Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Wilhelm von Grumbach
Ein von festem Mannesmuth beseelter Charakter, dessen
Leben bessern Ausganges würdig gewesen wäre. Grumbach
entstammte einem uralten fränkischen Adelsgeschlechte,
dessen Haus dem Herzog- und Bischofthrone Frankens
schon zweimal Regenten gegeben hatte, das besitzungenreich
und angesehen war, und wurde entweder zu
Burg-Grumbach, wo das alte Stammhaus stand,
nur eine halbe Stunde rechts abseit der Heerstraße von
Schweinfurt oder Wernek nach Würzburg, bei Pleichfelden
– geboren, oder, was wahrscheinlicher ist, in
dem stolzen Schlosse, das sich über dem Städtchen
Rimpar erhebt. Fast das ganze Gebiet jenes Landstrichs
bestand aus Grumbachischen Gütern. Grumpach
(so schrieb er sich selbst) erhielt eine standesgemäße
ritterliche Erziehung als Edelknabe am Hofe
des Markgrafen Casimir v. Brandenburg zu Kulmbach,
studirte dann mit andern befreundeten jungen Edeln
in Paris die Rechte, bildete sich einerseits zum Kriegsmann,
anderseits zum Staatsmann aus und führte ein
durch Mühen und Sorgen, durch Haß und Streit
bewegtes Leben. In Jugendtagen nahm er Kriegsdienste
unter den Markgrafen von Brandenburg, begleitete
Albrecht Alcibiades nach Gent an den Kaiserhof
Carl V., wurde dann unter Bischof Konrad von Bibra,
der sein Verwandter war und dessen Bischofwahl
Grumbach hauptsächlich mit bewirkt hatte, Rath und
Amtmann, hatte wichtigen Antheil an dem Geschäft des
Austausches der würzburgischen Stadt Meiningen gegen
das Hennebergische Schloß und Amt Mainberg, wodurch
Meiningen mit einigen Schlössern und Aemtern
an die Fürst-Grafen von Henneberg, später an Sachsen
kam, im Jahr 1541 und behauptete sich als fürstbischöflicher
Geheimerrath und Marschall in glücklicher
Stellung. Noch steht in Würzburg der Freihof Grumbach
in der Franziskanergasse, des Ritters dortige Behausung.
Im Jahre 1544 starb Bischof Konrad, und
der Grumbach feindlich gesinnte bisherige Domdechant
Melchior Zobel vom Guttenberg wurde Nachfolger.
Des neuen Bischofs Seele war von Haß, Neid und
Kargheit erfüllt; er begann bald genug die Feindseligkeit
gegen Grumbach mit Verweigerung der Zahlung
eines von seinem Vorgänger auf dem Bischofstuhle
[Ξ] der Frau von Grumbach, einer geborenen von
Hütten, vermachten Legats unter beschimpfenden Vorwänden,
wie er auch einem Diener Grumbach’s,
Christoph Kretzer, der später in markgräfliche Dienste
trat, ebenfalls ein Legat vorenthielt. Das war die
unselige Ursache alles spätern Unheils, welches Grumbach
auf seinem fernern Lebenswege traf. Er trat
naturgemäß aus dem Dienst des Hochstifts, und der
Bischof begann seine Verfolgungen. Diese fingen mit
einer Grenzverletzung des Grumbach’schen Gebietes und
der Abzwingung einer Summe von zehntausend Goldgulden
an, deren auf Landgraf Philipp von Hessen
lautende Verschreibung Bischof Konrad Grumbach geschenkt
und welches Geld dieser bereits erhoben hatte,
der nun Marschall des kriegerischen Markgrafen Albrecht
Alcibiades wurde. So mehrfach in begründeten Rechten
verletzt und selbst an der Ehre geschädigt, war es einem
ritterlichen Manne nicht zu verargen, daß er dem neuen
Bischof auf das heftigste grollte, doch ging er nur den
Weg des Rechtes gegen seinen mächtigen Feind. Dem
kriegerischen Markgrafen Albrecht Alcibiades war der
kenntnißreiche und muthvolle Mann als Diener hoch
willkommen, und Grumbach begleitete seinen neuen Gebieter
1546 zum Regensburger Reichstag, wo er den
Bischof Melchior beim Kaiser verklagte.
