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ADB:Gründler, Johann Ernst

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Artikel „Gründler, Johann Ernst“ von Viktor Hantzsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 595–596, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gr%C3%BCndler,_Johann_Ernst&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:35 Uhr UTC)
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Gründler: Johann Ernst G., evangelisch-lutherischer Missionar in Indien, wurde am 7. April 1677 zu Weißensee in Thüringen als Sohn des dortigen Rathskämmerers geboren. Er besuchte zunächst die Lateinschule seiner Vaterstadt, später die Gymnasien zu Quedlinburg und Weißenfels und studirte hierauf erst in Leipzig, dann in Wittenberg Theologie. Durch die Beschäftigung mit pietistischen Schriften angeregt, setzte er seit 1701 seine Studien in Halle unter August Hermann Francke fort, der ihn bald schätzen lernte und zum Informator am Halle’schen Pädagogium ernannte. Als die ersten ausführlichen Missionsberichte Ziegenbalg’s aus Trankebar eintrafen, faßte G. den Entschluß, sich gleichfalls dem Missionsberufe zu widmen. Ursprünglich wollte er auf eigene Kosten nach Indien gehen. Sein Gönner Francke jedoch empfahl ihn 1708 dem König Friedrich IV. von Dänemark, als dieser neue Arbeiter für Trankebar suchte. G. begab sich noch in demselben Jahre nach Kopenhagen und wurde hier geprüft, ordinirt und als Missionar in Pflicht genommen. Darauf reiste er gemeinsam mit dem Missionar Johann Georg Bövingh aus Westfalen und dem sich freiwillig anschließenden Candidaten der Theologie Polycarp Jordan aus Mecklenburg über Holland nach Indien ab. Nach glücklicher Fahrt traf er am 20. Juli 1709 in Trankebar ein und wurde von Bartholomäus Ziegenbalg, der schon längst sehnsüchtig auf Mitarbeiter gewartet hatte, mit großer Freude empfangen. Leider sagte ihm das Klima nicht zu, so daß er bald stark am Fieber litt. Trotzdem begann er sogleich mit dem Studium der portugiesischen Sprache, die er nach mehreren Monaten so weit beherrschte, daß er Unterricht in der Kinderschule ertheilen und den deutschen Katechismus Philipp Jakob Spener’s für den Gebrauch der Katechumenen übersetzen konnte. Bald darauf fing er an, das Tamulische zu erlernen. Um diese Sprache im Verkehr mit den Eingeborenen besser üben zu können, begab er sich auf Ziegenbalg’s Rath im Februar 1710 nach dem benachbarten Poreiar und gründete hier eine neue Missionsstation. Er mußte jedoch bald den Nachstellungen der Heiden weichen und kehrte deshalb bereits im April desselben Jahres nach Trankebar zurück. Hier leitete er nun gemeinsam mit Jordan die portugiesische Schule, während Ziegenbalg in der tamulischen wirkte. In seinen Mußestunden unternahm er eine gründliche Revision der bisher gebrauchten portugiesischen Bibelübersetzung, die nach ihrer Vollendung auf Kosten der englischen Gesellschaft zur Verbreitung christlicher Erkenntniß in London gedruckt wurde. Diese Gesellschaft schickte auch als Geschenk für die Missionare eine vollständige Druckereieinrichtung mit portugiesischen Lettern nach Trankebar, damit sie ihre portugiesischen Bücher selbst drucken könnten. Ebenso sandten die Halleschen Missionsfreunde eine tamulische Druckerei, mit welcher unter Gründler’s Beistand Ziegenbalg’s tamulische Uebersetzung des Neuen Testaments gedruckt wurde. Als 1712 die dreijährige Dienstzeit um war, zu der er sich in Kopenhagen verpflichtet hatte, beschloß er, nicht heimzukehren, sondern sein ganzes Leben dem Dienste der indischen Mission zu widmen. Als Ziegenbalg 1714 nach Europa abreiste, um dort durch persönliche Verhandlungen mancherlei Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen, die sich dem Missionswerke entgegengestellt hatten, übernahm G. die Leitung der Station. Seine treue Arbeit war sichtbar von Erfolg gekrönt. Besonders die von ihm gegründete Freischule für Heidenkinder machte ihm viele Freude. Nach Ziegenbalg’s Rückkehr 1716 arbeiteten beide vereint weiter. Sie errichteten eine Bildungsanstalt für eingeborene Lehrer und Katecheten und erbauten eine neue große Kirche, die im October 1717 geweiht wurde und den Namen Neu-Jerusalem erhielt. Auch knüpfte G. mit den englischen Behörden Unterhandlungen wegen der Errichtung neuer Stationen in Madras und Kuddalur an und reiste selbst dorthin, um [596] die nöthigen Vorbereitungen zu treffen. Als Ziegenbalg 1719 starb, hielt ihm G. die Leichenpredigt. Dann übernahm er selbst wiederum die Leitung des Missionswerkes, und die dänische Regierung erkannte ihn an, indem sie ihn zum Propst bestellte. Da er aber ohne Gehülfen dastand, zog er sich durch übermäßige Anstrengung ein schweres Fieber zu, das ihn zu längerer Unterbrechung seiner Thätigkeit zwang. Er war deshalb sehr froh, als noch im September desselben Jahres drei neue Missionare, Benjamin Schultze, Nikolaus Dal und Heinrich Kistenmacher in Trankebar eintrafen. Als sich sein Gesundheitszustand ein wenig gebessert hatte, trat er Anfang 1720 eine Reise nach dem Reiche des Großmoguls an, um zu untersuchen, ob dort die Errichtung von Missionsstationen möglich sei. Doch kam er nur bis Kuddalur. Hier mußte er wegen erheblicher Verschlimmerung seines Leidens Halt machen. Als er fühlte, daß sein geschwächter Körper dem Fieber nicht mehr lange widerstehen könnte, kehrte er nach Trankebar zurück. Hier starb er am 19. März 1720. Er wurde in der neuen Jerusalemskirche an der Seite seines Freundes Ziegenbalg begraben. Sein Nachfolger Benjamin Schultze hielt ihm in deutscher, tamulischer und portugiesischer Sprache die Leichenrede.

Alte Hallesche Missionsnachrichten, Band 1–4 (in Band 2 sein Lebenslauf mit Bildniß). – Lebenslauf des seligen Herrn M. Gründler’s, Halle 1722. – Fenger, Den Trankebarske Missions Historie, Kjöbenhavn 1843. – Vormbaum, Barth. Ziegenbalg und Joh. Ernst Gründler, die deutschen Heidenboten in Südindien, Düsseldorf 1850, 2. Aufl. Elberfeld 1859 (Evang. Missionsgeschichte in Biographien, Band 1, Heft 2–3). – Germann, Ziegenbalg und Plütschau, Erlangen 1868. – Plitt-Hardeland, Gesch. der luth. Mission, Leipzig 1894, 1, 72 ff.