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ADB:Boineburg, Konrad Reichsfreiherr von

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Artikel „Boyneburg, Konrad von“ von Karl Bernhardi in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 224–226, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Boineburg,_Konrad_Reichsfreiherr_von&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:22 Uhr UTC)
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Boyneburg: Konrad v. B., richtiger Boineburg (sprich Böneburg) ist mehr bekannt unter dem Namen „Kurt v. B.“ oder „der kleine Hesse“ und war einer der ausgezeichnetsten Heerführer Kaiser Karls V. Die Stammburg – urkundlich Bomeneberg, auch Bemelburg – dieser noch immer sehr ausgebreiteten Familie liegt in Hessen, zwischen Eschwege und Sontra, gehörte aber ehedem zu Thüringen und war eine Reichsburg, auf welcher die Hohenstaufen manchmal verweilten. Im J. 1292 ward sie dann vom Landgrafen Heinrich I. von Hessen als Reichslehen erworben; doch suchte die zahlreiche, aus mehreren Familien bestehende Burgmannschaft ihre Reichsunmittelbarkeit zu behaupten. Erst 1460 nahmen die damals vorhandenen drei Linien, die ganze Besitzung von den Landgrafen von Hessen zu Lehen. Derjenige Zweig, welchem unser Kurt angehört, blieb[WS 1] meist in Hessen, während ein anderer Zweig, der zu Gerstungen ansässig war, in der freien Reichsritterschaft Werra-Rhön erscheint. Beide unterschieden sich im Wappen dadurch, daß jener, der ältere, jetzt B.-Stedtfeld, einen Schild von Silber und Schwarz, dieser, jetzt B.-Lengsfeld, den Schild von Schwarz und Silber quadrirt führt; daher der Name die weiße und die schwarze Linie. Kurt, geb. im J. 1494, † 1567, verlor seinen Vater, Reinhard v. B., welcher in hessischen Diensten stand und vor Umbach blieb, schon in seinem eilften Lebensjahre. Er trat dann gleichzeitig mit einem schlankgewachsenen Landsmanne, [225] Treusch v. Buttlar, als Edelknabe in die Dienste des Herzogs Ulrich von Würtemberg. Dort hat er wahrscheinlich zum Unterschied von seinem Freunde Treusch den Beinamen „der kleine Hesse“ erhalten. Entrüstet über den vom Herzog an Hans v. Hutten verübten Mord verließen beide den Hof. Kurt trat nun in die Dienste des Landgrafen Philipp von Hessen, hielt sich tapfer in der Fehde gegen Sickingen und erwarb sich in dem Feldzuge des schwäbischen Bundes gegen Ulrich im J. 1519 das Vertrauen des damaligen Bundesfeldherrn, Georg v. Frundsberg. Im J. 1521 ward er, allerdings ohne sein Verschulden, in die Fehde Sickingen gegen den Kurfürsten von Trier verwickelt, was die Veranlassung gegeben zu haben scheint, daß er seitdem nicht mehr in hessischen, sondern unter Frundsberg in österreichischen Diensten auftritt. Mit einem in Tirol geworbenen Fähnlein von etwa 200 Mann half er die Schlacht von Pavia (Febr. 1525) erkämpfen, zog dann im folgenden Jahre mit Frundsberg, welcher ihn zugleich zu seinem Stellvertreter ernannte, gegen die sogenannte heilige Liga nach Italien, und erhielt, als Frundsberg im März 1527 vom Schlage gelähmt wurde, den Oberbefehl über sämmtliche deutsche Landsknechte – etwa 12000 Mann an der Zahl. Unter dem kaiserlichen Generalcapitän, Karl von Bourbon, zog das kaiserliche Heer nun vor Rom, und man sah sich genöthigt, diese Stadt mit stürmender Hand zu nehmen, weil Papst Clemens VII. die Kaiserlichen bis zur Ankunft des ligistischen Heeres mit leeren Versprechungen hinzuhalten suchte. Bourbon blieb bei dem Sturm, doch drangen seine Spanier von der einen Seite bis St. Peter vor, während B. von der andern Seite eindrang und die Feinde zwischen zwei Feuer brachte. Der Papst flüchtete auf die Engelsburg, mußte jedoch bald capituliren und erhielt eine Ehrenwache von 200 deutschen Landsknechten unter Sebastian Schertlin. Da der Papst das versprochene, zur Bezahlung der Soldaten erforderliche Geld nicht leistete, so hatten die Befehlshaber Philibert von Oranien, der an Bourbon’s Stelle getreten war, und B. einen sehr gefahrvollen Sturm gegen ihre Söldner zu bestehen, die sich jedoch endlich fügten, als die Führer mit Niederlegung ihrer Stellen drohten. Das kaiserliche Heer zog nunmehr dem von den Franzosen und den Genuesen belagerten Neapel zu Hülfe, entsetzte die Stadt und vernichtete die französische Abtheilung fast bis auf den letzten Mann. Karl V. belohnte die Heerführer nach Verdienst und schlug bei seiner Krönung im Februar 1530 unter andern auch B. zum Ritter.

