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Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Menno Simonis

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Menno Simonis
Untertitel:
aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 349–350
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
Bild
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Bearbeitungsstand
fertig
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Menno Simonis.
Geb. d. 1496, gest. 1561.


Der Begründer der Religionsgesellschaft der nach diesem Manne sich Mennoniten nennenden Wiedertäufer oder Taufgesinnten. Menno wurde in Wikmarsum, einem Dorfe in Friesland geboren, und widmete sich dem Dienst der Kirche. Er war schon Priester, als der Wiedertäuferische Aufruhr in der westphälischen Stadt Münster sich erhob und nach allen Richtungen Sendboten verschickte, für das neue tausendjährige Reich Anhänger und Gläubige zu gewinnen. Auch Menno Simonis, der schon durch Lesen Geschmack an der Wiedertäuferischen Lehre gefunden haben mochte, wurde 1536 für dieselbe durch einen jener Boten, Namens Ubbo Philippi, gewonnen, und sie gewann an ihm, den durch Philippi wieder getauften, eine mächtige Stütze. Sein Charakter war der volle und reine Gegensatz zu jenen fanatischen Schwärmern, die der Lehre von der Wiedertaufe, oder eigentlich von der Taufe der Erwachsenen nach Christi eignem Vorbild, einen so schlimmen Namen gemacht hatten – zu einem Thomas Münzer, Johann Bockholt (Jan von Leiden), Knipperdolling u. A. Menno war fromm, sanft, friedfertig, sittenstreng, von tadellosem Wandel. Als Lebensaufgabe stellte sich Menno nach seiner eignen Wiedertaufe die Ausbreitung der von ihm als wahr und seligmachend erkannten Lehre, und da die endliche Niederschlagung des gräuelvollen Münsterschen Aufruhrs die Taufgesinnten nach allen Richtungen hin zerstreut hatte, so suchte Menno die Zerstreuten wieder in Gemeinden zu vereinen und sie dahin zu bringen, daß sie sich überall in friedlichem Gehorsam den Geboten der Obrigkeiten fügten. Auf diese Weise durchzog Menno läuternd und lehrend ganz Holland, das eigne Vaterland, die Nord- und Ostseeküstenländer. bis nach Liefland, und breitete, so weit er konnte, seine Lehre aus. Da sie den Bewohnern dieser Landstrecken meist neu war, und Menno in seiner Persönlichkeit als ein würdiges Vorbild eines Religionslehrers erschien, so blieb sein Name an der Lehre haften, welche er vortrug. Gleichwohl entging Menno der Verfolgung nicht. Es wurden Preise auf seinen Kopf gesetzt, in Westphalen wurde sogar jedem Missethäter, welcher Menno tod oder lebendig einliefere, Gnade und überdieß [Ξ] eine Belohnung zugesichert; aber die Hand Gottes schirmte ihn, daß er den Gefahren, mit denen die religiöse Unduldsamkeit seiner Zeit ihn bedrohte, entging. Menno’s Lehre von der Taufe stützte sich auf die biblische Ueberlieferung, Christus habe sich erst als erwachsener Mann taufen lassen; selbst habe er nie getauft; die Kindertaufe sei von Christus nicht eingesetzt worden; wenn Christus sie gewollt, würde er sie eingesetzt haben, da er ein liebevoller Kinderfreund gewesen; das Urchristenthum habe die Kindertaufe ebenfalls nicht eingeführt; sie sei eine Erfindung des Kirchenvaters Augustin und von der katholischen Kirche sanctionirt worden; die Reformatoren hätten sie nicht beibehalten sollen.

Menno neigte sich auch in seinen Glaubensansichten der kalvinistischen Lehre von der Gnadenwahl zu, daher er den freilich mißlichen Grundsatz aufstellte, nur für Weltmenschen sei die Obrigkeit, für die gerechten und innerlich erleuchteten Auserwählten sei dieselbe nicht von nöthen. Der Moral und Kinderzucht, welche Menno lehrte, legte er die schönen und erhebenden Lehren der Bergpredigt zum Grunde.

Menno’s Lehre fand in Holland am meisten Eingang und dauernde Begründung; außerdem verbreitete sie sich über Holstein nach Preußen, nach Rußland, in das südliche Deutschland, nach Thüringen, Franken, Bayern, wo die Wiedertäufer durch das abweichende ihrer Kleidertracht und Kopfbedeckung noch immer an niederländische Landleute erinnern, zumal sie der Mehrzahl nach Landwirthe sind – bis nach Ungarn und Siebenbürgen, in die Schweiz und nach Nordamerika. Die Sitteneinfachheit, die Strenge der Religionsgrundsätze und eine musterhafte Haltung im bürgerlichen Leben verschafften den Mennoniten die verdiente Duldung, doch blieb auch diese Religionsgemeinschaft nicht ohne innere Spaltung. Den Eid und die Kriegsdienstleistung verwarfen sie gleich den Quäkern, allein der letzteren haben sie aufgehört sich zu entziehen. Menno Simonis starb zu Oldesloe, einer Stadt zwischen Lübeck und Hamburg.