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ADB:Dohna, Friedrich Burggraf zu

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Artikel „Dohna, Friedrich Burggraf zu“ von Jakob Caro in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 306–308, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dohna,_Friedrich_Burggraf_zu&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 07:03 Uhr UTC)
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Dohna: Friedrich Burggraf v. D., geb. am 25. Jan. 1621, † 1688. Unter den elf Söhnen des Achatius v. D., dessen wir oben (Art. Fabian III. v. D.) Erwähnung gethan, war der jüngste, Christoph (1583 bis 1. Juli 1637), der Stammvater der sogenannten „Vianischen Linie“ der D., frühzeitig in die Dienste des unglücklichen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz getreten und hatte während der kurzlebigen Herrschaft dieses Fürsten in Böhmen die Stelle eines Oberkammerherrn und geheimen Raths bei demselben bekleidet. Als aber dessen Abenteuer in Verfall gekommen war, fand Christoph v. D. eine Zuflucht bei den hohen Verwandten seiner Gemahlin in Holland und erhielt bald die wichtige Stelle eines Gouverneurs im Fürstenthum Oranien. Er war nämlich mit der Gräfin Ursula v. Solms-Braunfels, einer Schwägerin des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien, vermählt, aus welcher Ehe der hier in Rede stehende Burggraf Friedrich als ältester Sohn entsprang. Auch von ihm sind wir nicht in der Lage, über seinen Bildungsgang und über seine jüngeren Lebensjahre nähere Angaben liefern zu können. In jedem Falle ist man nicht berechtigt, wie an mehreren Orten geschehen ist, zu sagen, daß er seinem Vater in dem Gouvernement von Oranien folgte, denn als sein Vater starb, hatte er erst das [307] 16. Lebensjahr erreicht. Vermuthlich ist er nicht viel früher, ebenso wie sein Bruder Christian Albert, als Cornett in die holländische Armee getreten. Zu der Zeit, wo er bemerklich hervortritt, ist er allerdings schon Generallieutenant. Die verwandtschaftlichen Beziehungen zu der oranischen Familie brachten ihn namentlich von der Zeit an, da der große Kurfürst von Brandenburg sich mit der Prinzessin Luise von Oranien, der Tochter Friedrich Heinrichs, vermählt hatte, mit dem Brandenburger in nahe Berührung, und bald erwarb er sich das Vertrauen dieses Menschenkenners in dem Maße, daß derselbe dem Vorschlag der Prinzessin Amalie, der Schwiegermutter des Kurfürsten, den Grafen D. als Gouverneur von Oranien und zugleich als Gouverneur des Prinzen Wilhelm (Heinrich) III. einzusetzen, zustimmte. Er konnte damals nur wenig erst sein dreißigstes Lebensjahr überschritten haben. Es war eine der schwierigsten und fatalsten Stellungen, denn von den inneren Unruhen abgesehen, hatte der Gouverneur ebensowol mit dem Mißtrauen der in ihrer Stimmung wandelbaren und ängstlichen Prinzessin Amalie, als mit den Ansprüchen der Prinzeß Royal, der Wittwe Wilhelms II., und ganz besonders mit den Cabalen des französischen Hofes zu ringen, der jedes Mittel versuchte, um das wichtige und für Frankreich bequem gelegene Fürstenthum für sich zu erwerben. Bald hieß es, er habe, auf ein apokryphes Testament Wilhelms II. sich berufend, die Absicht, das Fürstenthum der Vormundschaft der Prinzeß Amalie und des großen Kurfürsten zu entziehen, bald wieder, er wolle sich selbst dort zum Regenten aufwerfen. Indessen gelang es ihm immer leicht, bei dem großen Kurfürsten solche zugetragene Insinuationen zu zerstreuen. Aber bedenklicher waren die unausgesetzten Einmischungen der Franzosen, deren abgesagter Feind Friedrich v. D. war; und zwar um so peinlicher, als D. an dem Kurfürsten, der im Zusammenhang seiner ganzen Politik damals veranlaßt war, dem französischen Hofe entgegenkommende Rücksichten zu erweisen und keine neuen Schwierigkeiten aufkommen zu lassen, nicht immer einen seiner eigenen Entschlossenheit entsprechenden Rückhalt fand. Bezeichnend ist, was der französische Gesandte Milet einmal dem D. im Zorn über seinen Trotz zurief: es sei doch seltsam, daß er allein in Europa des Königs Willen Widerstand leisten wolle. Aehnlich äußerte sich Mazarin. Und in der That vermochte er es auch nicht. Im J. 1660 unterlag er den französischen Ränken und mußte das Fürstenthum räumen. Wie peinlich dem Kurfürsten auch diese Wendung war, so ließ er sich doch sehr bald durch den Grafen D., der selbst nach Cleve gekommen war, überzeugen, daß er keine Schuld daran trage. Ja er war nahe daran, dem Grafen behufs seiner Rechtfertigung gegen den französischen Hof eine Sendung nach Paris zu übertragen, und hegte den Wunsch, ihn wiederum zum Gouverneur von Oranien einsetzen zu können. In der Besorgniß jedoch, daß weitere Verwickelungen daraus entstehen könnten, wurde der Entschluß dahin abgeändert, daß der Graf nach der Schweiz gesandt wurde, wo derselbe im J. 1657 schon die Baronie Coppet in der Waadt erkauft hatte. Es war die erste Anknüpfung Brandenburgs mit diesem glaubensverwandten Staate, nach welchem Moment sich damals die politischen Verbindungen vielfach gliederten. Nach der Friedrich v. D. unterm 14. Octbr. 