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ADB:Eilers, Gerd

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Artikel „Eilers, Gerd“ von Jäger. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 756–758, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eilers,_Gerd&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 09:33 Uhr UTC)
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Eilers: Gerd E., geb. 31. Jan. 1788 zu Grabstede im Großherzogthum Oldenburg, Sohn des Bauern Johann Dietrich E., besuchte die Dorfschule zu Grabstede, erhielt Unterricht und Lectüre durch den Pfarrer eines benachbarten Kirchdorfs. Sein auf diese Art geweckter Wunsch zu studiren führte ihn zunächst als Schreiberlehrling zu einem Landgerichtscopisten in Neuenburg, alsdann in die Protection eines Amtmanns in Jever, dem er in seiner Advocatenpraxis hilft. Er besucht daneben das Gymnasium; stößt sich an der Advocatengeschäftsmoral seines Patrons und wird durch einen Wohlthäter gerettet, der ihn in sein Haus aufnimmt. Fr. Chr. Schlosser’s vorübergehender Aufenthalt am Gymnasium zu Jever (Ostern 1808 bis Januar 1810) wird für ihn bedeutungsvoll: er faßt unter dessen Einflusse den Entschluß Theologie zu studiren, absolvirt Frühling 1810 und bezieht, nach dem Tode des Vaters von einem Verwandten mit Geld ausgerüstet, die Universität Heidelberg. Unter den damaligen Docenten machten ihm neben Voß und Creuzer Daub und Fries den größten Eindruck: in Göttingen, wo er 1812–13 ein vom Heidelberger sehr verschiedenes Universitätsleben kennen lernte, besonders Planck, und, negativ, Heeren. Frühling 1813 tritt er als Hauslehrer in die Familie des Kaufmanns Schmidt in Frankfurt a. M., verlebt unter dem Eindruck der für Frankfurt an großen Anregungen reichen Zeitereignisse und der mächtigen Persönlichkeiten, welche sie auf die Scene führten (Freiherr vom Stein u. A.) unter dem Einflusse Schlosser’s und der Einwirkung der edel begabten Mutter seiner Zöglinge, deren reichen Geist und feinen weiblichen Sinn man durch ihren jüngst von G. Weber (Fr. Chr. Schlosser, Leipzig 1876) veröffentlichten Briefwechsel mit Schlosser kennen lernt, 4 an geistigem Leben und Gedeihen höchst fruchtbare Jahre 1813–1817; nimmt, da er sich „aus einem dummen Oldenburger Bauernstolz“ zur üblichen Candidatenbewerbung um eine Frankfurter Gymnasiallehrerstelle nicht entschließen kann, eine ihm vom Bürgermeister Smidt angebotene Lehrerstelle an der neugegründeten Hauptschule zu Bremen an. Diese Wirksamkeit, welche ihn mit bedeutenden und eigenartigen Männern der norddeutschen Handelsstadt zusammenführt, vertauscht er, zum Director des neuzubegründenden Gymnasiums in Kreuznach berufen, mit dem preußischen Staatsdienst (1819). Er gründet sich ein glückliches Familienleben durch seine Verheirathung mit Katharina Hofmann, einer Enkelin der Frau Schmidt, entwickelt das Gymnasium unter Schwierigkeiten, welche theils die [757] knappen Geldmittel, theils locale Verhältnisse, theils grobe Mißgriffe der Regierung in Berlin, wo damals die Demagogenhetze den Blick trübte, entgegenstellten, aber unter tüchtiger und umsichtiger Unterstützung seitens der trefflichen Männer, über welche der preußische Staat auf den mittleren Stufen der Beamtenhierarchie verfügte (Oberpräsident v. Ingersleben, Schulrath Lange). Seine Absicht, in Kreuznach sich dauernd anzusiedeln, vereitelte die Berufung zum Schul- und Regierungsrath nach Koblenz durch den neuen Oberpräsidenten v. Pestel (1833). Er wirkt hier Bedeutendes und Nützliches hauptsächlich durch persönlichen Verkehr mit der ihm