ADB:Cornelius, Karl Sebastian
[1], † am 5. Novbr. 1896 zu Halle a. S. C. studirte in Göttingen und Marburg Naturwissenschaften und Philosophie und habilitirte sich 1851 in Halle, nachdem er eine Reihe von Jahren hindurch nur seinen Studien gelebt hatte. In seiner Wissenschaft hatte C. eine Sonderstellung. Trotzdem er Docent für Physik war, lag der Schwerpunkt seines wissenschaftlichen Schaffens nicht so sehr in seinen physikalischen Leistungen, als in seinen Forschungen zur Philosophie. In der Philosophie war C. Schüler und Parteigänger Herbart’s. Er verfolgte in seinen philosophischen und besonders in den psychologischen Schriften das Ziel, die philosophischen Doctrinen mit den Ergebnissen und Anschauungen der Naturwissenschaften in enge Beziehung zu setzen. Seine Arbeit ist für die Psychologie dadurch sehr fruchtbar geworden, daß er, wie nur wenige seiner älteren Fachgenossen, in der Physik und Physiologie und zugleich in der Psychologie heimisch war. Entsprechend der ungewöhnlichen Breite des Arbeitsfeldes Cornelius’ ist auch sein litterarisches Schaffen vielseitig. Die Reihe seiner wissenschaftlichen Arbeiten [526] eröffnete C. 1850 mit der Abhandlung „De fluido electrico in rerum natura statuendo“. Dieser folgte 1855 der „Versuch einer theoretischen Ableitung der magnetischen und elektrischen Erscheinungen“, in denen er eine neue Theorie der Elektricität und des Magnetismus entwickelt. Gleichfalls die theoretische Physik betrifft Cornelius’ Buch „Ueber die Bildung der Materie aus ihren einfachen Elementen“ vom Jahre 1856. Er tritt darin für die atomistische Lehre ein, aber nicht im Sinne der gröberen physikalisch-chemischen Auffassung. Er will vielmehr nach dem Vorgange von Faraday die Atome als materielle, aber ausdehnungslose Kraftcentren betrachtet wissen. Ueberragt werden an wissenschaftlicher Bedeutung die bisher vermerkten Schriften Cornelius’ durch seine 1861 erschienene „Theorie des Sehens und des räumlichen Vorstellens vom physikalischen, physiologischen und psychologischen Standpunkte“. Der Werth des Werkes besteht zu einem wesentlichen Theile in der Vollständigkeit, mit der C. die zahlreichen Elemente zur Psychologie des Sehens aus verschiedenen Gebieten zusammengetragen und einheitlich geordnet hat, zum andern Theile ist wichtig, was C. zur Erklärung der schwer zu deutenden räumlichen Wahrnehmung beibringt. Er erklärt die räumliche Wahrnehmung aus der Muskelthätigkeit, insbesondere bei der Accommodation und Einstellung des Auges und den daraus entstehenden Empfindungen, die sich reihenweise mit den Lichtempfindungen verbinden. Er ergänzte das Werk später durch eine kritische Studie, in der er die einschlägigen Arbeiten von Hering, Classen, Meißner u. A. bespricht. In das Gebiet, das C. zuerst mit seinem Buche „Ueber die Bildung der Materie“ betrat, kehrte er 1866 zurück, indem er „Grundzüge der Molekularphysik“ erscheinen ließ. Er strebte an, damit die Ergebnisse der neueren Physik und Chemie mit der Herbart’schen Monadologie in Beziehung zu setzen. Er stellte sich aber dabei in Gegensatz zu der modernen Molekularphysik, dadurch, daß er im Gegensatze zu den Pflegern dieser eine „gegenseitige Durchdringung der Atome“ annimmt. Allgemeine Beachtung fand Cornelius’ Buch „Ueber die Entstehung der Welt“. Es verdankt seine Entstehung einem Preisausschreiben der „Zeitschrift für exacte Philosophie“. Die Bedeutung der Schrift liegt in der Kritik, die C. an den Lehren über Entstehen und Entwicklung übt. Am meisten betreffen sie den Darwinismus. Zu vermerken sind noch Cornelius’ Hülfsbücher für den Unterricht in der Meteorologie und der physikalischen Geographie, seine Bearbeitung des Volkmann’schen Lehrbuches der Psychologie und eine Reihe von Abhandlungen über philosophische und naturwissenschaftliche Kernfragen, wie die Beziehungen von Leib und Seele, die Evolution, das Energiegesetz, die Teleologie.
Cornelius: Karl Sebastian C., Professor für Physik, geb. am 14. Novbr. 1819 zu Renshausen in Niedersachsen- Leopoldina 1896.
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ Cornelius, Karl Sebast. XLVII 525 Z. 15 v. u. l.: 1819 zu Rönshausen in Kurhessen. [Bd. 56, S. 395]