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ADB:Gmelin, Johann Georg

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Artikel „Gmelin, Johann Georg“ von Moriz Gmelin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 269–270, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gmelin,_Johann_Georg&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:52 Uhr UTC)
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Gmelin: Johann Georg G., Professor der Medicin, Botanik und Chemie zu Tübingen, bekannt durch seine fast zehnjährigen Reisen in Sibirien, geboren zu Tübingen am 10. August 1709, als zweitältester Sohn des Apothekers und Chemikers Johann Georg G. (s. o.). Schon im 14. Lebensjahre war Johann Georg so weit vorgebildet, daß er die Universitätslehrer seiner Vaterstadt hören konnte; nach drei Jahren hielt er seine erste Disputation und im J. 1727 verfaßte er seine Inauguraldissertation. Nicht am wenigsten Anregung erhielt er für seine Studien von seinem Vater, in dessen wohleingerichtetem Laboratorium, in seinem trefflichen Naturaliencabinet und auf seinen Reisen zur Untersuchung der würtembergischen Bäder und Sauerbrunnen. Am meisten hatte er Elias Cammerer und Mauchard, Du Vernoi und Bilfinger zu verdanken. Die Berufung der beiden letzteren nach St. Petersburg bestimmte ihn, Rußland als Ziel seiner wissenschaftlichen Reise zu wählen (Sommer 1727). In St. Petersburg fand der junge Gelehrte die ermunterndste Aufnahme. Während er unter Du Vernoi’s und Bilfinger’s Leitung seine Studien fortsetzte, erhielt er von dem Präsidenten der kaiserlichen Akademie die Erlaubniß, deren Versammlungen beizuwohnen; 1728 wurde ihm auch ein jährliches Stipendium verliehen. Nachdem er von Tübingen aus (1728) mit der Doctorwürde bedacht worden war, wollte G. nach fast dreijährigem Aufenthalte in St. Petersburg nach der Heimath zurückkehren (Ende 1729). Er wurde aber durch bündige Zusicherungen zum Bleiben bewogen, und diese verwirklichten sich auch rasch. Mit dem Beginne des J. 1730 erhielt er einen Lehrauftrag an der kaiserlichen Akademie; im Jahre darauf folgte die Ernennung zum ordentlichen Professor der Chemie und Naturgeschichte. Sein mit der Akademie geschlossener Vertrag war am Ablaufen (1733), als die Vorbereitungen für die sogenannte zweite kamtschatkische Expedition getroffen wurden. Die Anordnung der großartigen und in einzelne Unternehmungen abgetheilten Expedition war dem Dänen Bering übertragen. Als wissenschaftliche Begleiter, jedoch unabhängig von ihm, wurden neben G. der Historiker Gerhard Friedrich Müller (1740 auch Johann Eberhard Fischer) und für astronomische Ortsbestimmungen Louis Delisle de la Croyere gewonnen. Die Unternehmungen zur See an der Nordküste Sibiriens hin verzögerten sich, und die beabsichtigte Unterhaltung einer Verbindung unter den einzelnen Expeditionen zur See und im Binnenlande war auch später nicht durchzuführen. G. hatte im Juli 1733 mit Müller und Delisle seine lange und beschwerliche, in ihren Ergebnissen für die Wissenschaft so bedeutungsvolle Reise zur Erforschung des Innern von Sibirien angetreten. Sechs Studenten, zwei Maler, zwei Jäger, zwei Bergleute, vier Feldmesser, zwölf Soldaten mit einem Corporal und einem Trommler, waren ihnen beigegeben. Ueber Tobolsk und Ustkamenogorsk begab sich die Expedition nach Tomsk und über