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ADB:Bernhard II. (Herzog in Sachsen)

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Artikel „Bernhard II., Herzog von Sachsen“ von Ernst Steindorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 435–437, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bernhard_II._(Herzog_in_Sachsen)&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:20 Uhr UTC)
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Bernhard II., Herzog von Sachsen, 1011–1059, Sohn des vorigen, folgte ihm im Herzogthum nicht blos kraft seiner Erbansprüche, sondern verdankte seine Erhebung außerdem noch dem Umstande, daß unter Anderen einer der hervorragendsten Kirchenfürsten des Landes, Bischof Meinwerk von Paderborn, sich beim König Heinrich II. für ihn verwandte. B. wurde wol infolge dessen Vasall (Mann) des Bischofs und hat mit ihm die längste Zeit hindurch im besten Einvernehmen gestanden; urkundlich überliefert sind zahlreiche Rechtsgeschäfte Meinwerks, bei denen Herzog B. bald als Zeuge, bald aber auch als Vermittler und Richter erscheint. Auch mit Heinrich II. vertrug B. sich anfangs gut; im Hochsommer 1015 leistete er dem Kaiser Heeresfolge gegen Herzog Boleslav von Polen, und um Ostern 1018 finden wir ihn auf einer Synode, welche unter dem Vorsitz des Kaisers in Nymwegen tagte. Herzog B. trat hier gerichtlich als Rächer auf für einen ermordeten Seitenverwandten, den Grafen Wichmann von Hamaland, und versuchte den Kaiser zu einem höchst gewaltsamen Verfahren gegen den Angeklagten, den niederrheinischen Grafen Balderich, fortzureißen, indessen ohne Erfolg: das freie Geleit, welches der Kaiser dem Balderich zugesichert hatte, wurde bis zu Ende gehalten. Mochte nun Herzog B., leidenschaftlich wie er war, schon deshalb gegen den Kaiser aufgebracht sein oder mochte er in Erfahrung gebracht haben, daß eine Empörung, welche die tributpflichtigen Obotriten und Wagrier im Februar 1018 gegen ihren christenfreundlichen und den Sachsen treuen Herrscher Mistizlav ins Werk gesetzt hatten, von Bundesgenossen des Kaisers, nämlich den heidnischen Liutizen angezettelt war, genug: Bernhards bisherige Ergebenheit gegen Heinrich II. und die Bischöfe des Landes schlug alsbald in das Gegentheil um. Bereits 1018 gab er zu, daß Graf Thietmar, sein Bruder, den Bischof Meinwerk ausplünderte; 1019 vereinigte sich Thietmar mit anderen sächsischen, speciell westfälischen Großen zu einer Empörung, welche freilich von dem Kaiser bald unterdrückt wurde. Endlich noch vor Ablauf des Jahres rebellirte Herzog B. selbst und rückte mit einem Heer ins Feld, welches er aus Westfalen gebildet hatte. Mit diesem besetzte er die Schalksburg (Hausberge bei Minden), bedrohte die gesammten bischöflichen Gebiete Sachsens, insbesondere das Erzstift Hamburg-Bremen, dem damals Unwan, ein Verwandter Meinwerks, vorstand, auf das ernstlichste und ließ sich erst wieder bewegen Ruhe zu halten, als der Kaiser heranrückte und die Schalksburg [436] belagerte. Da gelang es der geschickten Vermittlung der Kaiserin Kunigunde, des Erzbischofs Unwan und des Bischofs Meinwerk, zwischen Herzog B. und Heinrich II. einen Frieden zu stiften, der unseres Wissens nicht mehr gestört worden ist. In der nächsten Folgezeit widmete Herzog B. sich vorzugsweise der Verwaltung seines wendischen Gebietes und der Aufgabe, die abgefallene Bevölkerung zu der früheren Botmäßigkeit zurückzuführen, auch in kirchlicher Beziehung, da die Empörung von 1018 einen ausgeprägt christenfeindlichen Charakter an sich getragen und vielen