Unter dem Markgrafen machte nun Grumbach theils in den Bewegungen des deutschen Krieges mehrere Züge mit, theils weilte er als Statthalter und Resident auf dem herrlichen Schlosse Plassenburg über Kulmbach, mächtiger und angesehener als je zuvor. Seine Lehengüter im Hochstift wollte er auf seinen Sohn Kunz übertragen lassen, aber der Bischof spann auch mit diesem Hader an, zögerte die Bestätigung hin, erhob neuen Grenzstreil und schädigte die Grumbach’schen Unterthanen; dennoch wandte Grumbach nach Kräften Unheil vom Hochstift ab, als sein Herr, der Markgraf, mit Bamberg, Würzburg und Nürnberg die blutige Fehde begonnen hatte und dem Bischof Melchior lastendschwere Verträge abnöthigte. Aber der Kaiser annullirte auf des Bischofs Betrieb alle Verträge, erklärte Albrecht für einen Reichsfeind, recassirte dann wieder die Cassation und nun folgten Wirren auf Wirren, in deren Folge Grumbach mit seinem Gebieter außer Landes zog. Der Bischof aber fiel in das Grumbach’sche Gebiet ein, erstürmte Grumbach’s Schlösser und vertrieb dessen kranke Frau und seine Töchter, die sich keines Ueberfalls versahen; Rimpar wurde verwüstet, Burg-Grumbach mit Feuer angestoßen.
Während Grumbach theils mit, theils ohne seinen Herrn deutsche Fürstenhäuser besuchte, machte er die Bekanntschaft Herzog Johann Friedrich des mittlern zu Sachsen und dieser junge Fürst fand Gefallen an dem erfahrenen und klugen Staatsmann, er beehrte ihn mit hohem Vertrauen, und Grumbach wurde der Vermittler der zweiten Heirath des Sachsenherzogs mit Prinzessin Elisabeth von der Pfalz. Während dessen hatte Christoph Kretzer, jetzt markgräflicher Dienstmann und Amtmann auf Schloß Hohenlandsberg, von wilder Rachelust ob des vorenthaltenen Legats gespornt, mit einer kleinen Reiterschaar dem Bischof Melchior in seiner Residenz aufgelauert und ihn meuchlings mit einem Faustrohr nebst mehreren Begleitern erschossen, während, wenn überhaupt Grumbach bei dieser That betheiligt war, was er nie zugestanden hat, der Bischof nur aufgehoben und weggeführt werden sollte. Aber die ganze Schwere der Anklage des Bischofmordes fiel auf den allbekannten Feind des Gemordeten, Wilhelm von Grumbach, er sollte und mußte der Anstifter gewesen sein. Unermeßliches Unheil entsprang aus dem schändlichen Meuchelmord; vergebens betheuerte Grumbach durch Druckschriften seine Unschuld an demselben, Kretzer, der offen sich als den Mörder genannt, wurde ergriffen und heimlich hingerichtet, damit auf Grumbach die blutige That haften bleibe. Grumbach hoffte, Melchior’s Nachfolger, Bischof Friedrich von Wirsberg, werde ihn wieder in die ihm abgedrungenen Lehengüter einsetzen, aber ganz vergebens, und so griff Grumbach endlich zur Selbsthülfe, sammelte ein Heer, brach in Würzburg ein und trotzte dem Magistrat und dem Domkapitel Verträge und Kontributionen ab. Die Folge war – kaiserliche Reichsacht wegen Reichsfriedensbruch und Annullirung alles dessen, was Würzburg Grumbach und seinen Genossen, den Rittern von Stein und von Mandrlslohe, bei Treuen und Ehren zugesichert hatte.
Die Geächteten fanden Schutz bei dem Herzog Johann Friedrich dem mittlern, dem der Schmerz um die seinem Vater entrissene Kurwürde im Busen wühlte, und der die Hoffnung hegte, das verlorene wieder zu erlangen. Sympathie im Gefühl gleichen Leides knüpften ihn an Grumbach, und dieser verstand, kühne Hoffnungen zu erregen und wach zu halten. Da Johann Friedrich Grumbach’s Auslieferung verweigerte, standhaft verweigerte, so wurde auch über ihn die Reichsacht verhängt, Kurfürst August zu Sachsen mit deren Vollziehung beauftragt, das ungeheuer feste Schloß Grimmenstein nebst der Stadt Gotha hartnäckig belagert und endlich, unterstützt durch Verrath und Empörung der Besatzung und Bürgerschaft, gewonnen, Grumbach und seine Genossen, dann der Herzog mit den Seinen gefangen genommen. Den Herzog traf das Urtheil lebenslänglicher Kerkerhaft, Grumbach wurde auf dem Markt zu Gotha geviertheilt. Das war das Ende eines begabten hochstrebenden Mannes, den die Geschichte Jahrhunderte lang verurtheilt hat, ohne Rücksicht darauf, daß seine eigenen mit unumstößlichen Dokumenten belegten Schriften darthun, welch großes Unrecht an ihm und gegen ihn verübt wurde.