B. hoffte nun ein ruhiges Leben zu führen und trat in Unterhandlungen, um mittelst seines, in den Kriegen erworbenen, bedeutenden Vermögens einige Grafschaften wenigstens als Pfandbesitzer zu erwerben. Als aber die Belagerung von Florenz, deren Eroberung Karl V. dem Papst versprochen hatte, unter Philibert von Oranien sich in die Länge zog, schickte der Kaiser B. abermals nach Italien, um den Oberbefehl über die deutschen Knechte zu übernehmen. Philibert suchte und fand den Tod am 2. August 1530 in einem Gefecht, doch ergab sich die Stadt schon am 10. desselben Monats, so daß B. alsbald wieder nach Deutschland zurückkehren konnte, um noch in demselben Jahre die Wittwe Hans Dietrichs von Wasserstetten, Osanna von Neuhausen, heimzuführen. Auch erwarb er von König Ferdinand das bisher von Wasserstetten bewohnte Schloß Grafeneck unweit Münsingen. Der durch Solimans[WS 2] Einfall in Ungarn ausgebrochene Krieg rief ihn schon im folgenden Jahre wieder zu den Waffen. Er war so glücklich, mit Schertlin eine feindliche Abtheilung von 15000 Mann zu überfallen und zu vernichten, was dem Feldzug ein rasches Ende machte. Als Anerkennung seiner Leistungen ernannte ihn der Kaiser zu seinem Kriegsrath. Dagegen verließ ihn sein bisheriges Glück, als Landgraf Philipp von Hessen im J. 1534 den Herzog Ulrich von Würtemberg wieder in sein Land zurückführte. Bei Nordheim verwundet, gelang es B. nach der Schlacht bei Laufen nur mit [226] Mühe, wenigstens seine Fahnen zu retten. In Folge dieses Ereignisses verlor er auch Grafeneck, welches würtembergisches Lehen war, doch ernannte ihn König Ferdinand dafür zum Vogt des benachbarten Schelkingen. Im J. 1537 nahm ihn der Kaiser von neuem in Anspruch, um Truppen für ihn zu werben und diese ihm in die Niederlande zuzuführen. Eine Verwundung bei der Belagerung von St. Pol, wie es scheint, am Arm, hielt ihn längere Zeit in Brüssel auf dem Krankenlager; später mußte er sich an den erfolglosen Türkenkriegen, in welchen Ofen verloren ging, betheiligen, wo den Deutschen keine Lorbeeren blühten. Dagegen fand er in dem Feldzug von 1544 gegen Frankreich Gelegenheit, durch die Ueberrumpelung von Vitry und durch die Erstürmung von Meaux zur Beschleunigung des Friedens von Crespy wirksam beizutragen. Im schmalkaldischen Kriege hielt er im Auftrage des Herzogs von Baiern das Städtchen Rain am Lech besetzt, doch mußte er es auf dessen Befehl am 10. August 1546 räumen, worüber der Kaiser so entrüstet war, daß er B. gefangen setzen ließ, bis der Herzog ihn rechtfertigte. Auch scheint ihm der Kaiser wieder sein volles Vertrauen geschenkt zu haben. Er schickte ihn wenigstens nach Cassel, um mit Landgraf Philipp wegen dessen Unterwerfung zu verhandeln, was freilich nicht gelang. In der Schlacht bei Mühlberg hatte B. wol kein bedeutendes Commando: denn es wird von ihm nur berichtet, daß er das Schloß Mansfeld durch Capitulation eingenommen habe. Das J. 1554 führte ihn dann wieder in die Niederlande, wo Karl V. den Krieg gegen Frankreich persönlich leitete. Mit den zehn Fähnlein, welche er dem Kaiser brachte, entsetzte er die Festung Renth, was ihm dieser dadurch lohnte, daß er ihm gestattete, sich rothen Siegellacks zu bedienen – damals ein Vorrecht des hohen Adels. Seinen letzten Feldzug unternahm er zur Unterstützung des Königs Philipp II. von Spanien, dem er 1557 den glänzenden Sieg von St. Quentin erfechten half. Inzwischen war seine Gattin verstorben, und da er in Schwaben heimisch geworden war, so überließ er seine hessischen Güter seinem Neffen und scheint sich dann vorzugsweise der Erziehung seines einzigen Sohnes gleichen Namens gewidmet zu haben, welcher auch das Geschlecht fortsetzte. Er selbst starb am 29. Juni 1567 zu Schelkingen und wurde in der dortigen Pfarrkirche beigesetzt. Als würdigen Nachfolger von Frundsberg könnte man ihn „den letzten Landsknecht“ nennen; denn Niemand kannte wie er das Landsknechtwesen, welches er in einer „Kriegsordnung von allen Aemtern“ schriftlich geschildert hat, und Wenige vermochten, durch Gerechtigkeitsliebe, Festigkeit und persönliche Tapferkeit diese Kriegsbanden in gleicher Weise zu lenken. Die Handschrift befindet sich zu München und würde gedruckt für die Culturgeschichte gewiß große Ausbeute gewähren. Bemerkenswerth ist noch, daß, wiewol er fast sein ganzes Leben lang Krieg führte, doch auch seine Friedensliebe und seine Versöhnlichkeit besonders gerühmt wird.

Solger, Konrad v. Bemelburg. Nördlingen 1870.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: bleib
  2. Süleyman I. oder der Prächtige (1494/96-1566), von 1520 bis 1566 der 10. Sultan des Osmanischen Reichs; siehe den Artikel in der Wikipedia.