christlichen Priestern das Leben gekostet hatte. Zwar einem so eifrigen Hierarchen, wie es der Bischof Benno von Oldenburg war, machte es der Herzog, wenn wir einer anziehenden, aber späten Erzählung in Helmolds Slavenchronik Glauben schenken dürfen, nicht zu Danke, weil er nicht auf vollständiger Wiederherstellung des ursprünglichen Kirchengutes bestand, sondern sich mit einem Theile begnügen wollte. Bei Erzbischof Unwan dagegen, dem Metropoliten des ganzen, auch des wendischen Nordalbingiens, stand Herzog B. hoch in Gunst und Ansehen: die größeren Kirchenfeste feierten sie gewöhnlich zusammen; ferner hielten sie sehr häufig gemeinschaftlich Hof in Hamburg, nachdem sie diese ihre im Wendenaufstand von 1018 zerstörte Hauptstadt von Grund aus neu gebaut hatten. Auch mit Unwans nächsten Nachfolgern, namentlich mit den Erzbischöfen Libentius II. und Alebrand-Becelin lebte der Herzog in Frieden. Wenn er etwa um das Jahr 1030 einmal zu den Waffen griff, so geschah das nur um Angriffe zurückzuweisen, welche Godschalk, ein junger, christlich erzogener, aber abtrünniger Slavenfürst gegen das sächsische Gebiet, besonders gegen die nordalbingischen Gaue gerichtet hatte. Im Verlauf dieses Raubkrieges gerieth Godschalk in die Gefangenschaft des Herzogs, erhielt aber bald seine Freiheit wieder, weil B. vor seiner Tapferkeit solche Achtung gewonnen hatte, daß er ihn lieber zum Bundesgenossen als zum Feinde haben wollte. Wie klug diese Versöhnlichkeit war, zeigte sich in späteren Jahren, als Godschalk nach einer Zeit freiwilliger Verbannung in seine wendische Heimath zurückkehrte und sie seiner Alleinherrschaft unterwarf; denn da erstand bei Obotriten und Wagriern christliches Leben kräftiger als je zuvor, da wurde aber auch das herzogliche Ansehen geachtet und das Bündniß, welches B. und Godschalk einst geschlossen hatten, unter anderem bethätigt in einem gemeinschaftlichen und erfolgreichen Feldzuge zur Bewältigung einer unruhigen liutizischen Völkerschaft, der Circipaner, – einem Unternehmen, an dem sich als Dritter im Bunde König Svend Estrithson von Dänemark betheiligte. Mit Svends Vorgänger, König Magnus, der zugleich Dänen und Norweger beherrschte, hatte Herzog B. ebenfalls Waffenbrüderschaft gehalten: in der großen Schlacht, welche Magnus Ende September 1043 einem wendischen Heere auf der Haide westlich bei Schleswig lieferte, fochten Sachsen, geführt von Ordulf, dem Sohne Bernhards, an der Seite der Dänen. Vorbereitet aber war dieses Zusammenstehen im Felde durch eine Familienverbindung, durch die Vermählung Ordulfs mit Wulfhilde, einer Schwester des Königs Magnus, mit welchem Herzog B. selbst zu dem Zwecke eine Zusammenkunft in Schleswig gehabt hatte. Bei dieser entschiedenen Hinwendung Bernhards zu den nordischen und wendischen Mächten darf es gewiß nicht Wunder nehmen, wenn man ihm in der gleichzeitigen deutschen Reichsgeschichte verhältnißmäßig selten begegnet. Nichtsdestoweniger kann kein Zweifel sein, daß er mindestens unter Konrad II. ein pflichttreuer Reichsfürst war und als solcher vom Kaiser anerkannt wurde. Das gewichtigste Zeugniß hierfür ist wol eine denkwürdige Urkunde Konrads, worin er dem Herzog B. und zwei andern weltlichen Magnaten Sachsens den Auftrag ertheilte, sich der unfreien Leute der bischöflichen Kirche von Verden anzunehmen und zu verhindern, daß noch weiter wie bisher Handel mit ihnen getrieben würde. Bei [437] weitem nicht so glücklich gestalteten sich die Beziehungen Bernhards zu Heinrich III.: ohne daß sie je direct und offen verfeindet gewesen wären, entwickelte