ADB:Frantzke, Georg
[275] zur Vorbereitung auf die Universität übergeben. 1612 bezog er die Hochschule zu Frankfurt a./Oder; jedoch schon im folgenden Jahre wendete er sich mit seinem Oheim Georg Reimann ziehend nach Königsberg i. Pr., wohin letzterer als Professor der Eloquenz und Bibliothekar berufen war. Mehrere Jahre studirte F. Philologie und Philosophie, dann wendete er sich angezogen durch des Professors Henning Wegner Lehrweise zur Jurisprudenz. 1616 begleitete er eine Deputation preußischer Stände nach Warschau an den polnischen Hof. Dort fanden Verhandlungen zwecks Beilegung von Differenzen jener Stände mit dem Landesherrn, Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg, statt, bei welchen F. als Anfertiger der nothwendigen Uebersetzungen ins Lateinische diente. Nach Königsberg zurückgekehrt setzte F. fleißig die juristischen Studien fort, namentlich betheiligte er sich an öffentlichen Disputationen. Im J. 1619 ging er als Begleiter eines Herrn v. Kunheim nach Jena und blieb daselbst wohnen als Hofmeister junger preußischer Adlicher. Die Juristenfacultät nahm ihn 1620 nach vorgängiger Disputation unter die Zahl der Candidaten auf. Seine eigenen juristischen und historischen Studien fortsetzend, auch häufig disputirend versuchte er sich nunmehr in besuchten philosophischen, wie juristischen Privatvorlesungen als Docent. Am 2. März 1622 wurde F. von der Jenaer Juristenfacultät zum Doctor promovirt, am nämlichen Tage führte er seine Verlobte Anna Maria, eine hinterlassene Tochter des altenburgischen Kanzlers Johann Wex, als Gattin heim. 1626 trat er in die Zahl der Hofgerichtsadvocaten. Einem im nämlichen Jahre an ihn ergangenen Ruf als erster Professor des Rechtes in Königsberg an seines verstorbenen Lehrers Wegner Stelle, konnte er wegen der die Uebersiedlung verhindernden Kriegswirren nicht folgen. Auch mehrere andere Anstellungsaussichten waren theils aus eigenem Entschluß aufgegeben, theils durch ungünstige Umstände vereitelt worden. Am meisten wol hat es F. betrübt, daß mehrmals seine Wünsche betreffs Einrückens in erledigte Jenaische Professuren nahe der Erfüllung scheiterten. Endlich nahm er 1629 eine an ihn vom schwarzburgischen Hof zu Rudolstadt ergangene Berufung als Rath an. Dort diente er nach dem Tode des Grafen Karl Günther dessen Wittwe Anna Sophie, einer geborenen Prinzeß von Anhalt († 1652), die ihre Gunst gegen F. nachmals auch dadurch bethätigte, daß sie ihm in ihrem Testament ein beträchtliches Legat hinterließ. Besondere Verdienste erwarb er sich durch Beilegung von Erbschafts- und anderen Differenzen unter den schwarzburgischen Grafen. 1633 folgte F. einem Ruf als Rath im sachsen-weimarischen Dienst. Auf einer zu Eisenberg 1634 abgehaltenen Fürstenversammlung schlichtete er langwierige Streitigkeiten der weimarischen und altenburger Linien; im nämlichen Jahre (April bis September) wohnte er dem zu Frankfurt a./M. stattfindenden Convent der deutschen evangelischen Staaten mit Oxenstierna bei. Es würde zu weit führen, alle Legationen und wichtigen Geschäfte aufzuführen, denen F. sich zu unterziehen hatte. Nach der Landestheilung der Ernestinischen Herzöge aus dem Hause Weimar vom J. 1640 wurde F. die Wahl gelassen, entweder im gemeinschaftlichen Dienst zur Besorgung gemeinschaftlicher Angelegenheiten zu verbleiben, oder als Kanzler in den alleinigen Dienst des jüngsten der drei fürstlichen Brüder zu treten. F. entschloß sich nach längerer Ueberlegung für das letztere; im September 1641 nach gütlicher Beilegung aller unter den Betheiligten noch bestehenden Controversen übernahm er die Geschäfte des Cancellarius bei dem Stammvater der neugegründeten gothaischen Linie, Herzog Ernst, dem die Geschichte den Namen „der Fromme“ beilegt. Wir haben keine Regierungsgeschichte des Letzteren zu schreiben, unterlassen