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ADB:Delius, Christian Heinrich

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Artikel „Delius, Christian Heinrich“ von Eduard Jacobs in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 39–40, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Delius,_Christian_Heinrich&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 14:32 Uhr UTC)
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Band 5 (1877), S. 39–40 (Quelle).
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Delius: Christian Heinrich D., Geschichtsforscher, geb. zu Wernigerode 24. Oct. 1778, † daselbst 14. April 1840, einziges Kind des Bürgermeisters und Stadtsyndicus Jakob D., besuchte seit 1787 die lateinische Schule, das jetzige gräfliche Gymnasium seiner Vaterstadt, wo der strebsame Knabe und Jüngling bald glänzende Fortschritte machte. Seine entschiedene Richtung auf die Geschichte, besonders des deutschen Vaterlandes und seiner engeren Heimath, zugleich aber sein kritischer auf die Quellen zurückgehender Sinn, trat schon damals deutlich hervor. Als Schüler sammelte er mit emsigem Fleiß an Ort und Stelle die Inschriften der monumentalen Gebäude der Grafschaft Wernigerode und im 18. Jahre arbeitete er bereits eine nur auf die sorgfältig selbst gelesenen Urkunden gegründete in geschichtliche Perioden abgetheilte Geschichte der Stiftskirche in seiner Vaterstadt aus. Von 1796–1798 baute er auf fester Grundlage, durch treffliche Lehrer unterstützt, auf dem Pädagogium zu Ilfeld an seiner Fortbildung weiter, um dann zu Michaelis des letzteren Jahres zu Göttingen die Rechtswissenschaft als Fachstudium zu treiben. Dabei verließ er aber nicht im geringsten seine geschichtliche Richtung, denn die Erforschung der rechtlichen und staatsrechtlichen Entwicklung der deutschen Stämme und Gebiete war von Anfang an der Hauptgesichtspunkt seines wissenschaftlichen Strebens. Michaelis 1800 ging er nach Halle, wo er, von seinem Vater unterstützt, den Grund zu der später bis auf etwa 13000 Bände und 10000 Landkarten gebrachten und für die gräfliche Bibliothek erworbenen trefflichen geschichtlichen Bibliothek legte. Michaelis 1801 kehrte er nach Vollendung seiner Universitätsstudien nach Wernigerode zurück, nachdem er eine Aufforderung, die akademische Laufbahn zu ergreifen, aus derselben überaus starken Liebe zur Grafschaft Wernigerode, welche schon dem Vater und Großvater eigen gewesen war, abgelehnt hatte. Im Jahr 1801 begann er seine Laufbahn bei der gräflichen Regierung, bei welcher ihm, seit 1802 als Archivassistent, 1804 als Archivar gerade der Wirkungskreis eröffnet wurde, zu welchem Studien, Neigung und Befähigung ihn besonders bestimmten. Er begann denn auch bald die Ergebnisse seines Forschens litterarisch zu verwerthen. Schwer wurde der echte Patriot betroffen, als über Deutschland und auch über seine engere Geburtsheimath die französische Fremdherrschaft hereinbrach. Als solcher verschmähte er es, die sonst lockende Stelle als Archivar des Königreichs Westfalen anzunehmen, welche der Minister Joh. v. Müller ihm antrug. Als geschickter und treuer Berather seiner Herrschaft in staatsrechtlichen Fragen begleitete er den Erbgrafen 1807 nach Paris, 1814 und 1815 zur Zeit des Congresses nach Wien, 1822 bei dem Abschluß eines neuen Recesses mit der Krone Preußen nach Berlin. Ueber alle Rechtsfragen des Stolbergischen Hauses arbeitete er auf Grund eingehender geschichtlicher Forschungen Deductionen aus. Als gräflicher Beamter stieg er bis zum Director der Regierung, was er von 1834 ab bis zu seinem Tode war.

D. war entschieden Specialhistoriker. Nicht als ob die allgemeine Geschichte des Vaterlandes ihn nicht tief bewegt hätte oder der Gegenstand seines Forschens [40] gewesen wäre – vielmehr suchte er das Einzelne als Glied des größeren Allgemeinen zu erkennen und darzustellen. Auch bereitete er z. B. nach einem größeren Plane eine mittelalterliche Geographie Deutschlands vor und lieferte bezügliche Artikel für die Allgemeine Encyklopädie von Ersch und Gruber, sowie allgemeine Aufsätze für Gräter’s Bragur und Sulzer’s Nachträge zur allgemeinen Theorie der schönen Künste. Aber theils seine gründliche Durchforschung des ihm anvertrauten Urkundenschatzes, theils seine bis zum einseitigen Particularismus gesteigerte Liebe zu seinem „Vaterland“ Wernigerode, veranlaßten die räumliche Beschränkung seines Forschungsgebiets. Jedoch durch seine gründlichen Monographien trug er – wiederholt aus ganz bestimmten Anlässen – kräftig dazu bei, den unkritischen, seichten Pfuschereien von Halbwissern entgegen zu treten. Einer ganzen Reihe bedeutender Forscher half er aus der Fülle seiner urkundlichen Kenntnisse durch schriftliche Auskunft. Chroniken schätzt er verhältnismäßig gering, den Volksüberlieferungen in der Geschichte gegenüber hören wir ihn wol ein: odi profanum ausrufen. Gegenüber der zu seiner Zeit als Wissenschaft ausgebildeten deutschen Mythologie war er als Diplomatiker skeptisch, aber gerade Jak. Grimm schätzte ihn als selbständigen gelehrten Gegner, dessen Widerspruch ihm lieber war, als die Mitarbeit unkritischer Dilettanten. Schade ist es, daß eine ganze Reihe schätzbarer specialgeschichtlicher Arbeiten in dem nur in wenigen Exemplaren erhaltenen Wernigerödischen Intelligenzblatt, das er von 1808 bis 1840 redigirte, verborgen sind. Das von ihm und Holzmann in Goslar 1805 begründete Unternehmen einer allgemeineren Zeitschrift – das Hercynische Archiv – mußte damals wegen der Ungunst der Verhältnisse beim ersten Jahrgange stehen bleiben. Manche seiner Arbeiten erschienen dann in v. Ledebur’s Archiv. Von seinen selbständigen Schriften heben wir hervor: „Die Hildesheimische Stiftsfehde“, Leipzig 1803; „Ueber die Grenzen und Eintheilung des Erzbisthums Bremen“, Wernigerode 1808; „Beiträge zur Geschichte deutscher Gebiete und ihrer Beherrscher“, a) Bruchstücke aus der Geschichte des Amts Elbingerode, Quedlinburg 1813; b) Nachrichten zur Geschichte der Landstände in der Grafschaft Wernigerode, das. 1817; „Untersuchungen über die Geschichte der Harzburg und den vermeinten Götzen Krodo“, Halberstadt 1826.

Im Druck erschien über Delius’ Lebensumstände bald nach seinem Ableben in Wernigerode eine „Kurtze Nachricht“ (12 Seiten 4.), welche der Hauptsache nach in den Neuen Nekrolog der Deutschen, Jahrg. 1840 übergegangen ist.