Winde oder ganz absolute Construction der neuen Weltgeschichte durch Oberon’s Horn, gedichtet von Absolutus v. Hegelingen“ (1831); später folgte „Der Wendepunkt der Philosophie im 19. Jahrhundert“ (1834), worin er sich wegwerfend über jede speculativ-systematische Entwicklung äußerte und schließlich einem ziemlich dilettantenhaften Empirismus das Wort redete. Verdienstlicher war sein gleichzeitiges Werk „Ariadne, die tragische Kunst der Griechen in ihrer Entwicklung“ (1834), welches, wenn auch nicht auf philologischer Methode beruhend, wenigstens in ästhetischer Beziehung anregend wirken kann; auch die größere Arbeit „Die römische Elegie“ (1838, 2 Bde.) bietet gute und anziehende Bemerkungen über Ovidius, Propertius und Tibullus, bei welch letzterem er auch die Frage über die Aechtheit und die Autorschaft eines Theiles der Elegien in einer Weise besprach, welche ihm die Zustimmung der Fachkundigen verschaffte. Hingegen von sehr geringem Werthe ist seine Schrift „Ueber die Fragmente des Archytas“ (1840), und nur grundlose Hypothesen entwickelte er „Ueber die Theogonie des Hesiod“ (1841). Jedenfalls waren schon damals die philologischen Leistungen Gruppe’s von geringerem Werthe als die poetischen, und seine „Gedichte“ (1835), in welchen sich eine zarte Empfindung in weicher Form kund gibt, so daß auch mehrere derselben von verschiedenen Meistern in Musik gesetzt wurden, sicherten ihm den Beifall seiner Leser. Als der Minister Eichhorn es für nothwendig hielt, den Pfad einer kräftigen Reaction gegen die Hegel’sche Linke zu betreten, konnte der skeptische Spötter der Philosophie als eine zu solchen Tendenzen geeignete Persönlichkeit erscheinen, und so wurde G. 1842 in das Ministerium der geistlichen Angelegenheiten berufen, in welcher Stellung derselbe die von der Regierung gegen Bruno Bauer ergriffenen Maßregeln [65] in zwei Brochüren zu rechtfertigen suchte, nämlich „Bruno Bauer und die akademische Lehrfreiheit“ (1842) und „Lehrfreiheit und Preßunfug“ (1843, vgl. hierüber auch Räbiger, Lehrfreiheit und Widerlegung der kritischen Principien Bruno Bauer’s, 1843); im J. 1844 wurde er zum außerordentlichen Professor an der Berliner Universität ernannt. Litterarisch bethätigte er sich nun hauptsächlich im Gebiete der Kunstkritik und in epischer Poesie; in ersterer Richtung, in welcher er auch schon im „Berliner Taschenbuch“ vom J. 1837 einen Aufsatz „Ueber die neuere deutsche Kunst“ veröffentlicht hatte, liegen außer einer Schrift „K. Friedr. Schinkel“ (1843) zahlreiche Kunstberichte in der „Deutschen Reform“ (1852) und in der Neuen preußischen Zeitung 1856–62; in letzterer Beziehung folgten ziemlich rasch seine durch lebendige Anschaulichkeit erfreuenden Epopöen „Königin Bertha (1848), „Theudelinde“ (1849), „Kaiser Karl, eine Trilogie“ (1852), „Firdusi“ (1856) und „Ruth, Tobias, Sulamith“ (1857), daneben gab er den „Deutschen Dichterwald“ (1849) und den „Deutschen Musen-Almanach“ (1851–55) heraus. Von den dichterischen Leistungen sticht wieder nicht zum Vortheile ab, was er inzwischen im Gebiete der classischen Litteratur und der Philosophie veröffentlichte; denn seine Schrift „Die kosmischen Systeme der Griechen“ (1851) entbehrt jeder wissenschaftlichen Gründlichkeit (vgl. Böckh, Untersuchungen über das kosmische System des Plato, 1852), und in „Gegenwart und Zukunft der Philosophie in Deutschland“ (1855) wiederholt er seine zuweilen trivialen Einwände gegen alle speculativen Versuche überhaupt und gelangt so zu einem recht hausbackenen Skepticismus. Hingegen hat er sich durch seine „Deutsche Uebersetzungskunst“ (1859), in welcher er auf eine chronologische Uebersicht der Uebersetzungslitteratur eine Darlegung der Grundsätze metrischer Uebertragung und der Sylbenmessung folgen läßt, ein entschiedenes Verdienst erworben. In die nächstfolgende Zeit fallen dramatische Versuche, nämlich eine Fortführung des Schiller’schen Demetrius und ein „Otto von Wittelsbach“ (1860), dann eine geschätzte Monographie „Reinh. Lenz, Leben und Werke“ (1861) und hierauf das größere litterargeschichtliche Werk „Leben und Werke deutscher Dichter“ (1864–72, 5 Bde.), während zugleich die mit Beifall aufgenommenen „Vaterländischen Gedichte“ (1866 und Neue Folge 1868) erschienen, deren Stoff der preußischen Geschichte entnommen ist. Wenn endlich die schon im J. 1859 veröffentlichte Schrift „Minos, über die Interpolationen in den römischen Dichtern“ im J. 1872 eine insbesondere auf Horatius bezügliche Wiederholung und Fortsetzung unter dem Titel „Aeacus“ fand (ein „Rhadamanthys“ soll im Nachlasse Gruppe’s druckfertig vorliegen), so konnte über die betreffenden Unächtheits-Erklärungen das Urtheil der Fachkundigen sich nur ungünstig gestalten. G. besaß eine ungewöhnliche Vielseitigkeit und einen unmittelbaren Schönheitssinn, aber in seinen überaus zahlreichen Schriften überschritt er oft die Grenzen desjenigen, worin er wirklich etwas zu leisten befähigt war.

Unsere Zeit, Jahrg. 1876, Bd. I, S. 310. Deutsche Monatshefte, Jahrg. 1876, S. 213.