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ADB:Fischer, Ernst Gottfried

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Artikel „Fischer, Ernst Gottfried“ von Moritz Cantor in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 62–63, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fischer,_Ernst_Gottfried&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:15 Uhr UTC)
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Fischer: Ernst Gottfried F., Mathematiker und Physiker, geb. 17. Juli 1754 zu Hoheneiche bei Saalfeld, † 27. Jan. 1831 zu Berlin. F. war Sohn eines Predigers. Nachdem er die Schule seines Heimathsortes und die Universitätsstudien in Halle absolvirt hatte, wurde er 1775 Lehrer an dem königl. Pädagogium in Halle, dann in Berlin, wo er seit 1787 den mathematischen und physikalischen Unterricht am Gymnasium zum grauen Kloster ertheilte. Auch der Universität zu Berlin gehörte er seit 1810 als außerordentlicher Professor an, war ordentliches Mitglied der dortigen Akademie, Mitglied der Militäroberstudiencommission und der Direction der Kriegsschule. Seine zahlreichen Freunde hatten die nicht allzuhäufige Freude, 1825 sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum feiern zu können. Seine Werke bestehen theils aus Behandlungen einzelner Theile der Mathematik, welche sich durch klare lichtvolle Darstellung auszeichnen, theils aus physikalischen Lehrbüchern und Abhandlungen, welche ihm eigenthümliche, von der Wissenschaft nicht immer bestätigte Ansichten enthalten. Seine „Theorie der Dimensionszeichen“, Halle 1792, bildete den Ausgangspunkt eines unerquicklichen Streites. F. hatte sich die Aufgabe gestellt, die Auflösung von Gleichungen durch Reihen zu ermitteln; die dabei auftretenden Coefficienten erkannte er als abhängig von der Zahl der Factoren, aus welchen das betreffende Glied zusammengesetzt ist, d. h. von dessen Dimension und schuf daraus eine Bezeichnung und den den Titel seines Buches bildenden Namen. F. mußte dadurch etwa zu ähnlichen Formeln gelangen, wie die Combinatoriker bei Bearbeitung der Aufgabe der Reihenumkehrung, und so warf ihm Heinrich August Toepfer auch geradezu Plagiat an Hindenburg und Eschenbach vor. F. vertheidigte sich in einer besonderen Schrift „Ueber den Ursprung der Dimensionszeichen“, 1794, ohne damit den Angriffen der combinatorischen Schule ein Ziel setzen zu können. Erst eine Erklärung von W. Pfaff im Intelligenzblatte der Allgemeinen Litteraturzeitung vom 22. September 1802 und von Hindenburg selbst in dem gleichen Blatte vom 20. October 1802 schnitt weitere Anfeindungen ab. Pfaff wies nämlich aus Briefen Fischer’s nach, daß dieser schon seit dem 24. October 1788 mit dem Gedanken seiner Untersuchung sich trug und im Juni 1789 die Resultate fertig hatte, also zu einer Zeit, zu welcher er in Berlin unmöglich die am 30. Mai 1789 in Leipzig vertheidigte Dissertation Eschenbach’s gesehen haben konnte. Mit Bezug darauf und „auf den edlen Charakter des Mannes, den jeder an ihm rühmt, der ihn kennt“ nahm Hindenburg keinen Anstand mehr, F. „unaufgefordert aus freier Bewegung von jenem Verdachte freizusprechen.“ Es ist interessant genug, daß schon vorher 1798 F. keinen Anstand genommen hatte, Hindenburg für dessen Archiv der reinen und angewandten Mathematik einen Aufsatz „Ueber die Wegschaffung der Wurzelgrößen aus den Gleichungen“ einzusenden, welcher im II. Bande dieser Zeitschrift (S. 180 und 426) abgedruckt ist. Der Entwicklung der Chemie leistete F. erhebliche Dienste durch seine deutsche Uebersetzung von Berthollet’s „Untersuchungen über die Verwandtschaft“ (1802). Theils war die Verbreitung dieser Arbeiten an sich verdienstlich, theils und noch mehr nützte die von hier in ein neues Licht gesetzte und nun erst allgemeiner bekannt werdende Stöchiometrie J. B. Richter’s. Bei F. findet sich als Folgerung aus Richter’s verschiedenen experimentellen Untersuchungen die [63] erste Tafel der Neutralisationsgewichte von Säuren und Basen. Unter den physikalischen Abhandlungen Fischer’s ist die Untersuchung über die Schwingungen gespannter Saiten, welche er 1822 der Berliner Akademie übergab, auch von vorübergehender Bedeutung in der Geschichte der praktischen Musik gewesen.

Programm des Gymnasiums zum grauen Kloster in Berlin für 1831. Kopp, Die Entwicklung der Chemie in der neueren Zeit, München 1873, S. 275–78.