ADB:Georg (Bischof von Trient)
[700] Empörung der Trienter Bürgerschaft, deren Ueberraschendes den Bischof zur Nachgiebigkeit und zum Versprechen zwang, die Rechte und Freiheiten der Stadt fürder achten zu wollen. Daß sich G. den Umständen nur gezwungen fügte und in dem Auftreten der Trienter eine Rebellion sah, welche der Herzog Friedrich IV. aus dem Hause Habsburg (s. dort) als Landesfürst Tirols ausnützen wolle, beweist das weitere Auftreten des Bischofs, andererseits sein ablehnendes Verhalten gegen den Antrag des Habsburgers auf Vermittlung und Hülfe. Als nun aber G. den welschen Condottiere, Ottobon de Torciliis, zu einem Gewaltstreiche gegen die Trienter in Sold nahm und die Bürgerschaft, von ihrem ersten Schrecken sich ermannend, mit List den Bischof gefangen setzte und einige seiner Günstlinge ermordete, – war die Zeit der Demüthigungen für G. gekommen. Denn Herzog Friedrich, von den Trientern herbeigerufen, erschien mit seinen Räthen und starker Waffenmacht, bemühte sich anfänglich allerdings um den Vergleich zwischen den Trientern und ihrem geistlichen Herrn, mahnte alle Trienter Unterthanen zum Gehorsame, spielte aber zugleich die Rolle eines Oberherrn und bemächtigte sich, durch eine Gewaltthat der bischöflichen Hauptleute zu Riva und Tenno gegen seine Vollmachtträger gereizt, der Person des Kirchenfürsten, führte ihn mit sich nach Bruneck und nöthigte ihn hier zur Unterzeichnung eines Vergleiches, demzufolge Pergine, Riva, Lodro und Tenno dem Herzoge übergeben werden sollten. G. erscheint dann in Wien unter der Aufsicht Herzog Leopold IV., des ältesten Herzogs der leopoldinischen Linie, des Bruders Friedrich IV. und vormundschaftlichen Verwesers des Landes Oesterreich im Namen seines Mündels Herzog Albrecht V. Herzog Leopold IV. hatte den Bischof durch den Universitätspedell verhaften lassen. Alle Versuche der Wiener Freunde Georgs, insbesondere die Anstrengungen der Wiener Universität, ihren gewesenen Kanzler aus seiner Zwangslage zu befreien, blieben fruchtlos. Herzog Leopold behandelte den Trienter Bischof als Vertragsbrüchigen. Die Wiener Stadtherrn, ohnehin gegen Leopold IV. eingenommen, hatten noch einen anderen Beweggrund, sich darüber bei dessen Bruder und politischem Gegner, Herzog Ernst dem Eisernen (s. dort), zu beschweren. Nach kirchlichen Satzungen traf nämlich den Ort, allwo ein Kirchenfürst gefangen gehalten wurde, das Interdikt. Die Intervention Ernsts war nicht sonderlich ernst gemeint und änderte nichts an der Sachlage. Erst im J. 1409, nachdem Bischof G. während seiner Wiener Internirung als Obmann der Schiedsrichter den Streit der Herzöge Ernst und Leopold um die österreichische Vormundschaft und Landesverwesung zu begleichen sich bemüht hatte, erlangte er durch den Schwazer Schiedsspruch der Kirchenfürsten von Salzburg, Brixen und Lavant und zweier Schiedsmänner des Laienstandes, – die Freiheit der Rückkehr nach Trient in sein Bisthum und einen Ausgleich mit Herzog Friedrich. Doch nicht lange währte das kaum gestiftete gute Einvernehmen. Denn nach der Zusammenkunft mit dem Bischofe zu Riva beschuldigte Herzog Friedrich IV. den Letzteren eines Vergiftungsversuches und wollte alle weiteren Verhandlungen abbrechen. G. nahm nun zu der Vermittlung Herzog Ernsts seine Zuflucht und dieser führte auch eine neue Annäherung herbei. Als jedoch auf dem Botzner Tage die rücksichtslose Einsprache des mächtigsten Landesherrn Tirols, Heinrichs von Rottenburg, als Landeshauptmannes an der Etsch und im Bisthum, gegen Annahme der herzoglichen Forderungen, den neuen Bruch und das engere Bündniß des Bischofs mit dem Rottenburger herbeiführte, kam es erst zum rechten Wirrsal. Der Rottenburger überfiel Trient, ließ das Haupt der Bürgerpartei hinrichten und die Stadt gräulich verwüsten. Nun eilte Herzog Friedrich herbei (1410); der Rottenburger entwich nach Baiern, Bischof G. nach Wien. Als dann der genannte übermüthige Landesherr die Baiernherzöge gegen den habsburger Friedrich aufgehetzt, begab sich neuer Hoffnungen voll der Trienter [701] Bischof nach Tirol zurück. Sein Verbündeter wurde jedoch bald gedemüthigt und gefangen gesetzt, G. aber zu einem neuen Vertrage gezwungen (1410, 4. Dec.), demzufolge er auf das Bisthumsland, mit Vorbehalt seiner geistlichen Gerechtsamen, verzichten und sich mit einer Jahresrente von 5000 Dukaten begnügen mußte. Der Herzog von Tirol nahm das Bisthumsland in eigene Verwaltung und bestellte für das geistliche Wesen einen Suffragan und Vikar. G. war aber nicht gesonnen den Kampf mit dem Habsburger aufzugeben. Von Nikolsburg in Mähren, allwo er die Zeit seiner freiwilligen Verbannung zubrachte, belegte er Herzog Friedrich mit dem großen Kirchenbanne und erklärte den Trienter Suffragan und Vikar als abgesetzt (1411, 10. Aug.), forderte