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ADB:Fridolin

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Artikel „St. Fridolin“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 385–387, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fridolin&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:30 Uhr UTC)
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St. Fridolin, irischer (?) Glaubensbote des 6. (?), 7. (?) Jahrhunderts. – Die Gründungsgeschichte des im 9. Jahrhundert als sehr ansehnlich hervortretenden Klosters Seckingen am rechten Ufer des obern Rheins oberhalb Basel knüpft an den wahrscheinlich fränkisch umgestalteten Namen eines Schottenmönches an. Allein die einzige, als älteste Kunde sich darbietende Quelle, die Vita s. Fridolini confessoris, als deren Verfasser sich ein gewisser Balther, [386] Höriger von Seckingen, ankündigt, erweckt den unabweisbaren Verdacht frecher Fälschung. Für dieselbe ist die Autorschaft eines dem 10. Jahrhundert zugeschriebenen Verfassers in Anspruch genommen (bei dem im Prologe genannten Notker, welchem Balther als früherer Schüler seine Arbeit gewidmet habe, ist, wenn man überhaupt der Frage Aufmerksamkeit schenken will, noch am passendsten an Notker Labeo zu denken). Erstlich zeigt sich die mit Betheuerungen der Wahrheit viel zu reichlich versehene Darstellung des sogenannten Balther, wie er in einem – nicht nachweisbaren – Kloster Helera an der Mosel eine Vita Fridolin’s entdeckt, aus Mangel an Pergament und Dinte seinem Gedächtniß eingeprägt, in Seckingen als Ersatz für eine ältere, durch einen Einfall der Heiden (der Ungarn 926 ?) verloren gegangene aufgezeichnet habe, als ganz unglaubwürdig. Ferner empfiehlt sich aber auch der Inhalt der Vita selbst nur in sehr geringem Grade höherer Beachtung: – Herkunft Fridolin’s aus Irland, Aufenthalt zu Poitiers als an dem früheren Sitze des hl. Hilarius, Bekanntschaft mit einem Könige Clodoveus (Chlodovech I., † 511, oder Chlodovech II., † 656, ?), Aufbruch zum Aufsuchen einer durch den hl. Hilarius ihm in einer Vision anbefohlenen und durch Clodoveus ihm zum voraus zugesicherten Insel im Rheine, möglichst große Umwege (u. a. durch Rätien) auf der Reise dahin unter Erbauung von Hilariuskirchen (z. B. zu Helera, zu Cur), schließliche Ankunft in Seckingen und anfangs von den Umwohnenden ungerne gesehener Beginn der Wirksamkeit an dortiger Stätte. Ganz abgesehen davon, daß Notker Balbulus († 912) in seinem Martyrologium den Namen Fridolin’s noch nicht erwähnt, übergeht auch Ekkehart IV. an einer Stelle, wo Fridolin’s Aufführung ganz selbstverständlich gewesen wäre, bei einem auf Seckingen bezüglichen Ereignisse in seinen Casus s. Galli denselben völlig, und zwar in einem jedenfalls nach 1047 verfaßten Stücke dieser Klosterchronik (in C. 64 meiner Ausgabe, Mitth. d. histor. Ver. v. St. Gallen, Heft XV und XVI). Die Abfassungszeit der gefälschten Vita ist wol um die Mitte des 11. Jahrhunderts anzusetzen, in die Epoche, wo Petrus Damiani (Opp. II, 9) zu Poitiers bei Anlaß der Translation des hl. Hilarius einer „beati Fredelini vita“ gedenkt, die aber mit dem Pseudo-Balther nicht identisch ist. Von Seckingen aus kam der hl. Fridolin als Landespatron in Siegel und Panner des Landes Glarus (vgl. Mittheil. d. zürcher. antiquar. Gesellsch., Bd. IX, Jahrb. d. histor. Vereins d. Kt. Glarus, Heft VIII.), welches Alpenthal, so weit zurück es sich urkundlich verfolgen läßt, unter Seckingen’s Grundherrschaft stand (wahrscheinlich war Glarus seit dem 9. Jahrhundert durch königliche Schenkung in ähnlicher Weise an Seckingen gekommen, wie das anstoßende Uri dem Fraumünsterstifte zu Zürich, auch einem Frauenkloster, zustand). Im 13. Jahrhundert wurde dann in Seckingen dem zweiten Theile Pseudo-Balther’s, „de miraculis s. Fridolini“, eine wundererfüllte Darstellung der Schenkung an Fridolin selbst eingefügt. Die ganze unter Balther’s Namen gehende Legende scheint ihre Entstehung dem Bestreben zu verdanken, das Recht des Klosters Seckingen auf die Stätte, wo es sich befand, auf seit unvordenklicher Zeit vollzogene königliche Schenkung zu stützen. Wie weit die darauf begründete spätere Annahme, Fridolin sei der Gründer und Patron von Seckingen, etwa an eine Uebertragung von Reliquien (des hl. Hilarius?) aus Poitiers an den Oberrhein im 11. Jahrhundert, vielleicht im Zusammenhange mit der Befestigung der streng kirchlichen Richtung in Schwaben, sich angeknüpft hat, muß dahin gestellt bleiben. Doch ist jedenfalls der hl. Fridolin des Pseudo-Balther aus der Kirchengeschichte Deutschlands, „als frühester Apostel Alamanniens“ zu streichen.

Die beste Ausgabe der Vita s. Fridolini findet sich bei Mone, Quellensammlung der badischen Landesgeschichte Bd. I. S. 4–17. Zur Kritik gab in neuerer Zeit zuerst Stälin, Wirtembergische Geschichte, Bd. I. S. 166 den Anstoß, [387] worauf Rettberg, Kirchengeschichte Deutschlands, Bd. II. S. 29–35 auch diese Frage entschied, während Gelpke, Kirchengeschichte der Schweiz, Bd. I. S. 291–296 hier so wenig, als in anderen ähnlichen Untersuchungen, zu befriedigen vermag. Unter den neuesten Versuchen, Balther’s Glaubwürdigkeit zu vertheidigen, steht Lütolf’s scharfsinniges Werk, Glaubensboten der Schweiz vor St. Gallus S. 267–293, über Friedrich’s Kirchengeschichte Deutschlands, Bd. II. S. 411–439. – Vgl. auch Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen, 3. Aufl. Bd. II. S. 95. N. 2.