unterstellten Lehrerwelt, wofür er stets besondere Begabung zeigte, nimmt an den die Provinz bewegenden Ereignissen (Reise des Kronprinzen 1833, Ersatz des Kölner Erzbischofs Grafen Spiegel durch Droste-Vischering 1835, Verhaftung des letztern November 1837) lebhaften Antheil in regem Verkehr mit einem Freundeskreis bedeutender Männer, v. Bardeleben, Präsident Bessel, General v. Aster, gelegentlich auch publicistisch in den Deutschen Blättern (Heidelberg, Winter). König Friedrich Wilhelm IV. (seit 1840) war, als er bei jener Reise 1833 einer Sitzung des Koblenzer Regierungscollegiums präsidirte, auf ihn aufmerksam geworden: er ward Ende 1840 zur Uebernahme eines bedeutenden Fachs an der „Staatszeitung“ nach Berlin berufen, entschließt sich nach einigem Widerstreben, ward Anfangs 1841 Hülfsarbeiter, October 1843 vortragender Rath im Ministerium Eichhorn, der ihn selbst, nach Eilers’ Ausdruck, „hinter die Coulissen sehen ließ“, und bei dem er eine besondere Vertrauensstellung einnahm, welche ihm vielfach Feindschaft und Vorurtheil erweckte. Freiherr vom Stein hatte einst von dem jungen Mann geurtheilt, daß er mehr Geist und Phantasie als Verstand habe: die Neigung des Königs, durch die Regierung unmittelbar in den Kampf der Gegensätze einzugreifen, führte zu publicistischen Unternehmungen – einem conservativen Centralorgan in der Litterarischen Zeitung, neben Provinzialorganen wie dem „Rheinischen Beobachter“, bei welchen E. sich thätig betheiligte. Er hat dem König wie sich selbst mehr Klarheit über die letzten Ziele der Politik, namentlich in kirchlichen Fragen zugetraut als wol wirklich der Fall war: wenigstens gewinnt man diesen Eindruck aus seiner Selbstbiographie, wie aus den Actenconcepten: man entnimmt ihnen auf der andern Seite den Beweis edlen Wollens und einer Großes und Kleines mit Geist erfassenden, vielseitigen Thätigkeit. Dieser amtlichen Thätigkeit Eilers’ setzte die Märzrevolution 1848 ein Ziel. Er glaubte sich vielleicht mehr als nöthig mit dem Ministerium Eichhorn solidarisch verbunden, ward auf Wartegeld gesetzt und errichtete, von dem Drange geleitet, sich eine Wirksamkeit zu schaffen, in Freyimfelde, Rest eines Ritterguts und jetzt gewerblichem Etablissement bei Halle a. d. S., ein Knabenerziehungsinstitut, welches einige Jahre blühte, mit Vorliebe von Söhnen conservativer Gutsbesitzer aufgesucht wurde, übrigens mit Unrecht als pietistisch-reactionär galt: wie E. selbst, das streng lutherische Christenthum seiner Mutter treu und mit Ablehnung jeder philosophischen und historischen Kritik bewahrend, doch weder pietistisch noch reactionär war. Der Entwicklung seit 1848 stand er ziemlich fremd gegenüber; als ihn 1857 Nachlassen seiner Kräfte und die ökonomische Unhaltbarkeit des Unternehmens zum Verkauf der Besitzung und Aufgabe des Instituts veranlaßten, fand er Befriedigung in schriftstellerischer Thätigkeit. Seine Selbstbiographie „Meine Wanderung durchs Leben“ (Leipzig, F. A. Brockhaus 1856–1860, 6 Bde.) ist ein sehr werthvoller Beitrag zur inneren Geschichte des 19. Jahrhunderts und eine der bedeutendsten Hervorbringungen unserer Memoirenlitteratur. Es folgte: „Betrachtungen und Urtheile E. L. v. Aster’s über die politischen, kirchlichen und pädagogischen Parteibewegungen unseres Jahrhunderts“, 2 Bde. (Saarbrücken 1858, 1859), welche neben der Schrift: „Zur Beurtheilung des Ministeriums [758] Eichhorn von einem Mitgliede desselben“ (Berlin 1849), als Beiträge zur Zeitgeschichte zu erwähnen sind. Seine letzten Lebensjahre verlebte E. in Saarbrücken, starb daselbst 4. Mai 1863.

Jäger.