ADB:Ernst, Simon Peter
Josephs II. ins Leben getreten. Wenn E. sich auch jenen geneigt zeigte, so nahm er dennoch Stellung gegen diese. Zwischen den J. 1783 und 1791 trat er in verschiedenen, theils französisch, theils lateinisch geschriebenen Broschüren mit seinen Ansichten öffentlich hervor. Diese waren einem einflußreichen Theile des Capitels zuwider und veranlaßten seine Entfernung aus dem Kloster und seine Anstellung als Pfarrer in dem nur durch den Wurmbach von Herzogenrath entfernten Afden, dessen Patronat daß Kloster besaß. Von hier aus entfaltete er eine reiche litterarische Thätigkeit. Im J. 1791 ließ er u. a. anonym zu Köln „Observations sur l’instruction en forme de catéchisme, publiées par le professeur Eulogius Schneider à Bonn, par un ami de la vérité“ im zustimmenden Sinne erscheinen. Kaiser Josephs II. kirchliche Neuerungen hatten in den österreichischen Niederlanden das Volk zum Aufstande gereizt. Kaum hatte des Kaisers Nachfolger und Bruder Leopold II. die Unruhen des „vereinigten Belgiens“ durch Waffengewalt und Wiederherstellung der Verfassung und der Privilegien beschwichtigt, als mit dem Ende des J. 1792 die Truppen der französischen Republik die österreichischen Niederlande überschwemmten. [328] E. schloß sich im Gegensatz zu der Ansicht seiner Mitconventualen der von den Franzosen auf kirchlichem Gebiet eingeführten neuen Ordnung der Dinge an und vertheidigte unter anderm in vielen meist anonym gedruckten Kundgebungen den Priestereid auf die Verfassung – serment de haine à la royauté. – Das Concordat zwischen Kirche und Staat vom J. 1801 machte dem Streit ein Ende. – Von da an war er fast ununterbrochen mit der Erforschung der Geschichte Limburgs, seines Heimathlandes, beschäftigt. So entstand eine vollständige Geschichte Limburgs, deren Herausgabe der am 11. Dec. 1817 verstorbene Autor nicht erlebte, obgleich das „Institut von Frankreich“ schon im J. 1810 dem Kaiser Napoleon einen günstigen Bericht über dieselbe vorlegte. Erst den Bemühungen eines Neffen des Verfassers, des Herrn Edmund Lavalleye, verdanken wir die Herausgabe des Werkes, welches seit dem J. 1837 in sechs Bänden erschien unter dem Titel: „Histoire de Limbourg, suivie de celle des comtés de Daëlhem et de Fauquemont, des annales de l’abbaye de Rolduc, par M. S. P. Ernst, curé d’Afden, ancien chanoine de Rolduc, l’un des auteurs à vérifier les dates, à Liége chez Collardin.“ Der sechste Band enthält die „Annales Rodenses“ vom J. 1104–1158 (Pertz, M. H. G. XVI, p. 688) nebst der Fortsetzung bis zum J. 1700 durch den 35. Abt Klosterraths, Nicolaus Heyendal (siehe diesen). – Ernst’s Mittheilungen pour vérifier les dates bezogen sich auf die Grafen von Löwen, das Haus Limburg, die Herren von Heinsberg und Valkenburg, die Grafen von Jülich, Berg, Mark, Cleve und Geldern. Im J. 1806 erschien zu Lüttich sein „Tableau historique et chronologique des suffragants ou coévéques de Liége“ und eine „Notice historique sur le château et les anciens Seigneurs d’Argenteau“ bei Visé an der Maas, 1816 eine Abhandlung „Des comtes de Durbuy et la Roche au XI. et XII. siècle“. Auch Aachen, dessen Archiv er genau kannte und vielfach benutzte, verdankt dem fleißigen Forscher Werthvolles, so den „Liber privilegiorum“ oder das „Chartularium“ des Aachener Münsters in 40 Urkunden, die er von den Originalen abschrieb, sowie auch manche Urkunden, die heute nicht mehr vorhanden sind. – In der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. schrieb ein Canonicus des Aachener Krönungsstiftes die „Annales aquenses“, welche von 1001–1196 sich erstrecken. Seit der Occupation des linken Rheinufers durch die Franzosen ist die Pergamenthandschrift aus dem Stiftsarchiv verschwunden. E. hatte eine Abschrift von derselben genommen, welche Quix in seinem „Codex diplomaticus aquensis“ abdrucken ließ. Mit Ausnahme einer Abhandlung über die Stände Brabants in lateinischer Sprache schrieb E. seine Werke in französischer Sprache. Deutsch scheint ihm nur in seinem limburgischen Dialekt geläufig gewesen zu sein. Seine letzten Lebensjahre waren durch Krankheiten, die Folgen seiner angestrengten litterarischen Thätigkeit, getrübt. Er starb am 11. December 1817. Er hinterließ einen reichen Codex diplomaticus nebst Mittheilungen über die Grafen von Ardenne, Hennegau und über Lothringen. Bei seiner ihm vom Fürsten Salm-Dick aufgetragenen Geschichte des Hauses Salm-Reifferscheid, welche er bis auf 36 Bogen brachte, überraschte ihn der Tod. Die bescheidene Stellung eines Dorfpfarrers, welche ihm Muße zu den Studien gewährte, zog er dem ihm angebotenen Generalvicariat des Bisthums Lüttich vor. In seiner einunddreißigjährigen Pfarrverwaltung war er den Armen ein Vater; das Pfarrhaus ließ er auf seine Kosten umbauen, beschenkte Caplanei und Küsterei mit ansehnlichen Summen und hinterließ den Armen noch 1000 Rthlr. Seine werthvolle Bibliothek vermachte er dem Priesterseminarium zu Lüttich. E. war einer der letzten Conventualen Klosterraths. Sein Ruf – er war auch Mitglied der königl. Akademie der Wissenschaften zu Brüssel – hat nicht wenig [329] dazu beigetragen, daß der Name der alten Abtei Klosterrath in Ehren gehalten wird.
Ernst: Simon Peter E., Sohn des Bürgermeisters E. zu Aubel in der Grafschaft Daelhem, welche zum österreichischen Herzogthum Limburg gehörte, wurde am 6. August 1744 geboren. Sein Vater, ein Schüler des Canonisten van Espen und tüchtiger Advocat, ließ den Sohn von dem benachbarten Pfarrer von Eis in der lateinischen Sprache unterrichten und sandte ihn dann nach Mainz, wo er das Gymnasium oder die sieben Schulen absolvirte. Der junge E. trat mit 19 Jahren als Novize in das bei Herzogenrath 1104 gestiftete und im Laufe der Jahrhunderte reich und berühmt gewordene Benedictinerkloster Klosterrath (Rolduc) ein. Nach Vollendung seiner Studien promovirte er zu Löwen, der Universität des nordwestlichen Deutschlands, und wurde dann Lector der Theologie und der h. Schrift in Klosterrath. In einer zwölfjährigen Lehrthätigkeit unterrichtete er hier eine große Anzahl seiner jungen Mitconventualen und ordnete und bereicherte die Klosterbibliothek. Unterdessen waren die kirchlichen und staatlichen Reformen- Vgl. Rhein. Antiquarius III. 10. 122 ff. und Quix, Das Schloß Rimburg, S. 84 f.