Zum Inhalt springen

ADB:Baumbach, Moritz von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Baumbach, Moritz von“ von Karl Bernhardi in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 154–156, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Baumbach,_Moritz_von&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 06:59 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Baumann, Nicolaus von
Band 2 (1875), S. 154–156 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Moritz von Baumbach in der Wikipedia
Moritz von Baumbach in Wikidata
GND-Nummer 116089253
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|2|154|156|Baumbach, Moritz von|Karl Bernhardi|ADB:Baumbach, Moritz von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116089253}}    

Baumbach: Moritz v. B., geb. 1789, † 1871. Die der althessischen Ritterschaft angehörende Familie v. Baumbach hat seit Jahrhunderten den hessischen Landen eine Reihe von höheren Beamten geliefert, insbesondere aber haben mehrere ihrer Mitglieder in der neuesten Zeit, bei der verfassungsmäßigen Umwandlung der alten kurhessischen Ständeverfassung in eine den Bedürfnissen der Gegenwart mehr entsprechende allgemeine Landesvertretung, zur glücklichen Lösung dieser Aufgabe, welche eine wahre Lebensfrage für Kurhessen geworden war, mit ebenso viel Umsicht als Vaterlandsliebe wesentlich beigetragen. – Der erste urkundliche Stammvater der Familie war Hartdegen v. B., der im 13. Jahrhundert, zur Zeit des ersten hessischen Landgrafen, Heinrich des Kindes, in der hessischen Geschichte vorkommt. Jost v. B. war während der Minderjährigkeit [155] des Landgrafen Philipp des Großmüthigen (1509) Mitglied der Regentschaft von Hessen, und in dem J. 1830 waren von der Ritterschaft zwei Herren v. B in den constituirenden Landtag gewählt. Gegenwärtig bestehen in Hessen noch folgende sieben Linien: Nentershausen, Kirchheim, Freudenthal, Amönau, Ropperhausen, Lenderscheid und Nassenerfurt. Das Wappen ist ein mit den beiden Spitzen, deren jede ein silbernes Sternchen trägt, nach oben gewandter silberner Halbmond in blauem Felde.

Der Ob.-Ger.-Präsident Moritz v. B. aus dem Hause Kirchheim ward am 23. Februar 1789 zu Maestricht geboren, wo der Vater damals als Rittmeister in einem holländischen Dragonerregiment stand. In Folge der Belagerung dieser Festung durch die Franzosen im J. 1793 kehrte zunächst die Mutter mit den Kindern, und nach Auflösung der holländischen Truppen auch der Vater nach Hessen zurück. Dieser trat dann in die Dienste des Prinzen von Oranien zu Fulda, der Sohn aber bezog, durch einen Hauslehrer gehörig vorbereitet, im J. 1805 die Universität Marburg um die Rechte zu studieren. Nach kaum vollendeten Studien wurde er bei der Organisation des neuen Königreiches Westphalen alsbald zum Assessor bei dem Districtstribunal zu Hersfeld ernannt, kam dann im Oct. 1810 in gleicher Eigenschaft an das Tribunal zu Kassel und fand da, unter der Leitung des würdigen Präsidenten von Porbeck die günstigste Gelegenheit zu seiner weiteren juristischen Ausbildung. Seine Leistungen blieben nicht unbemerkt. Man betraute ihn daher mit Arbeiten im Justizministerium und im Febr. 1813 wurde er, auf den Vorschlag des Justizministers Siméon, zum Staatsraths-Auditor befördert. Als Kurfürst Wilhelm I. bei seiner Rückkehr im J. 1813 zum Krieg gegen Frankreich Freiwillige aufrief, griff auch v. B. zu den Waffen und erwarb sich als freiwilliger Jäger den Orden des eisernen Helms. Nach Beendigung des Kriegs rückte er in der juristischen Laufbahn so rasch vor, daß er bereits im J. 1825 zum höchsten Landesgericht berufen wurde. Für die Offenheit seines Charakters und für seine Ueberzeugung von der völligen Unabhängigkeit der Rechtspflege ist es bezeichnend, daß er nach seiner Ernennung zum Appellationsrath den Kammerherrnschlüssel zurückgab, mit welchem ihn der Kurfürst früher beehrt hatte, um auch äußerlich nur seinem hohen Amte anzugehören. Dennoch wurde ihm, in Folge der Verfassung von 1831, eine politische Wirksamkeit zu Theil. Von der Ritterschaft des Fuldastroms in den Landtag von 1831-32 berufen, fand er nicht nur Gelegenheit, seine gediegenen Kenntnisse des hessischen Rechts bei der neuen Gesetzgebung zu verwerthen, sondern auch seinen ehrenhaften politischen Charakter zum Besten des Landes zu bewähren; denn als Präsident mehrerer Versammlungen trug er wesentlich dazu bei, die fast unheilbar gewordenen Zerwürfnisse zwischen der Staatsregierung und der Landesvertretung wenigstens in den wichtigsten Punkten zu ermitteln. Als Hassenpflug, um seine Willkürmaßregeln durchzusetzen, für nöthig fand auch das Ob.-App.-Gericht nach seinem Sinne umzugestalten, ward v. B. durch die Ernennung zum Ob.-Gerichts-Director in Rinteln aus demselben entfernt; doch wählten ihn nun die Städte der Grafschaft Schaumburg wiederholt zum Landtagsabgeordneten. Im J. 1848, wo es galt, die Regierung in die Hände von Männern zu legen, welche das allgemeine Vertrauen besaßen, folgte v. B. der Aufforderung seines Landesherren, als Justizminister in das sogen. Märzministerium zu treten, wiewol er recht gut wußte, welches Opfer er durch die Annahme dieser Stelle zu bringen hatte. Auch hier bewährte er seine Festigkeit inmitten der beiden Strömungen, welche damals ganz Deutschland bewegten, und seine vaterländische Gesinnung in einer Weise, die die hohe Achtung, in der er stand, nur steigern konnte. Die österreichisch-bairische Besetzung des Landes im J. 1850 machte dieser seiner Wirksamkeit natürlich ein Ende, und er wurde als [156] Ober-Ger.-Präsident nach Marburg versetzt. Doch konnte er sich nicht entschließen, den darauf von Hassenpflug versuchten Umsturz der kurhessischen Verfassung in seiner amtlichen Stellung anzuerkennen; er zog es daher vor, unter Verzicht auf alles Einkommen seinen Abschied zu nehmen. Das war allerdings ein schlechter Lohn für die dem Staate während 42 Jahren in so ausgezeichneter Weise geleisteten Dienste; aber bei seinem anspruchlosen Wesen genügte ihm das Bewußtsein, stets nur das Recht und das Wohl des Landes im Auge gehabt zu haben, und die ungetheilte Hochachtung, die ihm von allen Seiten gezollt wurde, konnte ihm beweisen, daß er in beiden Beziehungen stets den rechten Weg eingeschlagen hatte. Von nun an verlebte er den Rest seiner Tage mit seiner Gattin, einer geb. Schenk zu Schweinsberg, in glücklicher Häuslichkeit, theils zu Marburg, theils zu Meiningen, wo seine einzige Tochter an den Forstmeister Ernst v. Baumbach verheirathet war, und dann zuletzt in Kassel, wo er hochbetagt am 15. Juni 1871 starb.