sich doch je länger je mehr zwischen ihnen eine Spannung, die etwas Unheimliches hatte. Als die Ursache derselben ist zu betrachten, daß der im Jahre 1045 verstorbene Erzbischof Becelin von Hamburg den Adalbert zum Nachfolger erhielt. Die Wahl dieses hervorragenden, aber leidenschaftlichen und herrschsüchtigen Mannes war für Herzog B. und dessen Angehörige ein geradezu verhängnißvolles Ereigniß. Denn glaubte Adalbert in ihnen von vornherein nur Tyrannen, Bedrücker seiner Kirche zu erkennen, so vergalten sie ihm dieses Mißtrauen durch den Verdacht, er sei ihnen von Heinrich III. zum Aufpasser bestellt, und speciell dem Herzog B. wird in Folge dessen die Drohung zugeschrieben, so lange er selbst oder einer seiner Söhne lebe, solle der Bischof seinen guten Tag haben. Wie bösartig der Haß war, welcher so heimlich genährt wurde, zeigt sich freilich erst, als Adalbert den Kaiser veranlaßte, im Sommer 1048 in die Gegend der unteren Weser, nach Bremen und Lesum zu kommen. Denn da wartete Heinrichs ein mörderischer Anschlag, den Graf Thietmar, der Bruder Bernhards, geplant hatte, und wenn jener gerettet wurde, so hatte er es nur dem Erzbischof zu danken, nicht dem Herzoge, der sich vielmehr durch die Strafe, welche seinem Bruder verdientermaßen zu Theil wurde, zu noch stärkerem Haß gegen den Erzbischof verleiten ließ. Gleichwol bethätigte B. seine Feindschaft nur indirect, indem er z. B. seinen Sohn Ordulf gewähren ließ, wenn dieser plündernd und raubend das bischöfliche Gebiet durchzog, oder es nachsah, wenn eine Burg, welche Adalbert auf dem Sülberg (bei Blankenese) angeblich gegen die Wenden errichtet hatte, von seinen Stormarn zerstört wurde. B. selbst begnügte sich damit, die gemeinschaftliche Residenz in Hamburg aufzugeben und zwar dadurch, daß er seine alte Burg an der Seite des Doms und dem erzbischöflichen Hofe sehr nahe mit einer neuen an der Aller gelegenen vertauschte. Uebrigens hielt er den Frieden äußerlich aufrecht und erreichte damit unter anderem, daß ihn er Erzbischof auf einem Kriegszuge gegen die Friesen unterstützte, als diese die Abgaben, welche sie dem Herzoge schuldig waren, verweigerten. Das Unternehmen mißglückte völlig, nicht einmal auf das Verhältniß zwischen Herzog und Erzbischof wirkte es wohlthuend zurück. Deshalb ist es nicht recht glaublich, wenn Adam von Bremen im Anschluß hieran erzählt, daß der Herzog am Ende seines Lebens eine versöhnliche Stimmung gegen das Erzstift und dessen Oberhaupt gehegt, daß er seine Söhne ermahnt habe, von den bisherigen Gewaltthätigkeiten abzustehen. Am 29. Juni 1059 ist Herzog B. gestorben; seine Grabstätte wurde wie die seiner Vorfahren und Verwandten, die Kirche des St. Michaelisklosters zu Lüneburg, dem er auch mehrfache Wohlthaten erwiesen hatte. Vermählt war B. mit Eilika aus dem Hause der Markgrafen von Schweinfurt; von ihr hatte er außer dem schon erwähnten Ordulf noch einen andern Sohn, Namens Hermann. – Die meisten Daten zur Geschichte seines Lebens liefert Adam von Bremen, der Biograph von Bernhards Gegner Adalbert; manches geht sogar unzweifelhaft auf diesen selbst zurück und erregt schon deshalb besonderes Interesse, aber auch Bedenken wegen unverkennbarer Gehässigkeit. Anderes geben Thietmar und die Lebensbeschreibung des Bischofs Meinwerk mit ihren zahlreichen Urkundenauszügen, denen eine nicht unbedeutende Anzahl von vollständigen Urkunden zur Seite tritt.

Vgl. E. Steindorff, De Ducatus etc. p. 30 ss. – L. Weiland, Das sächsische Herzogthum unter Lothar und Heinrich dem Löwen. Greifswald 1866. Einleitung.