ADB:Dalberg, Johann von
Kaiser Maximilian I. 1494 anerkannten Ehre, zuerst vor allen anderen deutschen Edelleuten gelegentlich der Kaiserkrönung zuerst auf der Tiberbrücke zu Rom, hernach im Dome zu Frankfurt mit dem Rufe: Ist kein Dalberg da? zum Ritterschlag gefordert zu werden. Den Freiherrntitel ertheilte Kaiser Ferdinand III. am 6. April 1654. Von den unzähligen Linien und Zweigen, in welche sich das Geschlecht der Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg, schon seit dem 13. Jahrhundert spaltete, blüht gegenwärtig nur noch die directe Nachkommenschaft Gerhard des Großen, Ritters 1239 in der Haßlocher Linie, welche 1810 Güter und Namen der ausgestorbenen Grafen von Ostein in Böhmen und Mähren ererbte. Die Dalberger Linie ist 1848 und die von Kaiser Napoleon 1810 mit dem Herzogstitel beliehene Herrnsheimer Linie 1833 ausgestorben.
Dalberg: Johann v. D., Bischof von Worms, Gönner der Humanisten, geb. 1445 zu Oppenheim, † 23. Juli 1503. Die älteren Edelherren von Dalberg (Burgruine und Dorf Kreis Kreuznach der preuß. Rheinprovinz), welche aus dem Hause der Herren von Weyerbach bei Oberstein an der Nahe hervorgegangen sind, erloschen im Anfange des 14. Jahrhunderts. Der letzte, Anton Herr von Dalberg, nahm 1315 und 1318 seinen Vetter Johann Kämmerer von Worms in die Gemeinschaft seiner Güter und Lehen auf und übertrug ihm dann Besitz und Namen. Die Kämmerer von Worms sind uralte Ministerialen der Bischöfe von Worms und heißt noch die Straße in Worms, worin ihr Stammhaus, der Dalberger Hof, liegt, die Kämmererstraße. Der Sage nach von einem Römer Cajus Marcellus, einem Verwandten von Jesus Christus – dessen angebliches Todesurtheil die Familie lange verwahrte – abstammend, kann das Geschlecht auch urkundlich seinen Ursprung bis ins 12. Jahrhundert auf den wormsischen Kämmerer Ekbert, den Gründer des Klosters Frankenthal, 1119, † 1132 zurückführen. Durch den Erwerb der Reichsherrschaft Dalberg hob sich die Bedeutung der Familie. Sie gelangte zu großem Grundbesitz und zu der schon von[702] Johann v. D. erhielt von seinem Vater Wolfgang eine angemessene Erziehung, die ihn befähigte, in seinem 21. Jahre die Universität Erfurt zu beziehen, wo er 1466 unter Jodocus Sartoris inscribirt und 1470 Baccalaureus der Philosophie wurde. Namentlich Jacob Publicius soll viel Einfluß auf ihn gewonnen haben. Ob er auch in Heidelberg Studien gemacht oder sich gleich nach dem Erfurter Aufenthalte zu weiterer Ausbildung nach Italien begeben, ist nicht zu ermitteln, fest steht nur, daß er in Ferrara um das J. 1476 sich namentlich mit dem Griechischen beschäftigte und mit Rudolf Agricola und Theodor von Plenningen eine Lebensfreundschaft schloß. Hier wurde er Doctor beider Rechte und genoß ein solches Ansehen, daß u. a. Sixtus Tucher nicht ansteht, ihn mit dem Grafen Picus von Mirandola zu vergleichen. Zurückgekehrt bezog er im August 1478 die Universität Ingolstadt, wurde 1482 aber durch den für die Geschichte der Wissenschaften und der Heidelberger Universität so wichtigen Kurfürsten Philipp von der Pfalz, der in den Humanistenkreisen seines Landes allgemein beliebt war, an dessen Hof berufen, wo er nun als geheimer Rath vor allem für die Hebung der Hochschule, wie des wissenschaftlichen Geistes überhaupt, und endlich bei der Anlegung von Bibliotheken sich außerordentlich thätig erwies. Auf Dalberg’s Einfluß auf den Kurfürsten ist denn auch eine Reihe von Berufungen zurückzuführen, die der Heidelberger Hochschule und Philipps Hofe zum Frommen gereichten, auf seine Anregung erfolgte die Berufung R. Agricola’s wie die Gründung einer Lehrkanzel für das Griechische in Heidelberg (1498), die mit Dionysius Reuchlin, dem Bruder des großen Philologen, besetzt ward. – Früher schon war D. Domherr und endlich Dompropst zu Worms geworden, am 12. August 1482 erfolgte seine Wahl zum Bischofe in der genannten Stadt; als solcher nannte er sich Johann III. Obwol in öftere Streitigkeiten und Weiterungen mit der sehr erregten und