ADB:Christoph (Bischof von Basel)
Erasmus nahe, neigte aber wie die älteren deutschen Humanisten zu einer ernsteren kirchlichen Lebensanschauung. – U. gehörte zu der elsässischen Adelsfamilie v. U., als deren Sproß er um Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts geboren sein mag. Schon in jungen Jahren begegnet er uns als Inhaber einer Domherrnpfründe am Thomasstift zu Straßburg und im J. 1473 als Propst desselben. In demselben Jahre studirte er zu Basel als magister liberalium artium und iuris pontif. scholaris, als welcher er damals die Würde des Rectors der Universität bekleidete. Im J. 1494 verzichtete er auf die Würde und Pfründe am Straßburger Stifte zu Gunsten eines Neffen von ihm, wol weil er selbst zum Custos des Baseler Domstiftes ernannt worden war. Aber der traurige Zustand der damaligen Kirche regte in ihm den Gedanken an, die „Welt“ zu verlassen und sich mit einem kleinen Kreise Gleichgesinnter in die Einsamkeit eines Schwarzwaldthales zurück zu ziehen, wie er denn auch den Humanisten Wimpheling, seinen Freund, dazu zu gewinnen suchte. Von diesem ernstlich gemeinten Vorhaben wurde U. indeß abgebracht, als das Baseler Domcapitel ihn im J. 1500 zum Verweser des dortigen Bisthumes und nach dem am 1. November 1502 erfolgten Tode des damaligen Bischofs Caspar zu Rhin, am 1. December darauf auch zu dessen Nachfolger wählte. In dieser Stellung erwartete ihn eine angestrengte Thätigkeit; denn das Bisthum war ökonomisch und moralisch verwildert. Durch sparsamste Verwaltung suchte der neue Bischof daher zunächst die Schuldenlast des Bisthums zu verringern, was ihm auch ausgezeichnet gelungen ist. Sodann betrat er den vom Baseler Concil vorgezeichneten Weg der regelmäßigen Abhaltung von Synoden, auf welchen alle äußeren und inneren Angelegenheiten des Priester- und Laienstandes berathen und controllirt werden sollten. Die erste dieser Synoden eröffnete er am 23. October 1503 mit einer den Geistlichen das Gewissen schärfenden Rede. Aber so ernst der Bischof auch auf dem Wege der Verordnungen [410] und des guten Beispiels die Zustände der Baseler Kirche verbessern wollte, so sah er doch auf diesem Wege wenig Erfolg. Darum ging er jetzt zunächst darauf aus, nach Basel Männer zu ziehen, welche dort den Boden für die von ihm geplante Reform der Kirche lockern und weiter bearbeiten sollten. Wie er früher schon seinen Freund Wimpheling dahin gezogen hatte, berief er 1512 Capito und 1515 Oekolampadius, von denen er sich für seine Zwecke Gutes versprach, als Domprediger nach Basel, pflegte mit Erasmus Freundschaft und unterstützte sonst Bestrebungen, welche vom Standpunkte des noch kirchlich gesinnten deutschen Humanismus auf eine Besserung der Verhältnisse hinarbeiteten. Darum freute er sich auch, als der kühne Augustinermönch Martin Luther zu Wittenberg den Ablaßhandel bekämpfte, und las dessen Schriften mit Beifall. Ja, nach Capito’s Aussage soll der Bischof U. im J. 1519 geneigt gewesen sein, Luther in Basel aufzunehmen, falls ihm in Wittenberg Gefahr drohe. Erst als er die Consequenzen der Lehre Luther’s in Bezug auf den ganzen Bestand der damaligen katholischen Kirche, ihres Cultus und ihrer Sitte erkannte, entzog er ihr und ihren Anhängern seine Sympathie. Diese Wendung geschah 1522, und am 10. Juli 1524 trat er wie viele deutsche Bischöfe dem Bündnisse zur Aufrechterhaltung des Wormser Edictes gegen Luther und seine Gesinnungsgenossen bei. Aber der Geist der Reformation machte trotz aller Gegenbestrebungen auch in Basel solche Fortschritte, daß U., alt und krank wie er war, sich ihm nicht mehr gewachsen fühlte und das Baseler Domcapitel am 13. Februar 1527 bat, die geistliche und weltliche Leitung des Bisthums in andere Hände zu legen. Das Capitel willigte ein und bestimmte ihm eine Pension von 200 Goldgulden. Aber bald darauf, am 16. März 1527, entschlief U. zu Delsberg, wohin er sich zurückgezogen hatte.
Utenheim: Christoph v. U., Bischof von Basel † 1527. Unter den zahlreichen Persönlichkeiten der Uebergangszeit vom Mittelalter zur Reformation, welche ihren Blick gegen die Schäden der Kirche nicht verschließen konnten, aber auch dem Geiste Luther’s nicht zu folgen vermochten, ragt aus dem bischöflichen Stande Christoph v. U. hervor. Er stand- Vgl. Herzog, Christoph v. Utenheim in Basler Beiträge zur vaterländischen Geschichte 1839 und dessen Artikel in Herzog, Plitt und Hauck, Realencyklopädie, 2. Aufl., Bd. 16, S. 267–271, wo noch als Fundorte für Nachrichten über U. Basler Chroniken I und das Chronikon des Konrad Pellikan citirt werden.