seine Bisthumsleute zum Widerstande gegen den Tiroler Herzog auf und sandte eine ausführliche Klageschrift an den Papst Johann XXIII., der ihn dann zum Cardinale ernannte. Auch auf König Sigismund, den Gegner der habsburgischen Leopoldiner, glaubte er zählen zu können, da er an dem königlichen Hofe die beste Aufnahme fand und die besten Versprechungen erhielt. Die Urkunde des genannten Luxemburgers (1412, 25. Juni, Ofen) schien auch die volle Gönnerschaft Sigismunds zu bezeugen. G. setzte auf das Constanzer Concil seine besten Hoffnungen. Aber war schon das Bündniß Johanns XXIII. mit Herzog Friedrich seiner Sache nicht günstig, so hatte auch die Absetzung des genannten Papstes die Nichtanerkennung der Cardinalswürde Georgs zur Folge. Dagegen bewirkte die Aechtung des Habsburgers Friedrich (s. dort) eine günstige Wendung, indem nun König Sigismund (1415, 8. Juli, Constanz) den Bischof von Trient vollständig rehabilitirt erklärte. Herzog Friedrich protestirte dagegen und vom 12. August 1415 begann nun im Concile der ärgerliche Proceß um das Bisthum Trient, welcher den 21. November zum Vortheile Georgs erledigt wurde. Als aber Herzog Friedrich aus der Constanzer Haft entwich (1416) und den Kampf um Tirol mit wachsendem Erfolge aufnahm, konnten weder die Aussprüche der Kirchenversammlung noch die erneute Aechtung und Bannung des Herzogs durch den König und das Concil die Sache Georgs günstig entscheiden; Herzog Friedrich wollte das Bisthumsland nicht aufgeben. Endlich vermittelte der neue Papst Martin V. (10. Mai 1418) einen Ausgleich zwischen den Gegnern und Bischof G. kehrte nun von Augsburg mit sicherem Geleite nach Trient zurück, dessen Bürger den verhaßten Kirchenfürsten nur unmuthig, eingeschüchtert durch die Drohung der Reichsacht, aufnahmen. Allein dem friedlosen Bischofe war kein ruhiger Besitz seines Gebietes beschieden. Er gerieth alsbald in neue Händel mit dem Herzoge Friedrich, verband sich mit dessen Widersachern, Peter von Spaur und Paris von Lodron; – während der Habsburger an den Herren von Villanders und den Grafen von Arco Verbündete fand und sich mit den Venetianern verständigte. Ein Waffenstillstand (5. April 1419) sollte neue Friedensverhandlungen anbahnen. G. erlebte nicht mehr ihren Austrag; er starb auf dem Schlosse Neu-Spaur im Hochsommer 1419; – ein Kirchenfürst, dem der Streit im Blute stak und der Sinn für den Friedensberuf geistlichen Lebens fehlte, aber ein Mann von Geist und Unternehmungslust, der mit aller Entschiedenheit seine reichsunmittelbare Stellung zu wahren sich bestrebte.
Georg III. (von Liechtenstein), Bischof von Trient († 1419); dieser Sprößling des mächtigen österreichisch-mährischen Adelshauses Liechtenstein-Nikolsburg, war der zweitgeborne Sohn Hertnids III. des älteren. Der geistlichen Laufbahn bestimmt, gewahren wir ihn schon 1381 als dritten in der Reihe der Wiener Dompröpste und als Inhaber des mit dieser Stellung verbundenen Amtes eines Universitätskanzlers, in welcher Eigenschaft G. seinen streitlustigen Charakter nicht verleugnen konnte. 1390 am 29. September gelangte G. zur Würde eines Fürstbischofs von Trient durch Kapitelwahl. Die neue Würde sollte ihm schlimme Lebensprüfungen bescheeren. Denn der unruhige, freiheitslustige Sinn der Bürger von Trient, der Trotz und die Gewaltthaten der bischöflichen Vasallen, die sich wie beispielsweise die Arco, Castelbarco, Lodron u. A. nie gerne dem bischöflichen Lehnsherrn fügten, und vor Allem das unklare, widerspruchsvolle Verhältniß der Bischöfe von Trient als unmittelbarer Reichsfürsten zu der „Grafschaft Tirol“, deren Jurisdiction das Bisthumsgebiet durchkreuzte, deren politische Landesgrenze, Italien gegenüber, das Trienter Bisthumsland einschloß, – all’ dies mußte naturnothwendig die Stellung der Bischöfe sehr schwierig gestalten, besonders aber dann, wenn ein so herrischer, streitlustiger Charakter, wie dies G., der Liechtensteiner, war, zur Herrschaft gelangte, und in der Fehde mit den Visconti’s vom J. 1404 um Tenno und Lodro, andererseits in dem langen Streite mit deren Anhängern, den Arco’s – seine kriegerische Anlage früh genug verrieth. Sein harter, herrischer Sinn und die Geltung der Günstlinge, unter welchen der Vicar von Trient, Franceschino von Val de Non (Nonsberg), den Stadtbürgern am meisten verhaßt war, veranlaßten im Februar 1407 die folgenschwere- Vgl. die Litt. zu dem Artikel Herzog Friedrich IV. v. Tirol; die Litt. des Constanzer Concils (Hardt, Wessenberg, Tosti); Bonelli’s Quellenwerke z. Gesch. der Kirche von Trient; Sinnacher, Beitr. z. Gesch. d. b. Kirche Säben-Brixen, 6. Bd; Aschbach, Gesch. d. Wiener Universität im ersten Jahrhundert ihres Bestandes (Wien 1865); Falke, Gesch. des fürstl. Hauses Liechtenstein (Wien 1868, I. Bd., meist nach Brandis).