ADB:Gebhard III. (Bischof von Regensburg)
Konrad II. G. war in seiner Kindheit zum geistlichen Stand bestimmt und einem würzburgischen Kloster zur Erziehung übergeben; aber sein thatendurstiger und kriegerischer Sinn hielt es hinter den engen Klostermauern um so weniger aus, als er durch den Tod seiner väterlichen Anverwandten, wie es scheint, der alleinige Erbe der Besitzungen des Hauses wurde. So entfloh er dem Kloster und übte sich in den Waffen, die er bereits wohl zu führen wußte, als ihn der Beschluß des unter dem Vorsitz seines kaiserlichen Stiefbruders zu Frankfurt versammelten Reichsconcils am 23. September 1027 nöthigte Schwert und Schild niederzulegen, sich scheeren zu lassen und das gering geschätzte geistliche Gewand wieder anzulegen. Man hat die Vermuthung ausgesprochen, daß dieser Concilsbeschluß durch eine Betheiligung Gebhard’s an dem Aufstande Ernsts von Schwaben gegen den Kaiser hervorgerufen sei; doch läßt sich das nicht erweisen, und wir hören, so lange Konrad II. lebte, niemals etwas von Mißhelligkeiten zwischen diesem und seinem Bruder, den Konrad, nachdem im März 1036 der Bischof Gebhard II. von Regensburg gestorben war, zu dessen Nachfolger ernannte. Indessen einen wirklich geistlichen Lebenswandel hat Bischof G. niemals geführt und seiner Jugendneigung zum Waffenhandwerk ist er alle Zeit seines Lebens treu geblieben; fast die einzige eines Bischofs würdige That, die wir von ihm kennen, ist seine 1037 in Gemeinschaft mit seiner Mutter Adelheid vollzogene Gründung des Collegiatstiftes Oehringen in der Diöcese Würzburg, das er aus seinem Vatererbe dotirte. Desto mehr weiß die politische Geschichte während der Regierung Heinrichs III., seines Neffen, von dem unruhigen Bischof zu erzählen. Da Regensburg in dieser Zeit der gewöhnliche Ort der Sammlung des Heeres und des Aufbruchs zu Feldzügen nach Böhmen und Ungarn war, wird G. wahrscheinlich schon an den ersten derartigen Unternehmungen Heinrichs Antheil gehabt haben; ausdrücklich hervorgehoben wird seine Theilnahme an dem Feldzuge von 1044, der nach dem Siege an der Raab die Wiedereinsetzung des von Heinrich begünstigten, von den Magyaren vertriebenen Königs Peter von Ungarn ermöglichte. [471] 1046 begleitete G. seinen Neffen auf dessen Römerzuge, und einige Zeit danach erhielt er von demselben die Reichsabtei Kempten als Lehen, die in diesem Jahrhundert wiederholt das Geschick hatte von den Königen benutzt zu werden, wenn dieselben besondere Gunstbezeugungen erweisen wollten. In Ungarn war inzwischen durch die Verdrängung König Peters schon seit Jahren der deutsche Einfluß wieder beseitigt worden; die Stellung, die sein Nachfolger Andreas I. dem Reiche gegenüber einnahm, war mindestens sehr zweifelhaft, wenn nicht offen feindlich. Trotzdem war es schwer zu rechtfertigen, daß G., als er sich im Winter 1049 auf 1050 an der ungarischen Grenze aufhielt, einen Raubzug in das magyarische Gebiet unternahm, auf dem er reiche Beute machte. Kaum war er heimgekehrt, so fielen die Ungarn rachedurstig in die bairische Ostmark ein und richteten große Verheerungen an; Maßregeln gegen sie von Reichswegen waren durch Gebhard’s Vorgehen unvermeidlich geworden. Auf einem vom Kaiser zu Nürnberg abgehaltenen bairischen Landtage wurde der Neubau der Hainburg, die als Grenzveste gegen die Magyaren dienen sollte, beschlossen; Herzog Konrad von Baiern, Markgraf Adalbert von Oesterreich und G. wurden damit beauftragt und lösten diese Aufgabe, freilich erst nach längerem Kampfe mit den Ungarn, die den Bau zu hindern suchten (September 1050). Hervorragenden Antheil nahm G. an dem unglücklichen Ungarnzuge des Kaisers im Herbste 1051, indem er mit den Herzögen Welf von Kärnthen und Bretislav von Böhmen die am linken Donauufer operirende Heeresabtheilung führte; während das Hauptheer unter dem persönlichen Commando des Kaisers wenig ausrichtete, erfüllte diese Nordarmee ihre in der Verwüstung Ungarns bestehende Aufgabe und kehrte glücklich heim. Welche Rolle G. auf dem zweiten unglücklichen Feldzuge Heinrichs 1052 gespielt hat, wissen wir nicht; dagegen erfahren wir, daß es in diesem Jahre aus uns unbekannter Veranlassung zwischen ihm und dem Herzog Konrad von Baiern zu heftiger Fehde kam, die das Einschreiten des Kaisers nöthig machte, nachdem der Herzog eine Burg Gebhard’s, Parkstein in der Oberpfalz, in Asche gelegt hatte. Auf einem Reichstage zu Merseburg, den Heinrich im April 1053 abhielt, wurde die Angelegenheit untersucht und Konrad seines Herzogthums entsetzt, eine Maßregel, die um so allgemeinere Mißbilligung fand, da man dem Kaiser die Befriedigung persönlicher Rache an Konrad beimaß und auch G. schwerlich ganz ohne Schuld gewesen sein wird. Während nun Konrad nach Ungarn floh und dadurch neue Maßregeln des Kaisers