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ADB:Dionysius der Karthäuser

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Artikel „Dionysius der Karthäuser“ von Jacob Cornelis van Slee in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 246–248, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dionysius_der_Karth%C3%A4user&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:25 Uhr UTC)
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Dionysius der Karthäuser oder Dionysius van Leeuwen (à Leudris), sonst auch à Rickel genannt, leuchtet im 15. Jahrhundert unter den niederländischen Theologen besonders hervor. Er war 1392 zu Rickel, nicht weit von St. Truyen, von angesehenen Eltern geboren und erhielt seine Erziehung im Karthäuserconvente zu Zeelhem bei Dilst. Obwol er das Kloster verließ, um seine Bildung in Köln zu beendigen, trieb ihn doch seine Neigung für die strenge [247] Regel des klösterlichen Lebens dazu, sich nach Erlangung der Magisterwürde alsbald in den Karthäuserconvent zu Roermund zurückzuziehen. Doch führte er als Prior das stille Leben eines gelehrten Mönches bis zu seinem Tode 1471. Von seinen Zeitgenossen ward er nicht nur um seiner Frömmigkeit willen geachtet, sondern auch als gewandter Exeget, ausgezeichneter Kanzelredner und tüchtiger Moralist hochgeschätzt. Als Theolog hing er der mystischen Richtung, welche eine höhere Contemplation als den Gipfel des religiösen Lebens betrachtete, so sehr an, daß man ihn, wie den Johann Ruysbroeck, Doctor ecstaticus zu nennen pflegte. Dabei lag ihm, wie überhaupt den damaligen Vertretern dieser Richtung, die sittliche Reformation der Kirche in capite et membris aufs ernstlichste am Herzen. Das erhellt nicht nur aus seinem freundschaftlichen Verhältniß zu dem Volksprediger Johann Brugman und allen denjenigen in den Niederlanden und Deutschland, welche einer Reformation günstig waren, zu denen auch Philipp von Burgund und Karl der Kühne zu rechnen sind, – sondern auch aus seiner Theilnahme an der Visitationsreise, welche der Cardinal Nikolaus von Cusa 1451 durch diese Länder machte. Besonders aber bezeugen seine zahlreichen Schriften seine reformatorischen Ansichten. Es verdient dabei der Erwähnung, daß er keine Reformation der Kirchendogmen, sondern des kirchlichen und sittlichen Lebens der Geistlichen und Laien beabsichtigte. Die Anerkennung einer päpstlichen Infallibilität lag ihm jedoch ferne; vielmehr wollte er die Auctorität des römischen Bischofs dem unfehlbaren allgemeinen Concil unterstellt sehen. Vor allem aber suchte er stets zur sittlichen Erneuerung der Kirche und der Gesellschaft zu erwecken. Seine Schriften füllen eine lange Liste von zwei Folioblättern aus. Sie sind exegetischer, homiletischer, philosophischer, polemischer, dogmatischer und ascetischer Art. Schon zu Köln zeichnete er sich durch eine Schrift „De ente et essentia“ aus. Besondere Beachtung aber verdienen seine „Specula de vita ac regimine praesulum“, „De vita ac regimine archidiaconorum“, „De vita canonicorum“; nicht weniger seine „De doctrina et regulis vitae Christianae libri duo“, ein vorzügliches Handbuch über das Wesen des christlichen Lebens, von ihm auf Bitte des Johannes Brugman verfaßt. Die Reise mit Nikolaus von Cusa veranlaßte eine Arbeit „De munere et regimine legati“, die Darstellung der Eroberung Jerusalems durch die Türken seine „Epistola ad pontifices, ad principes catholicos et praelatos“. Seine Hauptarbeit aber ist „Die Erklärung der Heil. Schrift“, deren vierfältigen, d. h. historischen, allegorischen, ethischen und anagogischen Sinn er überall hervorhebt, hier, wie auch in seiner „Summa fidei orthodoxae, libri duo“. Daneben erwähnen wir noch „De auctoritate papae et concilii“, „De quatuor novissimis et de particulari judicio et obitu singulorum“. Außerdem hinterließ D. eine große Menge Kanzelreden, „Sermones de tempore et sanctis“, welche zu seiner Zeit ein homiletisches Repertorium für Geistliche bildeten. Ebenso darf man seine „Expositio missae“ und eine metrische Schrift „De laudibus superlaudabilis Dei“ nicht übersehen. Seine große und von ihm selbst geordnete Sammlung der „Epistolae ad diversos“ ist leider verloren. Ein ausführliches Verzeichniß seiner Schriften findet sich bei Petreius, Biblioth. Carthus. bei Trithemius, Catal. illustr. viror. I, p. 159 und Foppens, Biblioth. Belg. II, p. 242. Der Karthäuser Loërius à Stratis, welcher 1532 die Biographie des D., aufgenommen in die Acta. Sanct. Bolland. Mart. II, p. 247–255 verfaßte, hat viele seiner Schriften durch den Druck veröffentlicht (Opera minora ed. Blommevennae, Colon. 1532). Auch Gerard Damontanus veröffentlichte 1559 einige seiner Schriften. Seine oben genannten „Specula“ sind schon 1495 zu Nürnberg gedruckt. Dennoch sind seine Werke höchst selten. Viele andere finden sich [248] handschriftlich in der Burgund. Bibliothek zu Brüssel und in der Universitäts-Bibliothek zu Utrecht.

Quellen für seine Biographie führt, nebst van der Aa, Biogr. Woordb., Moll an, in seinem Joh. Brugman I, S. 70–81. Kerkgesch. v. Nederl. II, 2 stuk bl. 379. 390. 400.