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ADB:Decker, Karl von

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Artikel „Decker, Karl von“ von Richard von Meerheimb in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 8–10, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Decker,_Karl_von&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 17:33 Uhr UTC)
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Decker: Karl v. D. wurde 1784 geboren. Sein Vater war preußischer Artillerie-Officier († 1828 als Generallieutenant a. D.); D. trat schon 1797 bei der damals in Warschau stehenden Batterie seines Vaters ein. 1800 wurde er Officier, machte als Lieutenant bei der reitenden Artillerie den Feldzug 1806–7 mit und zeichnete sich in der Schlacht von Eylau so aus, daß er den Orden pour le mérite erhielt. 1809 trat er in das Corps des Herzogs von Braunschweig-Oels, zog mit ihm durch Norddeutschland und folgte ihm nach England, wo er als Rittmeister angestellt wurde. 1813 kehrte er nach Preußen zurück, wurde Stabscapitän im Generalstabe bei der Brigade Klüx, dann bei der Brigade des Prinzen August, mit dem er im Winter 1814 an dem Feldzuge in Frankreich Theil nahm. 1815 war er Generalstabsofficier der Brigade Pirch und erhielt für seine Auszeichnung in den Schlachten bei Ligny und Bellealliance das eiserne Kreuz I. Classe. – D. blieb nach dem Frieden im Generalstabe, wurde 1817 Major und im folgenden Jahre Lehrer der Artillerie an der Kriegsschule, wie an der Artillerie- und Ingenieurschule und wirkte in diesen Stellungen [9] sehr anregend durch die Lebendigkeit seines Vortrages. 1820 wurde er in den Adelstand erhoben, 1821 zum Dirigenten einer Section im topographischen Bureau ernannt, bald darauf Mitglied der Ober-Militär-Examinations-Commission. Auf Veranlassung des Prinzen August trat er 1829 in den praktischen Dienst zurück und wurde als interimistischer Brigadier der 8., 1831 als wirklicher Brigadier der 1. Brigade angestellt. 1835 wurde er Oberst, 1841 als General zur Disposition gestellt und starb 1844. D. war ein Mann von großer geistiger Lebendigkeit, von vielem, nicht immer tief begründetem Wissen, von energischem Charakter und emsiger Betriebsamkeit, daher sehr geeignet, neue Unternehmungen ins Leben zu rufen und vielseitige Verbindungen anzuknüpfen. Die Unruhe seines reizbaren Temperaments spricht sich in seinem Lebensgange, wie in seiner ausgebreiteten wissenschaftlichen Thätigkeit aus; in einem durch litterarische Streitigkeiten veranlaßten Duell mit dem Hauptmann Bachofen v. Echt erschoß er den letzteren und erlitt dafür eine Festungshaft in Spandau. Seine erste, im Auftrage des Generals v. Müffling verfaßte Schrift (1816) „Das militärische Aufnehmen“ hatte den Zweck, diese damals noch nicht allgemein in der Armee geübte Fertigkeit zu verbreiten. Von da ab bringt fast jeder Jahrgang ein neues Werk, so daß die Productivität Decker’s, der daneben an mehreren Zeitungen und Zeitschriften mitwirkte, allerdings sehr bedeutend war. Freilich tragen die meisten seiner Schriften auch das Gepräge der Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit und wurden unter anderem von dem gelehrten und geistreichen H. v. Brandt mit Schärfe angegriffen. Ebenso führte D. einen langen Streit über die Form der Cavallerieangriffe mit dem Major v. Heydebrandt; D. wollte nur en ligne, Heydebrandt in Colonne attackiren. 