Krasnojarsk im Frühjahr 1734 nach Irkutsk, von wo aus man einen Ausflug zur chinesischen Grenze nach Kiachta unternahm. Ueber Selenginsk und Nertschinsk bis zum Agun gelangt, erreichte die Expedition am 20. September 1735 Jakutsk, ihr äußerstes Ziel, wo man sich bis zum Mai 1737 aufhielt und mit Streifzügen die Zeit ausfüllte. Eine Feuersbrunst zerstörte im Winter 1736/37 einen großen Theil ihrer Aufzeichnungen und Sammlungen. Der Anschluß an die kamtschatkische Unternehmung hatte sich inzwischen als unausführbar erwiesen, und nur der von der Akademie als Gmelin’s Gehilfe ihm nachgesandte Georg Wilhelm Steller wurde an Bering abgefertigt. G. selbst bereiste mit Müller noch den Jenisei bis zum 66. Breitegrad, trennte sich dann von ihm, um den Jaik und die Bergwerke des Ural zu besuchen, und kehrte nach 9½jährigem [270] Aufenthalt in Sibirien Mitte Februar 1743 nach Petersburg zurück. Dort übernahm er seine früheren Aemter wieder. 1747 erhielt er die Erlaubniß zu einer Reise in die Heimath, wo ihm, als er eben im Begriffe stand, nach Rußland zurückzukehren, die durch Bacmeister’s Tod erledigte Professur der Medicin, Botanik und Chemie übertragen wurde (August 1749). Die erneute anstrengende Thätigkeit, verbunden mit den Nachwirkungen der Reisebeschwerden, führte seinen frühen Tod (im 45. Lebensjahre) herbei, am 20. Mai 1755. G. überschaute vollständig das Wissen seiner Zeit, und seine Beobachtungen erstreckten sich über sämmtliche Fächer der Erdkunde. Die vier Bände seiner „Reisen“ (1751–52), die er nur „zu seinem Vergnügen aufgesetzt hatte“, enthalten hauptsächlich nur die Erzählung seiner Wanderschaft. Sein bedeutendstes Werk ist seine Beschreibung der sibirischen Pflanzenwelt („Flora Sibirica“, 2 Bde., Petersburg 1748–49). Eine Ergänzung zu beiden Werken bildet Gmelin’s neuerdings von Plieninger herausgegebener Briefwechsel mit Linné, Haller, Steller u. A. (1861). „G. bestimmte eine Reihe senkrechter Höhen mit Hilfe des Barometers, über deren Genauigkeit er selbst nur schüchtern sich äußert. Obgleich er zur Berechnung nur die Tafeln Cassini’s benutzen konnte, erhielt er doch eine gute Vorstellung von der beträchtlichen Bodenanschwellung Transbaikaliens, und er war der erste, der aus elfmonatlichen Barometerbeobachtungen, die Dr. Lerche in Astrachan ihm überließ, die Thatsache ermittelte, daß der Spiegel der kaspischen See unter dem Spiegel des schwarzen Meeres eingesenkt liege. An den Orten, wo er sich länger aufhielt, sammelte er Messungen der Luftwärme, und in das höchste Erstaunen versetzte er bei seiner Rückkehr die Gelehrten Europas, als er die niedrigen Thermometerstände veröffentlichte, welche er zu Jeniseisk im Januar 1735 abgelesen hatte. Auch verkündigte er zuerst, daß in Ostsibirien wenige Fuß unter der Oberfläche der Boden selbst im Sommer nie aufthaue. Seine Vorrede zur sibirischen Pflanzenwelt enthält ein meisterhaftes Naturgemälde Tiefasiens, und an eine Unterscheidung der Erdräume, wie sie G. für die wahre Naturgrenze zwischen Asien und Europa begründete, hatte vor ihm kein Geograph gedacht“ (Peschel, Gesch. der Erdkunde, 411–13).

Programma universitatis Tubingae, 1749 u. 1755. Kurze Nachricht von dem Leben und Reisen Herrn Doctoris Joh. Gg. G., Göttingen (1750). Börner, Aerzte und Naturforscher, Bd. II. u. III. Brucker-Haid, Bildersaal, Bd. II. Stammbaum S. LV f.