daher im einzelnen auszuführen, wie gerade dieser Kanzler für die Ausführung der vortrefflichen Absicht seines [276] Herrn, dem heruntergekommenen Lande wieder emporzuhelfen, die geeignetste Persönlichkeit war. Bei der großen Feuersbrunst, die 1646 einen guten Theil der Stadt Gotha einäscherte, verlor F. außer anderer Habe, seine werthvolle Bibliothek; auch wichtige Manuscripte gingen dabei zu Grunde. Im nämlichen Jahre erhielt F. zur Belohnung für die Zueignung seines Pandectencommentars vom Kaiser Ferdinand III. das tax- und sportelfrei ausgestellte Diplom als kaiserlicher Hofpfalzgraf. Sein ansehnliches Vermögen ermöglichte es F., Andere freigebig zu unterstützen und namentlich jungen Leuten bei Fortsetzung ihrer Studien behülflich zu sein. Auch Frantzke’s im J. 1658 (nicht 1661!) errichtetes Testament bestätigt seine edle Neigung zur Wohlthätigkeit. Mehr noch wie durch seine Tugenden als Mensch und seine Thaten als hochgestellter Beamter zeichnete F. sich aus als Pfleger wahrer Wissenschaft. Er ist einer der wenigen Deutschen, welche in jener barbarischen Zeit der Jurisprudenz eine andere Seite abzugewinnen wußten, als die rein praktische. Auf den Schultern der großen Franzosen des 16. Jahrhunderts stehend, verwerthete er seine genaue Kenntniß des Alterthumes, seine umfangreiche und gründliche Belesenheit in der classischen Litteratur zur historisch-philologischen Erklärung der römischen Rechtsquellen. Seine diese Richtung einhaltenden, zum Theil inmitten des Dranges der täglichen Amtsgeschäfte gearbeiteten zahlreichen Schriften verschafften ihm die Anerkennung und freundschaftliche Annäherung von Zeitgenossen, wie Jacobus Gothofredus, Hermann Conring, Veit Ludwig v. Seckendorff. Auch das Andenken der Nachwelt ist seinem Namen gesichert, jedoch erscheint es nicht zur Unzeit auf seine hohe wissenschaftliche Bedeutung mit Nachdruck hinzuweisen. F. war eine ansehnliche, vornehme Erscheinung; seine großen klaren Augen, die hohe Stirne, ein wohlgepflegter Bart gaben dem Gesichte den Ausdruck geistiger Ueberlegenheit und Würde. Freundlich und wohlwollend gegen Jedermann, war F. im Volke beliebt geworden, es ging im gothaer Lande das Wort, man wolle „lieber mit dem Herrn Cantzler selbst, als mit manchem geringeren Hofdiener reden“. Die feste Gesundheit des kräftigen Körpers fing im J. 1658 zu wanken an; im Anfange des folgenden Jahres verschied der ausgezeichnete Kanzler und große Gelehrte, fromm, wie er gelebt, betrauert von Vielen, am meisten von seinem trefflichen Fürsten, der zu ermessen wußte, was er verlor.
Frantzke: Georg F. (Franzke), Rechtsgelehrter und Staatsmann, geboren am 15. April 1594 zu Leobschütz in Oberschlesien, gestorben am 15. Januar 1659 zu Gotha. Nach frühzeitigem Verlust seines Vaters, folgte er der Mutter, einer geborenen Reimann, bei ihrer Wiederverheirathung nach Polnisch-Neustadt (an der Brauna). Etwa 15 Jahre alt wurde er dem Gymnasium in BriegHauptschriften: „Exercitationes iuridicae XIIII in quibus CXV controversiae iuris eruuntur“ etc., Jen. 1623 u. ö. (4 Aufl.). „Commentarius in XXI libros pandectarum iuris civilis“, Argentorati 1644 (3 Aufl.) „Variae resolutiones iuris“, Gothae 1648 (3 Aufl.). „Commentarius in IIII libros institutionum“, Argent. 1658. Außerdem Monographien: „Resolutio famosissim. L. Gallus Aquilius (29) D. de liber. et postum.“, Jen. 1624 u. ö. „Tractatus de laudemiis“, Jen. 1628 u. ö. Verschiedene Disputationen; anderes, z. B. eine unter dem Namen „Christiani Philometri“ zu Gotha 1656 herausgegebene Sammlung geistlicher Gedichte: „Libri duo sacrorum carminum“.
- Ausführlicheres in Sagittarii Historia Gothana (1713) p. 257. 599. 436 und Tentzelii Supplementi secundi section secundo p. 922. – Jo. Henr. Acker, Vita Georgii Frantzkii, Lips. 1714. Beck, Herzog Ernst der Fromme, II. S. 21.