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ADB:Elisabeth Christine (Königin von Preußen)

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Artikel „Elisabeth Christine, Prinzessin von Braunschweig-Bevern“ von Ferdinand Spehr in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 34–36, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Elisabeth_Christine_(K%C3%B6nigin_von_Preu%C3%9Fen)&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 17:33 Uhr UTC)
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Elisabeth Christine, Prinzessin von Braunschweig-Bevern, Gemahlin König Friedrichs II. von Preußen, geb. 8. Novbr. 1715, † 1797, ist die älteste Tochter des Herzogs Ferdinand Albrecht II. von Braunschweig-Bevern, eines tapferen kriegslustigen Herrn, und der Herzogin Antoinette Amalie, Tochter des Herzogs Ludwig Rudolf von Braunschweig-Wolfenbüttel. Sie erhielt ihren Namen nach der älteren Schwester ihrer Mutter, der Gemahlin des römischen Kaisers Karl VI. Ihr Vaterhaus war ein mit Kindern reich gesegnetes Haus. Acht Söhne und sechs Töchter umstanden den herzoglichen Tisch. Unter ihren Brüdern war außer dem regierenden Herzog Karl der Feldherr Friedrichs d. Gr., Herzog Ferdinand von Braunschweig, der bemerkenswertheste. E. Ch. wurde, im stillen Frieden des Vaterhauses in Gottesfurcht erzogen, am 3. April 1730 confirmirt; nicht lange nachher erkor König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, der dem kriegstüchtigen Vater sehr zugethan war, die Prinzessin zur Gemahlin seines ältesten Sohnes, des Kronprinzen Friedrich. Der österreichische Hof, welcher durch die Verheirathung einer Nichte der Kaiserin mit dem preußischen Thronfolger diesen an das Interesse des kaiserlichen Hauses zu fesseln hoffte, begünstigte dieses Vorhaben und der Kronprinz, welcher nach dem bekannten, vereitelten Fluchtversuche auf die Festung Küstrin verwiesen war und sich bei der Vermählung seiner Schwester Friederike Wilhelmine, der geistreichen aber scharfen Memoirenschreiberin, mit dem Erbprinzen von Brandenburg-Baireuth am 20. Nov. 1781 mit dem Vater ausgesöhnt hatte, erklärte, daß er bereit sei, die Prinzessin zu heirathen, wenn dieselbe nur „nicht albern und gar zu häßlich“ sei. Friedrich Wilhelm I. richtete am 4. Febr. 1732 ein Schreiben an seinen Sohn, in welchem er bemerkte, „daß er die Prinzessinnen des Landes durch andere, so viel als möglich ist, examiniren lassen, was sie vor Conduite und Education, da sich dann die Prinzessin, die älteste von Bevern, gefunden, die da wohl aufgezogen ist, modeste und eingezogen; so müssen die Frauen sein. Die Prinzessin ist nit häßlich, auch nit schön. – Sie ist ein gottesfürchtiges Mensch. Gott gebe seinen Segen.“ – Friedrich sah die Prinzessin zum ersten Male, als diese mit ihren Eltern nach Berlin zum Besuche gekommen war. Sie mißfiel ihm weit weniger als er gefürchtet hatte, doch erklärte er gegen den General v. Grumbkow: „Ich habe keinen Widerwillen gegen sie, sie ist ein gutes Herz, ich wünsche ihr nichts Böses, aber ich werde sie nie lieben können.“ Am 10. März 1732 wurde die Verlobung in dem königlichen Schlosse zu Berlin vollzogen, wobei der König selbst die Ringe wechselte. Nach derselben äußerte sich der Kronprinz über seine Braut in einer Weise, welche voraussehen ließ, daß die Ehe keine glückliche sein werde. „Ich hoffe nicht“, schreibt er unter dem 4. Septbr. 1732 an Grumbkow, „daß der König sich in meine Angelegenheiten mischen wird, so bald ich mich verheirathet habe, denn dann werden sie gewiß schlechten Fortgang haben und die Frau Prinzessin könnte darunter zu leiden haben. Die Ehe macht großjährig und sobald ich das bin, bin ich Herr in meinem Hause und meine Frau hat nichts zu befehlen. Ich werde mich als Galanthomme verheirathen, das heißt, ich lasse Madame thun, was ihr gut dünkt und thue auf meiner Seite was mir gefällt. Ich werde mein Wort halten, ich werde mich verheirathen, [35] aber nachher sehen Sie zu, was geschehen wird: Guten Tag, Madame, und guten Weg!