widerspänstigen Bürgerschaft ließ sich D. doch dadurch nicht stören, seinen Einfluß und seine Mittel zur Unterstützung der humanistischen Strebungen zu verwenden. Die Spuren dieser Thätigkeit finden sich in den Correspondenzen der damaligen Gelehrtenkreise, nicht minder in den zahlreichen Dedicationsepisteln an ihn, mit denen ihn berühmte Männer feierten, so Trithemius in seinem Werke De scriptoribus ecclesiasticis, J. Reuchlin in der Schrift De verbo mirifico, Sebastian Brant, Matthäus Herben, Sebastian Murrho u. a. Aber auch mit anderen Männern der älteren und neueren Humanistengeneration, mit Eitelwolf v. Stein, Pirkheimer und vor allem mit Konrad Celtis stand er in mehr oder minder enger Verbindung, wie er denn auch Präsident und Censor der Sodalitas Rhenana gewesen ist. Besonders interessiren seine Beziehungen eben zu Celtis und zu J. Reuchlin. Eifrig forschte D. nach alten Handschriften, er machte u. a. um das Jahr 1495 Celtis auf den Reichthum Freisings in dieser Richtung aufmerksam und spricht von griechischen Büchern (Cod. Pal. Vindob. 3448 f. 40 b), um 1503 nimmt er sich aus Lorsch einen Cassiodor-Codex mit, den er während der Wasserfahrt durchblättert, an dessen Echtheit er aber Zweifel hegt; es scheint ihm das ganze Buch ein scholastisches Machwerk (Cod. Pal. Vindob. 3448 f. 137b). Um Bücher dreht sich dann auch sein Verkehr mit Reuchlin, den er ja nach Agricola der Heidelberger Bibliothek vorsetzte. Für D. hatte Reuchlin um 1489 in Stuttgart eine Sammlung kleiner griechischer Gespräche mit nebenstehender lateinischer Uebersetzung nach Art eines modernen Abc-Buchs veranstaltet (Geiger, Reuchlin’s Briefwechsel S. 24), ihm schickt er seine Schrift: „De quatuor graecae linguae differentiis“, die sich handschriftlich noch auf der Stuttgarter Bibliothek vorfindet und aus Planudes, Georgios Choiroboskos, Theodoret und andern Grammatikern zusammenstellt wurde. Auch sonst hat er Uebersetzungen aus dem Griechischen für ihn unternommen und ward mehrfach durch den Bischof zu [703] Arbeiten angeregt (vgl. Geiger, J. Reuchlin 44 u. a. a. O.). Das Verhältniß Dalberg’s zu Reuchlin blieb auch nach dessen Entfernung von Heidelberg, die D. und sein heiterer Kreis zu hemmen suchte, ein freundschaftliches, nach 1491 bietet D. dem Freunde für alle Fälle bei sich einen Zufluchtsort an; vier Jahre später lud er ihn dringend in sein Schloß nach Ladenburg ein – dies freilich ist die letzte Spur des alten Freundschaftsbündnisses, das aus unbekannten Gründen nachmals erkaltet zu sein scheint. Freilich wurde auch D., der im Anfange der neunziger Jahre des 15. Jahrhunderts in Heidelberg seinen Gelehrten wahrhaft italienische Zustände bereitete, durch praktische Geschäfte und Gesandtschaften, zu denen ihn der Kaiser und sein Freund Kurfürst Philipp gebrauchte, jenen Kreisen öfter entrückt. Um 1499 sandte ihn Maximilian zu den Friedensverhandlungen mit den Schweizern, im Auftrage seines Fürsten reiste er zu Papst Innocenz VIII. (1485), die Rede, die er vor diesem hielt, machte Aufsehen; auch König Ludwig XII. von Frankreich hat er in Paris mit einer Rede begrüßt. Dalberg’s Thätigkeit für die Gelehrten, die Universität und die Bibliotheken – sowol die Heidelberger als die Ladenburger Familien-Bibliothek, die als eine hochberühmte galt – wurde durch jene Missionen so wenig aufgehoben, wie seine nie rastende Wißbegier, die ihn zu zahlreichen eigenen Versuchen auf dem Gebiete der Litteratur veranlaßte, die aber ungedruckt blieben.
- Ein Verzeichniß der Schriften gab schon C. Geßner in der Bibliotheca univers., vgl. auch Zapf, Johann von Dalberg (S. 148), Augsburg 1796, s. Nachtrag, Zürich 1796, eine fleißige, aber weitschweifige Lebensbeschreibung des Bischofs. Außerdem: Erhard, Geschichte des Wiederaufblühens wiss. Bildung in Teutschland 1826. I. 356–374. Ullmann, Memoria Joh. Dalburgii 1840. Geiger, l. c. Interessante Angaben über Abstammung und Linien des Geschlechtes der Dalbergs (von Erhard) in Ersch und Gruber, Allgemeine Encyklopädie.