1661 mitgegebenen Instruction war ihm außer der Uebersiedelung einiger Schweizerfamilien nach der Mark noch in einer Nebeninstruction aufgetragen, sich Kenntniß von allen Alliancen zu verschaffen, welche die Schweiz, namentlich, mit evangelischen Fürsten, geschlossen habe, „weil Wir“, heißt es darin, „gern wissen möchten, was eigentlich für Nutzen, sowol das römische Reich, als auch zuvörderst das evangelische Wesen und Wir absonderlich von solcher Alliance mit den Schweizern zu hoffen haben.“ In Folge der Dohna’schen Sendung entschlossen [308] sich 12 Familien aus dem Canton Bern dazu, nach der Mark überzusiedeln, und da sich diese hier gefielen, so folgten bald mehrere. Im J. 1663 war D. bereit, noch mehr Ansiedler zu schicken, aber der Graf Schwerin erklärte sich in einem Schreiben an D. dagegen, unter anderem, „weil die Schweizer als große Freidenker nur den brandenburgischen Unterthanen schlechte Beispiele geben würden“. D. aber verließ die Schweiz nicht mehr, wo er bald großes Ansehen und für sich und seine Erben das Bürgerrecht von Bern und einigen anderen Schweizerstädten gewann. Im J. 1683 schickte D. doch wieder trotz jener Bedenken 17 Familien auf den Wunsch des Kurfürsten in die Mark, wohin auch mehrere seiner Söhne in den Dienst des Kurfürsten sich begeben hatten. Zu den gefürchteten Freidenkern scheint aber auch Graf Friedrich selbst gehört zu haben, denn sonst würde er wol schwerlich den bekannten Polyhistor Pierre Bayle zum Lehrer seiner Kinder erwählt haben. Von dem Erziehungssystem, dem Graf Friedrich eine beträchtliche Aufmerksamkeit zuwandte, entwirft einer seiner Söhne in seinen unten zu nennenden Memoiren ein ungemein anziehendes Bild, das unter anderem zeigt, daß die Grundsätze des auf eine natürliche Entwickelung ausgehenden Systems in erleuchteten Familien selbst des 17. Jahrhunderts schon sich Geltung verschafft hatten. Graf Friedrich erscheint hier als ein klarer Kopf und echt männlicher Geist. Obwol er, seitdem er aus dem holländischen Dienste geschieden, körperlich leidend und insbesondere an den Füßen gelähmt war, verließ ihn doch nicht seine frische Heiterkeit und der lebendige Antheil an allen Vorgängen der Zeit. Das Urtheil, das sein eigener Sohn, Christoph, über ihn gelegentlich seines Todes fällt, dürfte als vollkommen zutreffend anerkannt werden müssen. „Er hatte“, sagt er, „große Fähigkeiten für den Krieg und für die Politik, und hätten ihn nicht Krankheiten genöthigt, sich von den Geschäften zu entfernen, so würde er es allem Anschein nach sehr weit gebracht haben. Der König Wilhelm (von England) schätzte ihn sehr und that ihm wiederholentlich die Ehre an, sich bei ihm Rath zu holen, was aus seinen nachgelassenen Briefen hervorgeht. Diese Briefe bestätigen auch, was man damals von Innocenz XI., den man in Frankreich spottweise den Hugenottenpapst nannte, allgemein erzählte, denn es ist gewiß, daß er in geheimem Verkehr mit dem Prinzen von Oranien stand. Die Briefe wurden der Königin Christine von Schweden gegeben; diese schickte sie an den Grafen Friedrich v. D., der sie nach Lippe spedirte, von wo sie durch einen gewissen Paget nach dem Haag gebracht wurden.“ Graf Friedrich v. D. starb zu Coppet am 28. März 1688 und wurde zu Lausanne auf Befehl der Berner Regierung, die ihm auch nach dem Tode ihre Zuneigung bezeigen wollte, mit großem Pomp beerdigt. Seine Gemahlin Espérance du Puy aus dem Hause der Marquis von Montbrun in der Dauphiné, eine Nichte des tapfern St. André de Montbrun, überlebte ihn nur ein Jahr. Sie hatte ihm 8 Kinder geboren und darunter die Söhne Alexander, den Ahnherrn des Hauses Schlobitten, Johann Friedrich (Marquis de Ferassière) und Christoph, den Ahnherrn des Hauses Schlodien, den Verfasser der genannten Denkwürdigkeiten.

Aitzema, Saken van Staet en oorlogh in ende omtrent de vereenigde Nederlanden. Vierde Deel 621 ss. A. v. Witzleben, Artikel Dohna in Ersch und Gruber’s Encyklopädie Sect. I. Bd. XXVI. S. 308. – Orlich, Geschichte des preußischen Staats im 17. Jahrhundert. Derselbe erwähnt (I. 495) „weitläufige und voluminöse Acten im Archiv zu Schlobitten, welche ergeben, daß er ein treuer, umsichtiger Diener des Kurfürsten war.“ – Mémoires originaux sur le règne et la cour de Frédéric I. roi de Prusse ećrits par Christophe comte de Dohna ministre d’état et lieutenant-général (ed. Raumer), Berlin 1833.