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ADB:Blesson, Johann Ludwig Urbain

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Artikel „Blesson, Johann Ludwig Urbain“ von Maximilian Jähns in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 704–706, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Blesson,_Johann_Ludwig_Urbain&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:39 Uhr UTC)
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Blesson: Johann Ludwig Urbain B., wurde am 27. Mai 1790 zu Berlin als Sohn eines Küchenmeisters Friedrichs des Großen geboren. Er besuchte das collège français, trieb mit Leidenschaft Naturwissenschaften und trat 1810 in Schlesien in den Berg- und Hüttendienst ein. 1811 und 1812 bereiste er zu seiner Belehrung Polen, Ungarn, Böhmen und Theile von Deutschland. Seine Entdeckung über die Polarität durch Rostung des strahligen Eisenspaths (Sphärosiderit) machte seine Vorgesetzten auf ihn aufmerksam, und entscheidende Geltung für den praktischen Dienst gewann eine von B. vorgeschlagene neue Frisch-Methode, für die er den ersten Preis erhielt. – Im Frühjahr 1813 trat er als Freiwilliger in das Heer und wurde auf Scharnhorst’s persönlichen Wunsch als Festungsingenieur und zwar namentlich für die Anfertigung der Eisenmunition verwendet. Auch an dem Bau des verschanzten Lagers von Wartha nahm B. Theil und veröffentlichte darüber 1813 einen Aufsatz in Gilbert’s „Annalen der Physik“. – Nach dem Pariser Frieden kam er nach Berlin, wurde Secondlieutenant [705] und vermählte sich im Januar 1815 mit Karoline Verona. Beim Wiederausbruch des Krieges war er zuerst in Erfurt, dann bei der Armee in den Niederlanden thätig. Der „Beitrag zur Geschichte des Festungskrieges in Frankreich im J. 1815“ (1818) enthält seine Erlebnisse vor Maubeuge, Philippeville und Rocroy, vor welcher letzteren Festung ihm dreimal das Pferd unter dem Leibe verwundet ward. Er erhielt hier das eiserne Kreuz. 1816 wurde er Premierlieutenant und kam als Brigade-Adjutant auf kurze Zeit nach Stettin. 1818 erfolgte sein Avancement zum Capitain und die Ernennung zum Mitglied der Obermilitär-Examinationscommission und zum Lehrer an der allgemeinen Kriegsschule in Berlin. 1819 starb Blesson’s Gattin, und zwei Jahre später vermählte er sich aufs neue mit Katharina, der Tochter des Wirklichen Geheimen Oberregierungsraths Schmedding. Im J. 1820 betheiligte er sich mit v. Decker und v. Maliszewski an der Begründung der „Militär-Litteraturzeitung“, deren Redacteur er 40 Jahre lang war und in der er unter der Chiffre 2* schrieb. Da 1824 das „Militär-Wochenblatt“ eine Beschränkung seiner bis dahin reichen Besprechungen militärischer Interessen erfuhr, so stiftete B. mit v. Decker und v. Ciriacy die „Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges“, welche dem 1826 entstandenen „Spectateur militaire“ als Vorbild diente. – Um diese Zeit trat B. mit großer Entschiedenheit gegen die neue, herrschende Befestigungsmethode auf, verwarf und bekämpfte den Steinbau und die Vertheidigung aus geschlossenen Räumen und hob die Vorzüge des Erdbaues und des soldatischen Freikampfes hervor. Seine Ansichten und seine Art, sie auszusprechen, berührten in den maßgebenden Kreisen peinlich und bereiteten ihm manche Unannehmlichkeit. Er war indessen unermüdlich litterarisch thätig. Es erschienen: „Histoire de la Guerre des Alliés contre la France“, 1822; „Der Feldzug in Rußland 1812“, 1824; „Die Fortification für alle Waffen“, 1825; „Uebersicht der Befestigungskunst“, 1827; „Geschichte der großen Befestigungskunst“, 1830; „Die Lehre vom graphischen Défilement“, 1828; „Traité de la guerre contre les Turcs“, 1830. – Im J. 1822 begleitete B. den damaligen Chef des Ingenieurcorps, General von Rauch, als Adjutant auf einer großen Reise