gegen sich hervorrief, vermittelte G. Friedensunterhandlungen mit König Andreas, dessen Gesandte auf dem Reichstage zu Tribur im October 1053 weitgehende Zugeständnisse machten, die Heinrich annahm. Indessen wußte Konrad, den Andreas gern aufgenommen hatte, den Abschluß des Friedens zu hintertreiben; noch in demselben Jahre fiel er mit ungarischer Hülfe in Kärnthen ein und wußte auch in Baiern Unruhen gegen den Kaiser und G. zu erregen. Mit Mühe gelang es dem Bischof Gebhard von Eichstädt, einem Verwandten unseres G., dessen Ernennung zum Bischof der letztere 1042 erwirkt hatte und den nun der Kaiser für seinen zum Herzog von Baiern ernannten dreijährigen Sohn Heinrich mit der Verwaltung des Landes beauftragte, hier die Ordnung wiederherzustellen; auch aus Kärnthen wurden die Ungarn allmählich wieder verdrängt. Auf dem zweiten Zuge Heinrichs nach Italien 1055 begleitete G. den Kaiser, erlangte aber bald mit dem Herzog Welf von Kärnthen die Erlaubniß zur Rückkehr in die Heimath, wo inzwischen einige ihrer Vassallen sich, wie G. und Welf behaupteten, ohne ihr Wissen, gegen Heinrich empört hatten. Bald nach ihrer Heimkehr aber zeigte es sich, daß die beiden Fürsten schnöden Verrath gegen den Kaiser im Sinne hatten. Beide traten an die Spitze einer besonders in Baiern und Oesterreich weitverzweigten, aber wahrscheinlich auch nach Lothringen [472] und Flandern hinüberreichenden Verschwörung, deren Zweck es gewesen sein soll, den Kaiser zu ermorden und den nach Ungarn entflohenen Herzog Konrad auf den Thron zu erheben. Was G. zu diesem überraschenden Gesinnungswechsel, dem Verrath an seinem kaiserlichen Neffen, mit dem er kurz zuvor in bestem Einvernehmen gestanden hatte, und der Versöhnung mit seinem bittersten Feinde, Herzog Konrad, veranlaßt hat, ist nicht sicher; möglich ist es, was man vermuthet hat, daß sein bei den letzten Vorgängen in Baiern nicht befriedigter Ehrgeiz, vielleicht auch die Eifersucht auf seinen früheren Schützling Gebhard von Eichstädt, den des Kaisers Gunst inzwischen auf den päpstlichen Stuhl erhoben hatte, ihn seinem Neffen entfremdet hat. Glücklicherweise ward der verbrecherische Plan vereitelt. Herzog Konrad starb in der Verbannung eines jämmerlichen Todes; noch in demselben Jahre 1055 warf den Herzog Welf eine schwere Krankheit auf’s Todtenlager; vor seinem Ende entdeckte er dem Kaiser die Verschwörung, zeigte seine Mitschuldigen an und bat Heinrich um Verzeihung. G. wurde nun, nachdem der Kaiser im November 1055 aus Italien heimgekehrt war, vor das Gericht der Fürsten gestellt, trotz anfänglichen Leugnens seines Verbrechens überführt und erst zu Wülflingen im Thurgau, dann zu Stofeln im Hegau in Haft gehalten. Bald aber entließ ihn der in seinen letzten Tagen durch so viel Mißgeschick zur Milde gestimmte Kaiser seiner Haft; im Juli 1056 schenkte er ihm zu Worms seine Gnade wieder und setzte ihn in sein Bisthum wieder ein. Schon im October 1056 starb der Kaiser zu Bodfeld im Harz; G. war zugegen und da scheint es noch einmal zu einer völligen Aussöhnung des sterbenden Kaisers mit seinem unbotmäßigen Oheim gekommen zu sein. Auch des letzteren Kraft scheint aber durch diese Ereignisse gebrochen gewesen zu sein; in den vier Jahren, die er noch unter Heinrich IV. während der Regentschaft der Kaiserin Agnes lebte, tritt er nirgends mehr bedeutend hervor; am 2. December 1060 starb er, ihm folgte Otto, Domherr zu Bamberg. – So wichtig Gebhard’s Thätigkeit in den Reichsangelegenheiten ist, so wenig Bemerkenswerthes hat er in seiner Diöcese gethan. Daß die Klöster unter einem so gewaltthätigen Herrn keine guten Tage hatten, läßt sich denken; und insbesondere in dem reichen Stifte von St. Emmeram wußte man von seinen Erpressungen und Beraubungen schlimmes zu erzählen. Erwähnt mag nur noch werden, daß unter Gebhard’s Regierung, und also wol nicht ohne seinen Antheil, im J. 1052 von Papst Leo IX. bei dessen Besuch in Regensburg die feierliche Anerkennung ausgesprochen wurde, daß die Gebeine des heil. Dionysius von St. Denys nach St. Emmeram übertragen seien. Ueber die an diese Fabel sich knüpfenden Trugwerke vgl. Wattenbach, Geschichtsquellen II, 292.
Gebhard III., Bischof von Regensburg, † am 2. December 1060, ist wahrscheinlich im ersten Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts in Ostfranken geboren. Sein Vater war ein uns dem Namen nach nicht bekannter fränkischer Graf, der in der Gegend von Oehringen angesessen war, seine Mutter Adelheid die Wittwe des rheinfränkischen Grafen Heinrich, die sich bald nach dessen Tode wieder vermählt hatte, sein Stiefbruder also der nachmalige Kaiser- Vita Godehardi prior, Herim. Aug. Ann. Altah., Lambert. Bertholdus. Chron. Wirzeburg. – Vgl. Giesebrecht, Kaiserzeit, Bd. II. Steindorff, Jahrb. Heinrichs III.