“ Dagegen liebte die Prinzessin den Kronprinzen mit aufrichtiger Hingebung. Ihr gutmüthiges Herz hoffte, daß der Kronprinz ihre Liebe erkennen und sie erwiedern werde. Am 12. Juni 1733, Abends 8 Uhr wurde in der Capelle des während der westfälischen Zeit abgerissenen braunschweigischen Lustschlosses Salzdahlum bei Wolfenbüttel die Ehe Friedrichs und Elisabeths durch den Hofprediger Abt Dreißigmark eingesegnet und am Sonntag darauf hielt der berühmte Abt Mosheim eine noch besonders verordnete Einsegnungspredigt. Am 27. Juni hielt das junge Ehepaar seinen feierlichen Einzug in Berlin, wo am 1. Juli die Vermählung des Erbprinzen Karl von Braunschweig mit der Schwester Friedrichs, der Prinzessin Philippine Charlotte, gefeiert wurde. – Der König schenkte seinem Sohne im October 1733 das Schloß Rheinsberg, welches dieser einer fast gänzlichen Umänderung unterzog. Bis zum J. 1736 verweilte das kronprinzliche Paar meistens in Neu-Ruppin, von dieser Zeit an bis zu Friedrichs Thronbesteigung in Rheinsberg. Im Januar 1734 reiste die Kronprinzessin, um ihre erkrankte Mutter zu besuchen, zu kurzem Aufenthalte nach Wolfenbüttel. Seitdem hat dieselbe ihr Heimathland nicht wieder gesehen. Die Jahre, welche das kronprinzliche Paar in Rheinsberg verlebte, verflossen in ruhigem, glücklichem und heiterem Stillleben. Neben ernsten Studien herrschte auch fröhliche Geselligkeit und die Tage von Rheinsberg waren für die Kronprinzessin die glücklichsten ihres Ehestandes und ihres ganzen Lebens. Der Kronprinz bewies ihr zwar keine Liebe, aber doch Freundschaft und Achtung, und sein Benehmen gegen seine Gemahlin war in jeder Hinsicht rücksichtsvoll. Ein Jahr nach seiner Vermählung äußerte er, daß er der schlechteste Mensch auf der Welt sein müsse, wenn er seine Gemahlin nicht wahrhaft hochachten wollte, denn sie sei von sanftem Gemüthe, so gelehrig, wie man nur wünschen könne und bis zum Uebermaß gefällig und nachgiebig, indem sie ihm schon von Weitem mit dem zuvorkomme, was ihm Freude bereiten könne. Noch in den letzten Jahren ihres Lebens sprach die alternde Königin von dem Glücke, welches sie als Kronprinzessin in Rheinsberg gehabt und genossen. – In der Nacht zum 1. Juni 1740 erhielt E. Ch. von ihrem Gemahl die Nachricht, daß am Nachmittage des 31. Mai 3½ Uhr der König Friedrich Wilhelm I. verschieden sei. Sofort eilte die nunmehrige Königin nach Berlin. Bis zum 16. Juli bewohnte sie das kronprinzliche Palais, dann bezog sie das königliche Schloß, wo ihr Gemahl sie dem versammelten Hofstaate mit den Worten: „Das ist Ihre Königin!“ vorstellte, ihr einen angemessenen Hofstaat einrichtete, ihr einen kostbaren Schmuck, den dritten Edelstein in Europa, den „kleinen Sancy“ verehrte und mit dem Lustschloß Schönhausen bei Berlin beschenkte. Hatten sich so die Thore des Glanzes und der Ehre vor ihr geöffnet, die Pforten des Glücks, welches die Königin in Rheinsberg an der Seite ihres von ihr so sehr geliebten und bewunderten Gemahls in reichem Maße genossen hatte, schlossen sich für immer. Der König konnte es nie vergessen, daß das Ehebündniß der Preis seiner Freiheit gewesen war. Die Königin mit ihrem stillen, bescheidenen, anspruchslosen Wesen, ihrem streng biblischen Glauben, konnte den Anforderungen nicht genügen, welche er an eine Gefährtin für das Leben machen konnte. So versagte er sich ein inniges Familienleben aus eigenem Entschlusse. Er war, wie er sich selbst ausdrückte, nicht von dem Holze, aus welchem man gute Ehemänner schnitzt. Auf der andern Seite hatte die junge Königin sich ihres Gemahls Hochachtung in so hohem Maße erworben, daß er nicht im geringsten den Gedanken faßte, sie auch nur im entferntesten zu kränken. Er verlangte, daß sie als Königin geehrt und mit allen ihrem Range gebührenden Rücksichten behandelt werden solle. Er hielt streng darauf, daß die königliche Familie, der königliche Hof, die fremden Gesandten, kurz Jedermann ihr [36] stets die größte Ehrerbietung zeigten. Er selbst aber blieb ihren Festen fern; die Königin durfte ihn nie auf seinen Reisen begleiten, er hielt sich fast ganz von jedem persönlichen Verkehr mit ihr entfernt. Er sah sie nur bei den großen Galafesten im Schlosse zu Berlin, wo er nur selten mit ihr sprach. Nach Schönhausen ist er nie gekommen. – Die Königin hat ihr Geschick mit seltener Ergebung und Würde getragen. Ungeachtet der Entfremdung hing sie dem Könige in treuester Liebe an und fühlte sich glücklich, wenn sie von Zeit zu Zeit von diesem einige Zeilen über sein Wohlbefinden erhielt. Auf ihrem Schlosse zu Schönhausen, auf welchem sie sich, wenn sie nicht in Berlin war, mit kurzen Unterbrechungen stets aufhielt, lernte sie ihren Schmerz zu verbergen und zu überwinden. Die Gesellschaft treuer Freunde, das Lesen der ihr lieben Bücher, der Aufenthalt in der schönen freien Natur mußten sie für ihren liebeleeren Ehestand entschädigen. Die Lectüre, besonders von Erbauungsbüchern, erweckte in der Königin eine neue Thätigkeit. Sie wurde Schriftstellerin, indem sie mehrere der Zeit viel gelesene deutsche Erbauungsschriften und Predigten in das Französische übersetzte, auch ein selbständiges kurzes Werk „Gedanken und Betrachtungen zum Neuen Jahre (1777), über die Fürsorge, welche Gott gegen die Menschen hat und über seine Wege voller Güte auf denen er sie führt“ verfaßte. Noch in ihrem Wittwenstande setzte sie ihre schriftstellerischen Arbeiten fort, indem sie im J. 1788 den zweiten Theil des „Handbuchs der Religion“ von J. A. Hermes und im J. 1789 die geistlichen Oden und Lieder von Gellert in französischer Uebersetzung drucken ließ. Im ganzen beträgt die Zahl ihrer schriftstellerischen Arbeiten 14 Werke. Keines derselben befand sich in der Bibliothek ihres Gemahls, es mochten dieselben seinem Geiste nicht zusagen. – Außer ihrem Gemahl liebte sie besonders ihren Bruder, den Herzog Ferdinand von Braunschweig, mit dem sie einen ausgedehnten Briefwechsel führte und dem sie einst schrieb: „Wenn es ein Verbrechen ist an den König zu hängen, so rühme ich mich dessen. Jeder Rechtschaffene muß ja einen solchen König wie den unsrigen lieben, der die Güte selber ist und es in vollem Maße verdient, daß man ihn nicht blos aus Pflichtgefühl, sondern auch aus herzlicher Zuneigung liebt. So lange mir die Augen offen stehen, werde ich diese meine Gefühle nie und nimmer verändern.“ – Auch ihr Neffe, der Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, der Nachfolger ihres Gemahls, der Sohn ihrer am 13. Januar 1780 verstorbenen Schwester Louise Amalie, stand bei ihr in hoher Gunst. – Daß Friedrich der Große die Königin ehrte und nach seiner Weise vielleicht sogar liebte, beweisen die Worte in seinem Testamente, welches er am 8. Januar 1769 niedergeschrieben hatte, in welchem er von seinem Neffen verlangte: „ihr jene Hochachtung zu erweisen, die ihr als Wittwe seines Oheims und als einer Fürstin, die nie vom Tugendpfade abgewichen, gebühre.“ Diese Hochachtung hat der königlichen Wittwe der König Friedrich Wilhelm II., sowie die ganze königliche Familie zu keiner Zeit versagt. Fast 11 Jahre überlebte die Königin E. Ch. ihren am 17. Aug. 1786 gestorbenen Gemahl. Am 13. Jan. 1797, an demselben Tage, an welchem 17 Jahre zuvor ihre Schwester Louise Amalie heimgegangen war, verschied die Königin im Alter von 81 Jahren. Ihre Leiche fand ihre Ruhestätte in der Domkirche zu Berlin, während Friedrich d. Gr. in der Garnisonkirche in Potsdam ruht. Auch im Tode sind die beiden Ehegatten nicht vereint. „So lange die Krone Preußens strahlt, wird man in ihrem Glanze auch die Tugenden der Königin E. an ihr zu rühmen wissen.“

Preuß, Friedrich d. Gr. mit seinen Verwandten und Freunden. Berlin 1838. v. Hahnke, Elisabeth Christine, Königin von Preußen, Gemahlin Friedrichs d. Gr. Berlin 1848. kl. 8. und darnach im Auszuge. Ziethe, Elisabeth Christine, Gemahlin Friedrichs d. Gr. Ein christliches Lebensbild. Berlin 1866.