durch Rußland; 1825 machte er mit C. v. Decker eine Studienreise durch Belgien und Frankreich. – 1829 wurde er zum Ingenieur vom Platz in Stralsund ernannt. Eine solche Verwendung in einer zu jener Zeit vernachlässigten kleinen Festung erschien B. als Verbannung, als feindselige Maßregel, die den Zweck habe, ihn aus seiner damals allerdings einflußreich gewordenen litterarischen und kritischen Stellung zu entfernen. Er bat um seinen Abschied und erhielt denselben als Major und mit der Uniform des Ingenieurscorps. – B. blieb sich in der neuen Freiheit gleich und treu, wirkte seitdem mit stetem Eifer und hoher Uneigennützigkeit für öffentliche, namentliche städtische Interessen und erwarb sich in dieser Thätigkeit die volle Anerkennung seiner Mitbürger. – Im J. 1830 begann Blesson’s Wirken für die noch jetzt bestehende Rentenversicherungs-Anstalt, welche 1839 eröffnet wurde und deren Director er bis an sein Lebensende war. Er verband große humane und sociale Intentionen mit dieser bedeutenden Einrichtung und war fortdauernd für den Gedanken der Altersversorgung thätig, wie er denn überhaupt für alles Nützliche Zeit, Mühe und Opfer nie scheute. So arbeitete er u. a. mit Baeyer detaillierte Pläne für die Bewässerung Berlins aus. Dieser Richtung seiner Thätigkeit gehören folgende Schriften an: „Gewerbefreiheit und Gewerbeordnung“, 1832; „Rentenversicherungs-Anstalten in ihrer Bedeutung für die Mit- und Nachwelt“, 1840; „Die Bewässerung Berlins“, 1843. – Auch die kriegswissenschaftliche Thätigkeit Blesson’s ruhte nicht. Er hatte die Redaction der „Militär-Litteraturzeitung“ und der „Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges“ beibehalten und führte seit 1829 [706] auch die Redaction der „Handbibliothek für Officiere“. 1835 erschien die „Geschichte des Belagerungskrieges oder die offensiven Befestigungen“. – Die Jahre 1847 und 1848 zeigten B. als einen Gegner der Bestrebungen, die das alte Preußen zu einem constitutionellen Staate nach französischer Schablone umformen wollten. Er verbreitete damals aufs neue die schon 1821 gelegentlich der neapolitanischen Revolution veröffentlichten „Betrachtungen über die Befugniß des Militärs, an politischen Angelegenheiten des Vaterlandes Theil zu nehmen“. Bei Bildung der Bürgerwehr wählte ihn das Vertrauen seiner Mitbürger zum Major des Bataillons, das sich aus den Bewohnern der Linden und angrenzenden Straßen bildete, und als nach dem Abtreten des Generals von Aschoff die Wahl zum Obercommandanten der gesammten Bürgerwehr Berlins auf B. fiel, obgleich dieser doch ein alter Officier, Royalist und Katholik war, so nahm er dieselbe an, weil er hoffte, auf diese Weise noch Einiges für den König retten zu können. Aber er überschätzte seine Kraft; es gelang ihm nicht, diese 26000 bewaffneten und aufgeregten Menschen dem Einfluß der demokratischen Demagogen zu entziehen, und nach dem schmachvollen Zeughaussturm legte B. das Commando nieder. Später stellte er die „Geschichte der Berliner Bürgerwehr“ zusammen (Soldatenfreund 19. Jahrg., 2., 4., 10. Heft; 20. Jahrg., 9. Heft; 22. Jahrgang, 5. Heft). – 1851 veröffentlichte er seine letzte selbständige Arbeit: „Priester, Jurist und Soldat“. – Am 20. Januar 1861 starb B. – Außer in den schon genannten Zeitschriften finden sich Arbeiten von ihm in Berghaus’ „Hertha“, in Eberhard’s „Annalen der Naturkunde“, in den „Verhandlungen des Gewerbevereins“, im „Bulletin universel“ von Ferusac, im „Hesperus“, in Hermbstädt’s „Museum“, in Gilbert’s „Annalen“, in der „Spener’schen Zeitung“, der „Wehrzeitung“, der „Bürgerwehrzeitung“ etc.

L. Schneider, J. L. U. Blesson, Nekrolog. (Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges. Jahrg. 1861. Drittes Heft.) Ebendaselbst ein Verzeichniß der kleineren litterarischen Arbeiten Blesson’s bis 1827.