1817 erschien in 3 Bänden „Die Artillerie für alle Waffen“ (1825 ins Französische übersetzt) und „Die Theorie des Reflectors“. Ferner „Ansichten über Kriegführung im Geiste der Zeit nach Rogniat“, 1819. „Gefechtslehre der beiden verbundenen Waffen: Cavallerie und reitende Artillerie“, 1819. „Versuch einer Geschichte des Geschützwesens in Europa“, 1819. „Lesebuch für Unterofficiere und Soldaten“, 1820 (1821 3. Auflage). „Der kleine Krieg im Geiste der neueren Kriegführung“, 1821. „Militärisch-topographische Karte des Landes zwischen Rhein und Maas“, 1824. „Bonaparte’s Feldzug in Italien 1796“, eine Schrift voller Irrthümer, über die Clausewitz fast wegwerfend spricht, 1825. „Der Taschenartillerist“, 1827. „Taktik der drei Waffen, einzeln und verbunden“, 1828. „Grundzüge der praktischen Strategie“ (Handbibliothek Bd. VII), 1828. „Praktische Generalstabswissenschaft“ (Handbibliothek Bd. VIII), 1830. „Das Schießen und Werfen, praktisch abgehandelt“. Als Manuscript gedruckt, 1832. „Ergänzungstaktik der Feldartillerie“, 1834. „Schlachten und Hauptgefechte des siebenjährigen Krieges“. Mit Atlas und Plänen, 1837. „Ansichten über den Dienst der Brigadebatterien bei einem Armeecorps im Kriege“, 1839. „25 Friedensjahre“, 1840. „Die Schrapnelseinrichtung, Theorie und Wirkung dieser Geschosse“, 1842. „Algerien und die dortige Kriegführung“, 2 Bde., 1844. 1816 gab er mit Rühle v. Lilienstern das „Militär-Wochenblatt“ heraus, das 1824 dem großen Generalstabe überwiesen wurde; mit Blesson und Ciriacy begründete er April 1824 die „Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges“ und gab 1821–44 mit Blesson die „Militär-Litteratur-Zeitung“ heraus. Zugleich entstand die „Allgemeine Handbibliothek für Officiere (oder populäre Kriegslehre) unter der Leitung der Redaction der Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges“ (1828), eine encyklopädische Sammlung von Compendien aller militärischen Wissenschaften, die neben sehr werthvollen Werken auch recht unbedeutende enthält. – Unstreitig hat D. das Verdienst, das wissenschaftliche Interesse und die Verbreitung nützlicher Fachkenntnisse in der Armee rege erhalten [10] und befördert zu haben, was um so höher anzuschlagen ist, als in den J. 1815–40 manche entgegenwirkende Elemente zu bekämpfen waren. Ein Gegner des damals in der Artillerie noch herrschenden Constablergeistes, hat er den kriegerischen Sinn seiner Waffe zu beleben gewußt; die Erfahrungen des Feldzuges 1870–71 bewähren Decker’s, auch in dessen Persönlichkeit liegendes Princip der Offensive, der Selbständigkeit des Entschlusses, die immer zur Theilnahme am Gefecht drängt. – Aber in seinen und seiner Freunde Händen waren die wenigen damals bestehenden Zeitungen und Zeitschriften, eigentlich war fast die ganze preußische militärische Litteratur in der Hand einer Coterie; dieselben Bücher erschienen in der Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges, der Handbibliothek und als besondere Schriften und wurden von den Verfassern oder den ihnen befreundeten Redactionen aufs wärmste empfohlen. Der lobpreisende, alle wahre Kritik fast aufhebende Ton, der in den Recensionen militärischer Werke durch Fachmänner üblich geworden, rührt aus der Zeit des litterarischen Zusammeenwirkens dieser Männer her, obgleich D. für seine Person, als echtes Berliner Kind, Neigung zu kecken und rücksichtslosen Angriffen und das Talent witziger Persiflage hatte. – Auch die Zeitschrift „Karten-Wegweiser durch Europa“ ist von ihm 1824 begründet worden. Unter dem Namen Adalbert v. Thale trat D. auch als belletristischer Schriftsteller auf und schrieb unter anderem die Lustspiele „Das Vorlegeschloß“ und „Guten Morgen Vielliebchen“, die in Berlin und an anderen Orten gegeben wurden. Ebenso schrieb er kleine Erzählungen und andere Aufsätze für belletristische Zeitungen.