† Adolf Schults
[240] † Adolf Schults. Am 2. April. Deutschland hat einen schweren Verlust zu beklagen. Am 2. April in der Frühstunde starb nach langem Siechthum der Dichter Adolf Schults in Elberfeld.
In ihm ist uns ein Talent entrissen, was in seiner Art zu den bedeutendsten gehörte, welche die deutsche Literatur besitzt. Wir haben keinen Dichter, der die Poesie des Hauses so tief erfaßt hätte, wie Schults, und die Leiden und Freuden des häuslichen Heerdes mit solcher Innigkeit und solcher Wärme des Gefühls ausgesprochen. Viele seiner dahin gehörigen Gedichte, namentlich in „Haus und Welt“ und im „Harfner am Heerde“ stehen geradezu einzig da. Wir erinnern unsere Leser nur an das neulich abgedruckte illustrirte Gedicht: Abends, wenn die Kinder mein etc.
Wir sehen, was er geworden ist, und wir fühlen, was er hätte werden können, wenn das Glück, das gewohnt ist, an tausend Unwürdige seine Schätze mit vollen Händen zu verschleudern, ihm nur so viel gewährt hätte, um sich frei entfalten zu können. Aber die Arbeit des Tages (er war Commis im Hause der Herren Simon’s Erben) mußte für ihn und die Seinigen das Brod erringen; ihm selbst gehörten nur die wenigen Abendstunden und die Stunden der Nacht. Körperlich und geistig müde und abgespannt, schuf er dennoch da seine Lieder voll Duft und Frische, und seine epischen Dichtungen, den „Luther“, den „Servet“ und den „Ludwig Capet.“ – Diese stillen Stunden des Schaffens, es waren die Sonnenpunkte in seinem Leben; sonst hat es nur selten ein freundlicher Strahl erhellt, wohl aber war es reich an gescheiterten Hoffnungen, zerstörten Plänen, an Jahren voll herben Kummers! Das hat ihn vor der Zeit aufgerieben. Man sagt oft, das Talent wachse unter dem Drucke; wo aber der Druck zu stark wird, da geht es zu Grunde, und Schults ist mitten in seiner Entwickelung zu Grunde gegangen. Ein Dichtergemüth, wie er es im Busen trug, mußte zuletzt unter den anstürmenden Sorgen, wirklichen und eingebildeten, erliegen.
Mit Schults starb einer der edelsten Menschen. Er war in Allem Muster, ein liebender Gatte, ein sorgsamer Vater, ein aufrichtiger Freund, – überall ganz offen, wahr und ohne Falsch! Was seine Familie und seine Freunde an ihm verlieren, das ist so hart und schwer, daß es gar nicht zu sagen ist!
Wir können es nicht unterlassen, sein letztes Gedicht, das er wenige Tage vor seinem Tode niederschrieb, hier mitzutheilen, und sind überzeugt, daß es jeden Leser auf das Tiefste ergreifen wird.
Friedhof, drauf mein Vater ruht,
Deine Weiden seh’ ich winken!
O, mich dünkt, sie meinen’s gut:
Ruhe, Ruhe soll ich endlich trinken.
Darf noch nicht bei euch erscheinen!
Augenpaare, groß und klein,
Sieben Augenpaare würden weinen!
O, und eins, das Tag und Nacht
Das für mich gefleht, gewacht, –
Würde trostlos seine Wimper senken.
Du, o meines Vaters Geist,
Kannst du mir kein Zeichen senden,
Das da sagt: noch einmal wird sich’s wenden?
Still! die Weiden auf der Gruft
Lassen ab von ihrem Winken, –
Soll in Gottes reiner Luft
Du, mein Vater, habe Dank,
Daß für mich dein Ohr noch offen!
Ach, dein Sohn, so schwach und krank,
Will noch einmal hoffen, hoffen, hoffen!
Wie wir hören, ist in Elberfeld eine Subscription zu Gunsten seiner zahlreichen Hinterlassenen eröffnet worden, an der sich die reichsten Häuser mit namhaften Summen betheiligen werden. – In einer der nächsten Nummern werden wir Portrait und Biographie des Frühverschiedenen bringen.